Jahresversammlung der CSU Geretsried:"Wir sind jetzt Bürgermeister-Partei"

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Die Partei setzt ganz auf Michael Müller. Gerhard Meinl würdigt dessen Beitrag zu einem "Paradigmenwechsel" in der Stadtentwicklung. Der Ortsvorsitzende Ewald Kailberth beschränkt sich auf eine Chronologie der Veranstaltungen

Von Felicitas Amler, Geretsried

Ewald Kailberth hat sich am Donnerstag scherzhaft mit Horst Seehofer verglichen: Auch er, der Vorsitzende der Geretsrieder CSU, trete nun entgegen eigener Ankündigung noch einmal für sein Amt an; die berufliche und private Situation ermöglichten es wider Erwarten doch. Die Mitglieder bedankten sich mit einem einstimmigen Votum für den 57-Jährigen. Kailberth hatte bei der Jahreshauptversammlung seiner Partei zuvor chronologisch die örtlichen CSU-Termine des vergangenen Jahres aufgelistet: vom Besuch des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann in Sachen "Hollywoodkurve" im Januar über das "Highlight" des Dorffests bei Franz Wirtensohn in Gelting bis zum Auftritt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Sabine Lorenz, Kreisvorsitzende der Frauen-Union, schaffe es immer wieder, so Kailberth, "meine Wunschredner an Land zu ziehen".

Sowohl im Bericht des Vorsitzenden der Stadtratsfraktion, Volker Reeh, als auch in der einzigen Wortmeldung des Abends aus dem Publikum klang die Wohnungsnot als drängendstes Geretsrieder Thema an. Reeh bezeichnete es als Herausforderung, insbesondere für jene Menschen bezahlbare Wohnungen zu schaffen, die so gerade eben über der Grenze zur Berechtigung für eine Sozialwohnung liegen: "Das ist die Chance für Geretsried und für die Betriebe", sagte er. Denn auch die Wirtschaft sei darauf angewiesen, dass ihre Mitarbeiter Unterkünfte finden.

Bürgermeister Michael Müller am Plan fürs neue Zentrum: Diesen "Paradigmenwechsel" verdanke man ihm, sagt Gerhard Meinl. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gerhard Meinl, Stadtrat und Dritter Bürgermeister, sagte in seinem Beitrag: "Wir haben in Geretsried keine Wohnungen mehr." Das sei derzeit der stärkste Druck. Vor diesem Hintergrund würdigte er die Pläne des Wolfratshauser Bauunternehmens Krämmel und der Geretsrieder Baugenossenschaft, auf dem ehemaligen Lorenzareal zwischen Banater- und Elbestraße gemeinsam rund 600 Wohnungen, sowohl frei finanziert als auch sozial gebunden, zu errichten.

Meinl betonte im Übrigen die Verdienste von Bürgermeister Michael Müller. Ihm rechnete er das Projekt Banater Straße ebenso an wie die Planung des Stadtzentrums auf dem Karl-Lederer-Platz anstelle eines neuen Stadtteils auf der Böhmwiese. Müller habe hier "einen Paradigmenwechsel bewirkt". Außerdem habe er das Grundwassermanagement in die Wege geleitet, die Haushaltskonsolidierung vorangetrieben; er leite das Rathaus mit 150 Beschäftigten, und gleich in seinen ersten beiden Amtsjahren sei Müllers volle Aufmerksamkeit für Flüchtlinge gefordert gewesen: "Vom Syrer, der sich mit Benzin übergossen hat, bis zur achtköpfigen Familie, die im Rathaus saß und fragte: Wo ist unsere Wohnung?" Meinl machte seine Partei darauf aufmerksam, dass sie nun "Bürgermeisterpartei" sei, was ihr spürbar zugute komme: Müller sei "das Gesicht, das nach außen wirkt".

Der Bürgermeister selbst nutzte sein Grußwort zu einem am Ende immer leidenschaftlicher vorgetragenen Bekenntnis zu einer offenherzigen Flüchtlingspolitik. Die Vertriebenenstadt Geretsried sei es der eigenen Geschichte und Tradition schuldig, sagte er, Flüchtlinge "anständig und ordentlich" aufzunehmen. Er sei stolz darauf, das die Stadt dies immer geleistet habe. Müller sprach von der bevorstehenden Fahrt in die französische Partnerstadt Chamalières und betonte, wie wichtig ihm der europäische Gedanke sei: "Es kann doch nicht sein, das wir dieses Europa in Frage stellen." Geretsried stehe für ein friedliches Zusammenleben: "Dafür ist unsere Stadt ein Symbol."

Müller schloss diesen Kreis mit einem Blick auf die anstehende Bundestagswahl und die gemeinsame Politik von CSU und CDU. Über Bundeskanzlerin Angela Merkel könne man sagen, was man wolle - auch er habe die ein oder andere Kritik -, aber Deutschland sei nun "zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte als ein Land der Hoffnung" wahrgenommen worden. "Und eine Bundeskanzlerin muss sich rechtfertigen, weil sie Menschlichkeit gezeigt hat!", rief er empört. Er sei im Gegenteil stolz auf diese Haltung Merkels, sagte Müller unter dem Applaus des gesamten Saals.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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