Boilerman im 25hours Hotel:"Barkeeper sind keine Rockstars"

Lesezeit: 3 min

Die Leute mit neuen Ideen begeistern, das will Jörg Meyer jetzt auch in München versuchen. Er setzt dabei allerdings nicht auf Show, sondern auf Understatement. (Foto: Stephan Rumpf)

Mit seinem Gin Basil Smash hat Jörg Meyer international die Cocktailtrinker überzeugt. Nun will der Hamburger auch in München durchstarten - in der Boilerman-Bar im 25hours Hotel.

Von Anne Kathrin Koophamel

Betritt Jörg Meyer in München eine Bar, erkennt ihn keiner der Gäste, warum auch. Aber die raffinierte wie simple Kreation des Hamburgers, die halten höchstwahrscheinlich ein paar von ihnen in der Hand. Der Gin Basil Smash aus Gin, Basilikum und Zitrone hat als In-Drink an hiesigen Bartresen Getränke wie Moscow Mule und Gin Tonic elegant in die zweite Reihe befördert. Und eben dieser Gin Basil Smash hat seinen Siegeszug vom Norden aus gestartet.

Meyers Hamburger Bar Le Lion zählte über Jahre zu den 50 besten Bars der Welt. Sein Gin Basil Smash gilt weltweit als einer der wichtigsten klassischen Cocktails. In Australien und Amerika wurde er mit Preisen ausgezeichnet, er gilt als Experte auf seinem Gebiet: dem der kreativen, aber schlichten Drinks. Doch das alles scheint ihn wenig zu berühren, Allüren sind ihm fremd. "Barkeeper sind keine Rockstars", sagt der 42-Jährige, "Barkeeper müssen abliefern."

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Das will der Hamburger auch in München. Im 25hours Hotel direkt am Hauptbahnhof steckt er hinter dem Barkonzept des Boilerman. Und das soll alles andere als klassisch sein. "Wir machen uns mal locker. Es soll eine legere Hotel-Bar sein, in der man abhängt, Freunde und Nachbarn trifft", sagt Meyer. Nicht nur die Gäste des 25hours, auch die Münchner sollen kommen. "Wir wollen das Konzept Hotelbar neu denken, einen coolen Ort kreieren, very laid back."

Statt komplizierter Drinks gebe es Highballs, die Meyer als "Tapas im Glas" beschreibt: "Man kann so am Abend mehrere kleine Cocktails probieren, da keiner zu wuchtig ist." Die Short-Drinks kommen mit golfballgroßen Eiswürfeln eisgekühlt zum Gast. Keine Shaker werde es geben und auch keinen Gin Basil Smash. "Den kennt doch jeder schon. Damit brauche ich nicht kommen."

Meyer ist so etwas wie der Charles Schumann Hamburgs, ein bisschen weniger schillernd vielleicht, aber doch ein Mann, der sagt, wo die Spirituosen-Trends im Norden hingehen. Nach dem Abitur lernte er im Elysée Hotel, arbeitete als Barkeeper im VIP-Club Havana Lounge unter Nachtleben-Legende Peter Kallweit. Lernte von den Besten und wurde zu einem von ihnen.

Dann, vor zehn Jahren, eröffnete er seine erste eigene Bar Le Lion - Bar de Paris, direkt am Hamburger Rathausplatz. Eine klassische Bar, angelehnt an die 60er und 70er Jahre; ein Ort, an dem die Zeit langsamer verrinnt, dafür mit Stil. In New Orleans heimste er bei dem Wettbewerb "Tales of Cocktails" sogleich den Preis als weltbeste Neueröffnung ein. In Australien wurde das Le Lion von einer Zeitung zu einer der fünf besten Bars weltweit gewählt.

Aber Ruhm und Renommee zahlen keine Pacht, wie der mittlerweile dreifache Vater weiß. "In den ersten drei Jahren war es finanziell sehr schwierig, wir waren dauernd nahe an der Pleite", sagt Meyer heute. "Wir haben wie in einem Mikrokosmos außerhalb der Öffentlichkeit existiert."

Meyer setzte weiterhin auf seine Bar mit einem Optimismus, der manchmal an Sturheit grenzte. Mixte, kreierte - lieferte ab, wie er selbst sagen würde. "Ich wollte keine Kompromisse mehr machen. Ich habe ans Le Lion geglaubt." Es sprach sich rum, dass nur wenige Meter vom Jungfernstieg entfernt einer mixt, der was kann. Dass dort hinter einer dunklen Tür eine Bar ist, die mit New York und Paris vergleichbar ist. Über die Schauspieler, Sänger und Entertainer unter seinen Gästen schweigt Meyer. Es sollen einige sein. Als gesichert gilt, dass der verstorbene Hollywood-Star Philip Seymour Hoffman mit William Dafoe 2014 während der Dreharbeiten zu "A Most Wanted Man" vorbeischaute. Meyer nickt, aber mehr gibt er nicht preis.

Für den Hamburger selbst ist eine Bar viel mehr als nur ein Platz zum gepflegten Trinken. Es ist ein Lifestyle, der auf den fast 1,90 Meter großen Mann auch optisch abgefärbt hat: Hosenträger und Krawatte, die Haare zurückgegelt, eine Vorliebe für markante Brillen. Understatement und eine ruhige Art, aber einen Hauch Extravaganz leistet er sich gerne. Er sammelt antiquarische Bar-Bücher genauso wie ausrangierte Shaker. Drinks nennt er "ikonisch" oder "legendär".

Und es ist nicht bei der einen Bar geblieben. Neben dem Le Lion betreibt er mit seinem Geschäftspartner Rainer Wendt und Barchef Andrej Busch eine Nachbarschafts-Bar in Hamburg-Eppendorf sowie ein Boilerman im Alten Hafenamt - ebenfalls in einem 25hours Hotel. Ein Ort, der von Anfang an überrannt wurde und wo Szenegänger sich auf Vintage-Perser-Teppichen vor dem Barkeeper drängten.

Seine Münchner Hotelbar liegt anders als die Bars in Hamburg im ersten Stock des Hotels. Auch Perser-Teppiche gibt es hier keine, dafür Kronleuchter, Samtsessel und eine Bibliothek. "Man muss die Leute mit neuen Ideen begeistern", sagt Jörg Meyer. Und er ist zuversichtlich, dass das klappen wird. "Vor allem können wir eines: abliefern."

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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