SZ-Adventskalender:Bereit für neue Hoffnung

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Zweimal hatte Susanne D. großes Unglück mit Männern. Sie muss an allem sparen. Für einen Job braucht sie noch Starthilfe.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Auf den ersten Blick wirkt Susanne D. (Name geändert) wie eine Mutter, die mitten im Leben steht und nicht nur ihre Kinder, sondern auch den Alltag im Griff hat: Höflich bittet die Anfang Vierzigjährige den Gast zur Tür herein, die Wohnung ist aufgeräumt, und sie weiß sich auszudrücken. Doch wenn sie bei einer Tasse Kaffee beginnt zu erzählen, bemerkt der aufmerksame Zuhörer, wie sie manches verschämt zu kaschieren versucht: Die Löcher in den Jeans etwa, die bei ihr keine Mode, sondern durch jahrelanges Abtragen entstanden sind. Dass ihre Schuhe seltsam klappern über dem Fliesenboden, weil sich die Sohlen längst lösen. Dass es weder Semmel noch Croissant zum Kaffee für sie gibt, nur ein paar gehäufte Löffel Zucker. "Das muss für mich genügen, sonst bleibt den Kindern nicht genug zum Frühstück", sagt sie.

Susanne D. hat schwierige Jahre hinter sich: Ihr erster Ehemann verfiel der Spielsucht und verlor deshalb seine Arbeit. Sie sprang ein und verdiente als Bürokraft das Geld, um die Familie zu ernähren. Doch als die Spielsucht immer schlimmer wurde und auch eine Therapie nicht mehr half, zog sie die Reißleine: "Ich wollte nicht, dass mein Kind so aufwächst", sagt sie. Die Scheidung zog auch sie finanziell runter. "Es war vorher zwar nicht üppig, aber doch eben ganz normal. Hier und da mal Taschengeld für das Kind war drin, und wenn Kindergarten oder Schule etwas extra haben wollten, war das machbar", erinnert sie sich. Mit der Scheidung aber wurde der finanzielle Spielraum eng, sehr eng. Jeden Cent musste Susanne umdrehen, sparte vor allem an ihren eigenen Bedürfnissen, damit das Kind nicht noch mehr unter der Situation litt.

Vor etwa sieben Jahren lernte sie einen neuen Mann kennen und schöpfte Hoffnung, dass es aufwärts gehen könnte. Sie wurde erneut schwanger, doch ihr Mann konnte mit Geld nicht umgehen und musste Privatinsolvenz anmelden. Immer öfter kam es zum Streit, und letztlich war es ein schlimmer Verdacht, nämlich dass er dem gemeinsamen Kind Schaden zufügen könnte, der sie erneut zur Trennung trieb.

Weil die Väter der Kinder keinen Unterhalt zahlen, ist die Mutter seither auf Sozialleistungen angewiesen. Rund 500 Euro bleiben ihr zum Leben, "was nicht viel ist für drei Personen". Und doch versucht sie über die Runden zu kommen, spart, wo sie kann - und das ist vor allem bei Kleidung. Die Kinder aber sind mitten im Wachstum und brauchen längst neue Sachen. "Aber gerade Winterkleidung, eine warme Jacke für die Kinder, passende, rutschfeste Schuhe, dafür reicht es einfach nicht", sagt Susanne D.

"Man fängt dann natürlich an, an sich zu zweifeln. Warum ich? Was mache ich falsch?", sagt sie. Und es gab immer wieder Situationen, "in denen man dann nicht mehr weiter weiß". Vor allem, wenn unerwartete Rechnungen kommen oder die Kinder doch wieder etwas für die Schule brauchen. Auch ihre Eltern kann Susanne D. inzwischen nicht mehr fragen, zumal ihre Mutter gerade schwer erkrankt ist.

Und doch gibt es Hoffnung: Dass Susanne D. nicht aufgab, sich trotz der schweren Lage immer wieder bewarb, zeigte Erfolg: Für das kommende Jahr konnte sie eine neue Arbeitsstelle finden. Sie freut sich darauf, auch weil es ihr wieder Selbstbewusstsein geben wird, Geld zu verdienen und auf eigenen Füßen zu stehen. Susanne D. will zurück in die Arbeitswelt, in die Mitte der Gesellschaft, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Doch bis sie das schafft und das erste Gehalt da ist, braucht sie noch Starthilfe. Das 20 Jahre alte Auto muss durch den TÜV, damit sie ihre neue Arbeitsstelle überhaupt erreichen kann. Und um ihren neuen Job anzutreten, braucht auch sie anständige neue Kleidung.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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