Urteil:Busfahrer wegen fahrlässiger Tötung verurteilt

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  • Im November 2015 hat der Mann mit einem Linienbus in Pasing eine 79-jährige Rentnerin überfahren. Die Frau starb später an ihren Verletzungen.
  • Das Amtsgericht München verurteilte den Mann nun wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von knapp 2000 Euro.
  • Der Fall sei tragisch, sagte der Richter. Als Kraftzeugfahrer hänge man immer irgendwie mit drin.

Von Christian Rost

Der Busfahrer war von der Sonne geblendet, die Seniorin lief über die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten. Der Linienbus erfasste die Frau, sie starb an schweren Kopfverletzungen. Der tödliche Zusammenstoß am 3. November vorigen Jahres in Pasing beschäftigte am Montag das Münchner Amtsgericht - und warf die grundsätzliche Frage auf, ob ein solcher Unfall für einen Kraftfahrer unvermeidlich sein kann.

Der erfahrene Verkehrsrichter Thomas Jung beantwortete die Frage mit einem eindeutigen Nein: "Irgendwie hängt man als Fahrer eines Kraftfahrzeugs immer mit drin", sagte Jung.

Im konkreten Fall saß ein Mann mit 32 Jahren Berufserfahrung am Steuer des Linienbusses der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), den er gegen 14.55 Uhr in der Kaflerstraße am Pasinger Bahnhofsplatz für seine nächste Tour startete. Mit acht Stundenkilometern bog Horst S. in die Irmonherstraße ein, beschleunigte binnen weniger Meter auf zehn km/h, um dann plötzlich, als er "einen Schatten" von links kommen sah, voll auf die Bremse zu treten.

Das Busfahren hat der Angeklagte inzwischen aufgegeben

Es war zu spät: Die 79-Jährige war bereits mit dem Kopf gegen die Frontscheibe des Busses geprallt und auf den Asphalt geschleudert worden. Sie erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Zehn Tage später starb sie in einer Klinik.

Die Staatsanwaltschaft München I erließ einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung gegen S. Der legte Einspruch dagegen ein und beteuerte vor Gericht, dass er von der Sonne geblendet worden sei und die Frau gar nicht habe sehen können. Sie sei plötzlich da gewesen, "wie vom Himmel gefallen", sagte S. Der Mann war völlig geschockt. Acht Monate konnte er nicht arbeiten und musste in psychologische Behandlung.

Das Busfahren habe er inzwischen ganz aufgegeben, weil er bei jedem kleinsten Geräusch während der Fahrt zusammenzucke, berichtete S. Nun arbeite er bei der MVG als Fahrkartenkontrolleur. Weil ihm im Falle eines Schuldspruches vor Gericht eine Kürzung seiner Bezüge droht, kämpfte er um einen Freispruch.

Laut Gutachten war die Situation für den Fahrer sehr ungünstig

In der Verhandlung zeigte sich, dass S. ein sehr verantwortungsvoller Mensch ist und keinerlei Voreintragungen hat, auch nicht im Verkehrsregister. Nach dem Unfall setzte er sich auch umgehend mit den Hinterbliebenen zusammen und drückte sein großes Bedauern aus.

Laut einem Sachverständigengutachter stellte sich die Situation für den Busfahrer zum Unfallzeitpunkt tatsächlich äußerst ungünstig dar: Die Sonne stand tief in genau entgegengesetzter Fahrtrichtung und die Frau lief womöglich auch noch im sogenannten toten Winkel gegen den Bus, auf den sie beim Überqueren der Straße nicht geachtet hatte. Verteidigerin Regina Rick verlangte deshalb einen Freispruch.

Richter Jung folgte aber dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte S. wegen fahrlässiger Tötung zu 1950 Euro Geldstrafe. Der Fall sei "tragisch" und ein "besonderes Pech" für den Busfahrer. Dieser hätte aber notfalls stehenbleiben müssen, wenn er in seiner Sicht beeinträchtigt gewesen war.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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