MVV:Schmid fordert Ticketpreis-Bremse im öffentlichen Nahverkehr

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Josef Schmid musste schon beim Thema Bierpreisbremse eine Schlappe hinnehmen. Jetzt will er MVV-Preise einfrieren. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Bürgermeister Josef Schmid will die Preise im öffentlichen Nahverkehr für ein Jahr einfrieren.
  • SPD-Fraktionschef Alexander Reissl bezeichnt den neuen Alleingang Schmids nach seiner Idee einer Bierpreisbremse als "absurd".
  • Gemeinsam haben SPD und CSU einen Antrag zum Thema MVV-Preise eingebracht, der vor allem Studenten, Rentner und Menschen mit geringem Einkommen entlasten soll.

Von Heiner Effern

Die Scherben des gescheiterten Bierpreisdeckels für die Wiesn waren noch gar nicht zusammengekehrt, das startete Bürgermeister Josef Schmid (CSU) schon seine nächste Deckel-Offensive. Diesmal will er die Preise im öffentlichen Nahverkehr für ein Jahr einfrieren. Viele Bürger könnten sich bei den steigenden Preisen in München ihr Leben kaum mehr leisten, sagte Schmid am Rande der Stadtratssitzung. "Da können wir auch mal dran denken, bei den MVV-Preisen ein Jahr lang eine Nullrunde zu fahren." Diesen Vorschlag werde er demnächst in die Gespräche mit dem Bündnispartner SPD einbringen.

Schmid selbst stellte den Zusammenhang von der Mass Bier auf dem Oktoberfest und den MVV-Preisen her. Hinter beiden stecke der politische Wille, die Münchner Bürger zu entlasten, sagte er. Der Bierpreisdeckel sei deshalb in einem größeren Zusammenhang zu sehen, er sei trotz seines Scheiterns ein erstes "Signal" gewesen, dass die CSU die Sorgen der Menschen ernst nehme. Der Bürgermeister unterteilt die Möglichkeiten des Stadtrats für ein bezahlbares Münchens in drei Kategorien: In die erste packt er alle Preise wie Nahrungsmittel oder Benzin, auf die der Stadtrat keinen Einfluss nehmen könne.

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Die zweite beinhaltet Kosten, bei denen die Politik eine Dämpfung anstrebe, aber mangels geeigneter Mittel kaum Erfolge verzeichnen könne. Als Beispiel nannte Schmid die Mieten. Aktiv werden müsse der Stadtrat deshalb in der dritten Kategorie, also bei den Leistungen, bei denen er etwa als Anbieter das letzte Wort habe. Wie beim MVV.

Der überraschte Bündnispartner im Rathaus reagierte noch während der Sitzung. Die Botschaft: wieder ein Vorstoß vom Bürgermeister, den man nicht ernst nehmen kann. Als Mittel wählte die SPD einen flugs erstellten Antrag, den sie gleich verteilte. Darin forderte sie Schmids Referat für Arbeit und Wirtschaft auf, "mit dem Freistaat Bayern, den Landkreisen im MVV, der Deutschen Bahn, der MVG und den weiteren Verkehrsunternehmen die Voraussetzungen für einen Nulltarif im MVV zu erarbeiten". Falls irgendwer die Botschaft dahinter noch nicht verstanden hatte, wurde eine unmissverständliche Begründung angefügt. "Der Preisdeckel etabliert sich in München allmählich zu einem populären kommunalpolitischen Instrument. Warum so viel Kleinmut? Ja zum großen Wurf: Freifahrt statt Preisdeckel."

Vierzehn Tage nach einem Krisengipfel von CSU und SPD, in dem sie einen besseren Umgang miteinander vereinbart hatten, nahm SPD-Fraktionschef Alexander Reissl den neuen Alleingang Schmids auch noch persönlich am Rande der Sitzung unter Beschuss. "Absurd" nannte er die Idee, fassungslos zeigte er sich über das nicht abgesprochene Vorgehen des Regierungspartners.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) äußerte sich vorsichtshalber ausschließlich zu den Inhalten. Den nicht ernst gemeinten Antrag seiner Fraktion deutete er als Zeichen für gesunden Realismus in seiner Partei. "Das ist eine ursozialdemokratische Forderung, die ein Teil unserer Partei schon längst erhoben hatte", sagte Reiter. Allerdings habe sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass diese nicht durchsetzbar sei. Im MVV säßen viele Partner, unter anderem auch ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn, die kein Geld zu verschenken hätten. Es gelte in dem Verbund jedoch das Gebot der Einstimmigkeit.

Bürgermeister Schmid reagierte auf die Reaktion der SPD kühl. Er lasse sich seine Meinung nicht verbieten und werde weiter seine Ideen öffentlich formulieren. "Ich bin die kommunalpolitische Spitze der CSU", sagte er. Trotz aller Deckel-Scharmützel brachten SPD und CSU am Mittwoch auch einen gemeinsamen Antrag zum Thema MVV-Preise ein. Der geht in eine ähnliche Richtung wie Schmids Vorstoß: Die anstehende Reform der MVV-Tarife soll sozialverträglicher ausfallen als bisher geplant.

Der Stadtrat beauftrage OB Reiter, mit dem Freistaat zu verhandeln, ob analog zum Semesterticket für Studenten ein pauschales Jugendticket eingeführt werden könne. Dem steht bisher ein Landesgesetz entgegen. Des weiteren soll die Verwaltung prüfen, ob die Isarcard S für Menschen mit geringem Einkommen auf einen größeren Personenkreis angewendet werden könne. Senioren dagegen sollen nicht mehr ab einer Altersgrenze, sonder mit dem Bezug der Rente ein günstigeres Ticket erhalten.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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