Geburt im britischen Königshaus:Nanny auf dem Rücksitz

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Sie sollte einen Hochschulabschluss haben, gepflegt aussehen, aber nicht zu attraktiv - die Ansprüche an eine VIP-Nanny sind hoch. William und Kate wollen zwar erst einmal allein anpacken, aber irgendwann werden auch sie eine Kinderfrau brauchen. Wie Generationen von Royals vor ihnen.

Von Kathleen Hildebrand

Ein Buch zerstörte Marion Crawfords Leben. Nach 17 Jahren als Nanny und Privatlehrerin von Prinzessin Margaret und der späteren Queen Elizabeth II erschien 1950 "The Little Princesses" über ihre Jahre in der Royal Family. Crawford hatte das Buch gemeinsam mit einem Ghostwriter geschrieben. Liebenswerte Details und Anekdoten stehen darin - die erste Fahrt der Mädchen mit der Londoner U-Bahn, Elizabeths Liebe zu Spielzeugpferden, solche Dinge.

Entsetzt über den Vertrauensbruch, verbannte Queen Mum die mittlerweile pensionierte Nanny vom Hof. Kein Mitglied der Königsfamilie sprach je wieder ein Wort mit ihr. "To pull a Crawfie" ist bis heute der Insider-Ausdruck dafür, dass jemand seine Nähe zur Königsfamilie zu Geld macht.

William, Catherine, George
:Familienbild mit Prinz

Stolz blicken die jungen Eltern in die Kamera: Prinz William und Herzogin Catherine haben die ersten offiziellen Bilder ihres Sohnes George veröffentlicht.

Verschwiegenheit ist Usus

Loyalität und Diskretion werden auch auf der Checkliste von William und Kate ganz oben stehen, wenn sie auf Nanny-Suche gehen sollten - und damit sind sie nicht allein. "Verschwiegenheitsklauseln sind Usus in Anstellungsverträgen von Nannys, die für bekannte Persönlichkeiten arbeiten. Wenn die gebrochen werden, droht eine massive Klage", sagt Mirja Lindberg, Geschäftsführerin von "Felicity Nannies", einer Münchner Agentur für Kinderbetreuungspersonal, die auch englischsprachige Nannys vermittelt.

Bis die Stellenanzeige für die Royal Nanny erscheint, wird es noch eine Weile dauern. William und Kate möchten ihr Kind wie ganz normale Eltern selbst erziehen, helfen sollen nur Kates Eltern. Bislang haben sie nur eine Haushaltshilfe für ihren 21-Zimmer-Flügel im Kensington-Palast engagiert. Aber bei all den Reisen, all dem Händeschütteln und Wohltätigsein, werden sie wohl bald zumindest eine Teilzeit-Nanny brauchen.

Nannys mit Diplom

Und die muss nicht nur schweigen können. Mirja Lindberg kennt die breitgefächerten Anforderungen, die Prominente und begüterte Unternehmer stellen. Sie suchen nicht irgendein Au-pair für ihre Kinder, sondern eine hochqualifizierte Nanny. Viele wünschen einen Uni-Abschluss in "Early Childhood Studies" oder ein "National Nursing Diploma" aus Großbritannien. Dort sind spezielle Hochschulen wie das Norland College stolz auf ihren Ruf, die besten Nannys der Welt auszubilden.

Die Rolle der Nanny am Hof hat sich über die vergangenen Jahrzehnte stark gewandelt. Elizabeth und Margaret hatten in den dreißiger Jahren noch ein ganzes Team von Gouvernanten, Ober- und Unter-Nannys und Zimmermädchen. Doch schon Prinz Charles gab zu, trotz seiner engen emotionalen Bindung zu Nanny Mabel Anderson sehr unter der häufigen Abwesenheit seiner Eltern gelitten zu haben. Er und Diana wollten deshalb die Hauptrolle in der Erziehung von William und Harry spielen und setzten die Nanny auf den Rücksitz.

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Eine Haupt- und eine Hilfsnanny hatten die beiden trotzdem. Am längsten kümmerte sich Olga Powell um William und Harry. Sie soll den Jungs zwar schon mal eine Ohrfeige gegeben haben (natürlich nur mit Dianas Erlaubnis), aber sie wuchs ihnen ans Herz und blieb der Familie bis zu ihrem Tod verbunden: William soll ihr aus dem Internat einen traurigen Brief geschrieben haben, als er von der Trennung seiner Eltern erfuhr. Als Olga Powell 2012 starb, sagte er einen offiziellen Termin mit Kate ab, um zu ihrer Beerdigung gehen zu können.

Kinderfrauen vom "Granny-Typ" wie Olga Powell werden auch heute bei Vermittlungsagenturen wie "Felicity Nannies" angefragt. "Die meisten Familien bevorzugen aber jüngere, sportive Frauen, die am aktiven Lebensstil der höheren Kreise teilnehmen können", sagt Mirja Lindberg, "stärker beleibte Nannys haben es schwerer auf dem Markt". Zu attraktiv sollte eine Nanny aber auch nicht sein, denn als Mutter und Ehefrau holt man sich nicht gern potenzielle Konkurrenz ins Haus.

Für eigene Kinder bleibt keine Zeit

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Der Zugang zum privilegierten Lebensstil reicher Familien - die Kinderfrauen werden zum Beispiel oft mit auf Reisen genommen - hat seinen Preis. Einmal angestellt, ist es mit dem eigenen Leben einer Vollzeit-Nanny erst einmal vorbei. Anders als bei jährlich wechselnden Au-pairs soll es möglichst keine Fluktuation geben, damit die Kinder sich nicht ständig umgewöhnen müssen. Eine Nanny ist auf Jahre an die Familie, für die sie arbeitet, gebunden. Für eigene Kinder bleibe da gar keine Zeit, sagt Mirja Lindberg: "Die Arbeitszeiten verleiten nicht zu einem ausgedehnten sozialen Leben."

Was würde sie als Nanny-Expertin William und Kate für ihre Suche raten? "Es ist wichtig, dass Eltern eine wunderbare Kommunikation mit ihrer Nanny pflegen - das ist das A und O für eine gelungene Erziehung. Und anfangs sollten sie selbst so viel Zeit wie möglich mit ihrem Neugeborenen verbringen." Sieht aus, als machten Will und Kate mal wieder vieles richtig.

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