Neue Koalition in München:Rot-Schwarz nimmt die Arbeit auf

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Neue Bündnispartner: CSU-Fraktionschef Josef Schmid, der sich am Mittwoch zum Zweiten Bürgermeister wählen lassen will, und OB Dieter Reiter (SPD). (Foto: Stephan Rumpf)

Nach zahlreichen mehrstündigen Debatten macht sich das rot-schwarze Bündnis an die Arbeit und verteilt erstmal Posten. Josef Schmid will der erste CSU-Bürgermeister seit 1990 werden. Auch sonst ändert sich viel im Rathaus.

Von Dominik Hutter und Melanie Staudinger, München

Erstmals seit 24 Jahren wird wieder ein CSU-Politiker Zweiter Bürgermeister in München. Nach dem Ja der Parteitage von SPD und CSU zu einem gemeinsamen Bündnis, das die Sozialdemokraten erst nach einer gut fünfstündigen Debatte billigten, tritt an diesem Mittwoch der bisherige CSU-Fraktionschef Josef Schmid für den Stellvertreterposten von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an.

Eine Mehrheit für Schmid gilt als sicher, neben CSU und SPD wollen ihn auch FDP, Piraten und Hut wählen. Dritte Bürgermeisterin soll Christine Strobl (SPD) werden. Bei der Nachfolge an der Fraktionsspitze setzt die CSU auf Altbewährtes: Hans Podiuk, seit 1978 ununterbrochen im Stadtrat, soll den Posten übernehmen, den er bereits von 1995 bis 2006 innehatte. Der 67-Jährige gilt als Interimschef, in zwei Jahren soll ihn ein Jüngerer ablösen.

Auch Nallinger tritt bei Bürgermeisterwahl an

Reiter und Schmid unterzeichneten am Dienstag im Rathaus das gemeinsame Eckpunktepapier, in dem die große Linie für die kommenden sechs Jahre festgeschrieben ist. "Das ist ein guter Tag für die Stadt", sagte Schmid. Die CSU kann nun erstmals seit der sogenannten Gestaltungsmehrheit unter Walter Zöller in den späten Achtzigerjahren wieder maßgeblich über die Geschicke der Stadt mitbestimmen - ihr damaliger Bürgermeister Winfried Zehetmeier musste im Jahr 1990 mit Gründung der rot-grünen Koalition sein Amt abgeben.

Bei der Wahl der Bürgermeister tritt auf Bitten ihrer Fraktion auch die frühere Oberbürgermeister-Kandidatin der Grünen, Sabine Nallinger, an. Ihr fällt angesichts der Mehrheitsverhältnisse aber nur eine Außenseiterrolle zu - ebenso wie Gabriele Neff (FDP), die sich als Dritte Bürgermeisterin bewirbt. SPD und CSU verfügen zusammen über 50 der 80 Stadtratssitze, dazu kommt die Stimme von OB Reiter.

Eigener Sportausschuss geplant

Auch im Stadtrat wollen CSU und SPD die Arbeit neu organisieren: Künftig soll es einen eigenen Sportausschuss geben, bisher wurde das Thema gemeinsam mit Bildung abgehandelt. Für die Sanierung des städtischen Klinikums sollen allein die Kämmerei und damit der Finanzausschuss zuständig sein. Das bisher verantwortliche Gesundheitsreferat bleibt lediglich bei medizinischen Fachthemen und als Aufsichtsbehörde mit im Boot.

Neu zugeschnitten werden auch die Aufgabenbereiche der Bürgermeister. Läuft am Mittwoch alles nach Plan, übernimmt Schmid den Vorsitz im Kommunal-, Bau-, Gesundheits-, Umwelt- und Kulturausschuss. Strobl ist für den Kinder- und Jugendhilfe-, den Bildungs- und den neu geschaffenen Sportausschuss zuständig. Sie wird ihr Büro im Rathaus behalten. Schmid zieht in die Räume des früheren Dritten Bürgermeisters Hep Monatzeder. Und die bringen einen Nachteil mit sich, besitzen sie doch keine eigene Dusche und Toilette. "Die kann man sicher noch irgendwann mal einbauen", sagte Schmid.

Seine Fraktion wird sich in den kommenden Wochen neu ordnen. "Wir müssen die CSU München nun erst einmal auf die Regierungsarbeit vorbereiten, die sich deutlich von der Oppositionsrolle unterscheidet", sagte CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle. Bevor ein neuer Fraktionschef bestimmt wird, sollen zunächst die Ausschusssitze an die 26 Stadträte verteilt werden. Für Mitte Juni dann, nach Pfingsten, plant die Fraktion die Wahl ihres Vorsitzenden. Schmid wird Podiuk vorschlagen, wie er sagte. "Er ist der einzige neben Walter Zöller, der Regierungserfahrung hat", kenne die Abstimmungsvorgänge und verfüge über einen reichen Erfahrungsschatz. Zudem gehörte er der CSU-Verhandlungsdelegation an, die die Kooperationsvereinbarung mit der SPD aufsetzte. In den kommenden zwei Jahren soll ein Nachfolger für Podiuk aufgebaut werden. Konkrete Namen nannte Schmid nicht. Im Gespräch sind in CSU-Kreisen aber Manuel Pretzl, Alexander Dietrich und Michael Kuffer.

Der Vorsitz der Fraktionen von SPD und Grünen wird bereits am Montag gewählt. Bei den Sozialdemokraten bewerben sich der bisherige Chef Alexander Reissl sowie seine Stellvertreterin Beatrix Zurek erneut um ihre Positionen. Auch die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Gülseren Demirel und Florian Roth, treten wieder an. Nallinger konkurriert nicht um eine Chefrolle. Falls sie nicht überraschend doch noch zur Bürgermeisterin gewählt wird, bleibt der einstigen OB-Kandidatin also nur die Rolle als einfache Stadträtin.

In der Referentenriege ist vorerst nur ein Posten vakant: der des Wirtschaftsreferenten, den bislang Reiter ausfüllte. Bislang wissen CSU und SPD noch nicht, wer ins Chefbüro an der Herzog-Wilhelm-Straße einziehen darf. Das Vorschlagsrecht für diese Behörde liegt laut den rot-schwarzen Bündnisabsprachen bei der CSU, die eine Ausschreibung plus Entscheidung nach Qualifikation angekündigt hat und sich nach der Bürgermeisterwahl damit beschäftigen will. Als Nächstes wird im Frühjahr 2015 das Amt des Referenten für Gesundheit und Umwelt frei, Joachim Lorenz (Grüne) geht dann in den Ruhestand. Die Behörde zählt zum Vorschlags-Portfolio der CSU.

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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