Madeira nach dem Unwetter:Trauer auf der Blumeninsel

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Die Überschwemmungen auf Madeira haben bislang 42 Todesopfer gefordert. Umweltschützer machen die "Betonpolitik" der Regierung mitverantwortlich für die hohen Schäden.

Javier Cáceres

Auch am Montag noch war Madeira voller Angst; 48 Stunden nach dem schweren Unwetter, das so viel Tod und Unglück über die Blumeninsel gebracht hatte. Zahlreiche Straßen waren gesperrt oder unpassierbar.

Nach der Flut: Die Straßen der Inselhauptstadt Funchal sind vollkommen mit Schlamm bedeckt. Die portugiesische Regierung hat unterdessen eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. (Foto: Foto: dpa)

Eine schreckliche Ahnung wurde am Montagvormittag bestätigt: Die sintflutartigen Regenfälle, die Bäche und Flüsschen in reißende Ströme verwandelt und die idyllische Blumeninsel im Atlantik in eine Hölle verwandelt hatten, haben wohl mehr als die bisher geborgenen 42 Todesopfer gefordert.

Als gewiss galt dies, als die Suchhunde der Polizei am Montagvormittag in der Parkgarage eines Einkaufszentrums der Inselhauptstadt Funchal Leichengeruch witterten. Wie viele Menschen dort lebendig begraben worden sind, war am Montag noch unklar.

Da sich aber das Unwetter am Samstagvormittag ereignet hatte, also an einem Haupteinkaufstag, befürchteten Mitarbeiter des Zentrums Schlimmstes. Nach Angaben der Nachrichtenagenturen Lusa vermuten die Behörden, dass dort bis zu 17 Menschen eingeschlossen sind.

In Lissabon trat Portugals Regierung zu einer Krisensitzung zusammen. Sie verhängte eine dreitägige Staatstrauer. Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva wird am Mittwoch auf die Ferieninsel reisen.

Die Regierung in Lissabon erwägt, Mittel aus dem Solidaritätsfond der Europäischen Union zu beantragen. Da auch die Infrastruktur der Insel schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, wurde in portugiesischen Medien bereits eine Milliardensumme genannt.

Meterhohe Schlammtürme

Dutzende Bagger, Kräne und Lastwagen wurden in Bewegung gesetzt, um Tonnen an Geröllmassen zu beseitigen. Der Unterricht für 30.000 Schüler wurde bis auf Weiteres abgesagt, um die Bergungsarbeiten nicht zu behindern. In der Stadt waren Einwohner mit Eimern, Schippen und Besen unterwegs, um an den Reinigungsarbeiten nach Kräften mitzuwirken.

Stellenweise türmten sich Schlamm und Steine auf eine Höhe von fünf Metern. Im Hafen hatte sich das Meer in eine braune Brühe verwandelt. Für die kommenden Tage wird eine Verschlechterung der Wetterlage befürchtet. Daher versuchten die Behörden fieberhaft, zumindest die Kanalisation vom Schlamm zu befreien.

"Wir müssen die Ordnung so schnell wie möglich wieder herstellen", erklärte der Regierungschef der Insel Madeira, Alberto Joao Jardim. Allerdings waren auch am Montag noch Tausende Haushalte ohne Wasser- und Stromversorgung. Die Fernmeldegesellschaft Portugal Telecom versicherte, dass immerhin 85 Prozent aller Telefonverbindungen wieder funktionieren würden.

Eine Ortschaft musste evakuiert werden, weil Erdrutsche befürchtet wurden. Jardim hatte bereits am Samstagabend an die Ruhe der Bewohner Madeiras appelliert und gewarnt, dass man die Lage nicht dramatisieren dürfe, um potenzielle Touristen nicht abzuschrecken.

Folgenschwere Bausünden

Unterdessen bekräftigten Ingenieure und Umweltschützer, dass das Ausmaß der Katastrophe durch die "Betonpolitik" des seit mehr als 30 Jahren regierenden Jardim begünstigt wurde. Die Tourismuslobby und die Immobilienindustrie hätten Bausünden zu verantworten, die den Menschen nun teuer zu stehen gekommen seien. "Was in Madeira passiert ist, kann als gutes Beispiel dafür gelten, wozu eine schlechte Städtebauplanung führen kann", sagte Ricardo Ribeiro vom portugiesischen Zivilschutz.

Ribeiro erwähnte den Bau von Häusern an gefährdeten Hängen, den Straßenbau, die Versiegelung von Flussufern und -betten. Wasserläufe seien regelrecht abgewürgt worden.

In Madrid solidarisierte sich derweil Madeiras berühmtester Sohn, der Fußballer Cristiano Ronaldo, mit den Opfern der Unwetterkatastrophe. Nach einem Torerfolg beim 6:2-Sieg seiner Mannschaft Real Madrid gegen Villarreal zeigte er sein Unterhemd, auf das er "Madeira" geschrieben hatte. "Ich kann immer noch nicht fassen, was da passiert ist", sagte Ronaldo nach dem Spiel.

Im Video: Nach den Erdrutschen und Überschwemmungen auf der portugiesischen Insel gehen die Behörden nun von sehr viel mehr Vermissten aus als bisher angenommen.

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© SZ vom 23.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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