SPD-Kooperation mit Gewerkschaften:Rote Mission gescheitert

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Hinter seinem Bemühen steckt Kalkül: SPD-Chef Sigmar Gabriel will die Gewerkschaften unbedingt an seine Partei binden. Denn ohne die Unterstützung der Arbeitnehmerorganisationen wird es schwierig, einen Kanzler zu stellen. Doch damit ist Gabriel gescheitert - zum zweiten Mal.

Susanne Höll

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat mannigfaltige politische Herzensanliegen. Gelegentlich lässt seine anfänglich große Begeisterung rasch nach. Manche Themen verfolgt er dagegen mit großer Hartnäckigkeit. Dazu zählt sein Einsatz für ein enges und möglichst harmonisches Verhältnis zu den Gewerkschaften, die im Streit über die rot-grüne Reformagenda nahezu mit der SPD gebrochen hatten.

Die Gewerkschaften liegen ihm am Herzen: SPD-Chef Sigmar Gabriel. (Foto: dapd)

Ohne eine einigermaßen gedeihliche Kooperation mit den Arbeitnehmerorganisationen, so die Überlegung im Willy-Brandt-Haus, wird die SPD nur schwer wieder einen Kanzler stellen. Gabriel möchte beide Organisationen am liebsten auch personell verzahnen. Doch auch sein zweiter Anlauf in dieser Sache endet in einem für ihn und andere unangenehmen Misserfolg.

Im Herbst hatte Gabriel bekanntlich versucht, den DGB-Vorsitzenden Michael Sommer als beratendes Mitglied in den Parteivorstand zu berufen. Das Vorhaben scheiterte an einem Aufstand der Einzelgewerkschaften, die eine solche Personalunion als unziemlich empfanden. Deshalb kam Gabriel auf die Idee, den einflussreichen und allseits geschätzten Bezirksleiter der IG Metall, Armin Schild, als Kandidaten für den SPD-Vorstand anzuwerben.

IG Metall-Mann sollte Schwung in SPD bringen

Und nicht nur das. Schild sollte, so Gabriels Vorstellung, alsbald neuen Schwung in den über die Jahre ermüdeten Arbeitnehmerflügel der SPD bringen und dazu den Vorsitz in der Partei-Arbeitsgruppe für Arbeitnehmerfragen (Afa) übernehmen.

Einige führende Afa-Mitglieder waren in das Projekt eingeweiht. Natürlich der Noch-Vorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner, der Schild selbst für seine Nachfolge vorgeschlagen hatte. Und auch dessen Vize, der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD), selbst ein altgedienter Gewerkschafter, der die Idee auch gut fand.

Anders als die meisten anderen Afa-Mitglieder. Die mussten kurz vor dem SPD-Bundesparteitag im Dezember verblüfft in der Zeitung lesen, dass Schild ihr neuer Chef werden sollte. Sie fanden das eigenartig, schließlich war schon vor zwei Jahren vereinbart worden, dass der aus Bayern stammende Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, bislang Schreiners Vize, das Vorsitzendenamt übernehmen sollte.

Und die Basis machte mobil. Zwar versuchten Schreiner, Schneider und auch die SPD-Spitze wochenlang, die erzürnten Afa-Mitglieder von ihrem Vorschlag zu überzeugen. Von einem bekannten Gewerkschafter versprachen sie sich eine Aufwertung der Afa, die im Streit mit dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder und dessen Reformagenda innerparteilich ins Abseits gestellt wurde, sich aber auch selbst marginalisiert hatte.

Alle Anstrengungen fruchteten nicht. Die Afaisten wollten sich keinen Chef verordnen lassen. Einer, der diesen mühevollen Prozess miterlebte, spricht von einer "antiautoritären Aufwallung" innerhalb der Afa, die jahrelang von wechselnden SPD-Spitzen bestenfalls ignoriert, schlimmstenfalls gedemütigt worden sei.

Inzwischen steht fest, dass Barthel neuer Vorsitzender wird, Schild hat Ende Januar auf eine Kandidatur verzichtet. Gewählt werden soll Barthel im April, er gehört zum linken SPD-Flügel und steht in dem Ruf, ein ewiger Rebell zu sein. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin herrscht Enttäuschung, auch weil man sich von einer erneuerten Afa mehr Einfluss im Arbeitnehmerlager versprochen hatte.

"Das ist eine Niederlage für die SPD-Führung. Aber es ist auch eine Niederlage für die Afa", heißt es.

© SZ vom 29.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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