Bad Tölz-Wolfratshausen:Herausforderung Facebook

Lesezeit: 4 min

SZ-Grafik: Julia Kraus; Foto: Hartmut Pöstges, Harry Wolfsbauer (Foto: illu)

Der Landrat verweist inzwischen sogar die Presse auf das soziale Netzwerk. Die meisten Bürgermeister sind aber noch skeptisch und nutzen die Möglichkeiten kaum, die es bietet.

Von Jana Spielmann, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Sommer 2014 ging die "Ice Bucket Challenge" um die Welt. Sie sollte auf die Krankheit ALS aufmerksam machen. Damals goss sich auch Landrat Josef Niedermaier einen Eimer mit Eiswürfeln und Wasser über den Kopf. Das Video dazu konnte man auf Facebook betrachten. Mit 53 Jahren ist Niedermaier nicht seit der Jugend mit digitalen Medien vertraut. Und doch nutzt er sie intensiv. Inzwischen verweist er sogar bei Presseanfragen auf Facebook, wo er etwa seine Stellungnahme zum Verkauf der geriatrischen Rehaklinik in Lenggries gepostet hatte. Dort stehe, was er zu sagen habe - "das können Sie gerne verwenden."

Niedermaier ist davon überzeugt, dass die sozialen Medien zu einer guten Verbindung von Politik und Bürgern beitragen können. Auf seiner offiziellen und privaten Facebook-Seite kommentiert er zahlreiche Medienberichte über aktuelle Themen im Landkreis, teilt Bilder von Veranstaltungen oder veröffentlicht Anträge seiner Freien-Wähler-Fraktion. Themen sind der Waldbrand am Jochberg, die Unterbringung von Flüchtlingen oder die Sicherung der Geburtshilfe in Bad Tölz. Manchmal erreiche er 3000 Klicks pro Beitrag, sagt Niedermaier. "Die sozialen Medien sind nun mal eine wichtige Kommunikationsform, die von vielen genutzt wird. Deshalb nutze ich sie auch." Seine Beiträge verfasst der Landrat selbst. Die Nachrichten, die er von Nutzern erhält, versuche er meist zu beantworten. "Mir ist es lieber zu wissen, was die Leute denken", erklärt Niedermaier. "Wenn sie kommentieren, weiß ich, was Sache ist. Das weiß ich nicht, wenn die Leute ihre Meinung am Stammtisch sagen."

Ganz anderer Meinung ist der Tölzer Bürgermeister Josef Janker. Er hat kürzlich beklagt, die Politik des Stadtrats komme oft nicht bei den Bürgern an. Facebook ist für ihn jedoch nicht Teil der Lösung, sondern eher des Problems, auch, weil viele Menschen ohne Hintergrundwissen kommentierten. "Die Hemmschwelle ist bei Facebook einfach geringer", sagt Janker. Er hat selbst kein offizielles Facebook-Profil. Um die Kommunikation zu verbessern, ist für ihn der persönliche Kontakt der beste Weg. "Meine Telefonnummer steht im Telefonbuch", sagt der Tölzer Bürgermeister. Die Facebook-Seite der Stadt ist denn auch schwer zu finden. Gibt man in den Suchfunktion "Bad Tölz" ein, wird man zuerst auf die offizielle Seite der Touristinformation geleitet. Diese ist zwar nicht die offizielle Seite der Stadtverwaltung, hat aber reichlich "Gefällt mir"-Angaben - mehr als 5000. Die Facebook-Seite "Tölzer" der Stadt ist über die Suchfunktion schwer zu finden (am einfachsten über über den Link www.facebook.com/stadtbadtoelz). Die Tölzer Pressesprecherin Isabella Wolfgruber bearbeitet sie. Mit knapp über 300 "Gefällt mir"-Angaben hat sie eine deutlich geringere Reichweite.

Facebook ist für Wolfgruber kein primäres Medium, um mit den Bürgern in Kontakt zu treten oder ein Diskussionsforum zu schaffen. Daher verfasst sie grundsätzlich keine kontroversen Beiträge. Vielmehr sieht sie Facebook als "Unterhaltungsmedium", um die Stadtverwaltung lebendiger erscheinen zu lassen. Für tief greifende Informationen hält auch für sie den persönlichen Kontakt mit den Bürgern für wichtiger. Außerdem könnten sich die Tölzer Bürger über die Stadtnachrichten und die Presse informieren.

In Geretsried wird der Umgang mit den sozialen Medien wiederum anders gehandhabt. Die Facebook-Seite der größten Stadt des Landkreises liegt mit rund 1000 "Gefällt mir"-Angaben deutlich über dem Wert der Tölzer Seite. Sie wird sehr regelmäßig aktualisiert. Es werden unter anderem aktuelle Medienberichte geteilt, Änderungen von Öffnungszeiten bekannt gegeben oder Kulturtipps eingestellt.

Der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) besitzt ein eigenes offizielles Facebook-Profil. Im Gegensatz zu seiner Tölzer Kollegin sieht Thomas Loibl, Pressereferent der Stadt, die sozialen Medien als Informationsplattform, auf der Bürger gut zu Wort kommen können. "Unsere Aktivität auf Facebook steigt und damit auch die Aktivität der Nutzer auf unserer Seite", sagt Loibl. Es gebe auch theoretische Überlegungen, Twitter zu nutzen. "Aber wenn wir etwas in diese Richtung machen wollen, dann richtig, und dafür braucht man genug Manpower", erklärt Loibl. Facebook sieht er als "Teasing-Element", als Anreiz für Nutzer, sich intensiver mit einem Thema zu befassen. Dafür sei dann die Website der Stadt angelegt, die noch vor der Facebook-Seite Informationsträger sei.

"Grundlegende Informationen kann man sich also über Facebook holen, Genaueres auf der Website", sagt Loibl und fügt hinzu, dass die Website der Stadt demnächst aktualisiert werden solle, um moderner und nutzerfreundlicher zu werden. Negative Erfahrungen mit Facebook habe er in seiner Zeit als Pressereferent nicht gemacht. "Keine Nachricht und keinen Kommentar fand ich bisher wirklich schwierig, auch wenn man sich hinter der Anonymität in den Netzwerken verstecken kann." Facebook als Kommunikationsmittel zwischen Bürgern und Politikern sehe er daher durchweg positiv.

Wolfratshausen hat eine offizielle Facebook-Seite, die 850 Leuten gefällt, vor allem aber den Wolfratshauser Blog ( http://blog.wolfratshausen.de) unter der Leitung der Stabsstellen Veranstaltungsmanagement und Tourismus. Arbeiten, Einkaufen, Erleben und Leben - das sind die vier Kategorien, in die Berichte über Wolfratshausen im Blog eingeteilt werden. Auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) kommt dort zu Wort. Als die Diskussion über den fehlenden Wolfratshauser Christbaum hochkochte, veröffentlichte er ein kurzes Statement auf der Blogseite. Seiner Meinung nach kommen sowohl der Blog als auch die Wolfratshauser Facebook-Seite bei den Bürgern gut an. Zwar sei der Aufritt der Stadt in den sozialen Medien erweiterbar, erreiche aber schon viele Bürger. Probleme sieht er ähnlich wie der Tölzer Bürgermeister darin, dass man leichter einen Kommentar absetze als ein Anliegen persönlich vorzutragen. Zudem sei die Pflege der Kanäle oder Aufklärungsarbeit über die sozialen Medien sehr zeitaufwendig.

Recht unregelmäßig äußert sich der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) auf Facebook zu aktuellen Themen. Eine eigene Seite hat die Gemeinde nicht. Ähnlich ist es in Kochel am See, wo Bürgermeister Thomas Holz (CSU) vor allem Fotos postet, vorzugsweise von Versammlungen oder Festen. Beim Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber finden sich zum Teil die selben Fotos mit freundlichen Kommentaren.

Vereine und Einrichtungen sind vielfach weiter als die Kommunen: Sehr viele Feuerwehren haben Facebook-Seiten, das Kloster Benediktbeuern und die Stadtbücherei Penzberg sind ebenfalls sehr aktiv, und das ist nur eine kleine Auswahl. Auch die Bürger sind ihren offiziellen Vertretern oft voraus und nutzen Facebook zum Informationsaustausch, zur Meinungsbildung oder einfach um sich zu vernetzen, wie bei der geschlossenen Gruppe "Du bist aus Wolfratshausen, wenn" oder bei "Wolfratshausen und seine wunderbaren Geschäfte". Auch für Stimmungsbilder eignet sich Facebook gut - aktuell läuft etwa bei den "Bürgern für Penzberg" eine Umfrage zum Neubau des Wellenbads.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: