München:Münchner strafen CSU und SPD auch mit der Erststimme ab

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Obwohl er gegen einen CSU-Neuling antrat, hat Florian Post (SPD) sogar noch Prozentpunkte verloren. (Foto: Robert Haas)
  • Die Direktkandidaten von CSU und SPD haben in München auch bei den Erststimmen deutliche Verluste erlitten.
  • Fast ein Viertel der Stimmen entfiel auf kleine Parteien, die bei Direktmandaten kaum eine Rolle spielen.
  • Weitere Erkenntnis: Bekannte Gesichter können nicht mehr auf den Promi-Bonus setzen.

Von Dominik Hutter

Die Ausgangslage schien nicht so schlecht zu sein. Zwar hat Florian Post, der SPD-Kandidat für den Münchner Norden, schon vor der Wahl prophezeit, am Bundestrend seiner Partei wohl nicht vorbeizukommen. Doch dass es so bitter kommt, war ihm wohl nicht klar. Schließlich konnte Post als Mandatsträger gegen einen CSU-Kandidaten Wahlkampf machen, der zum ersten Mal antrat und außerhalb seiner Partei nicht eben einen Promi-Status genießt. Und das in einem Wahlkreis, der aus der Perspektive der SPD als der aussichtsreichste in Bayern galt.

Gebracht hat das alles nichts. Post hat im Vergleich zu 2013 sogar noch Stimmenanteile verloren - der Verlust entspricht in etwa dem stadtweiten Erststimmen-Minus der SPD. Und der Abstand zu CSU-Konkurrent Bernhard Loos ist immer noch groß.

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Nur: So richtig als Sieger fühlen kann sich auch Loos nicht - wegen der Verluste seiner Partei, aber auch wegen des eigenen Ergebnisses. Johannes Singhammer, der langjährige CSU-Kandidat im Norden, hat 2013 noch 43,2 Prozent der Stimmen geholt, Loos muss sich in etwa mit zehn Prozentpunkten weniger zufrieden geben.

Dafür verantwortlich ist ein stadtweites Phänomen, das bei Bundestagswahlen bisher untypisch war: Der Erststimmen-Kuchen wird in immer mehr Stücke geteilt, und anders als gewohnt, sind die kleinen Portionen diesmal überraschend groß. Die Grünen, bei den Direktkandidaten klassische Nummer drei, sind mit 13,3 Prozent gut unterwegs, die von vornherein chancenlose Kandidatin Doris Wagner hat ihren Anteil sogar noch steigern können.

Ausschlaggebend aber ist etwas ganz anderes: Fast ein Viertel der Erststimmen entfiel auf kleine Parteien, die bei Direktmandaten eigentlich eine untergeordnete Rolle spielen. Im Norden kam Bayerns FDP-Generalsekretär auf etwa zehn Prozent, AfD-Bayernchef Petr Bystron auf mehr als sieben und Ates Gürpinar, der Landeschef der Linken, auf rund sechs Prozent. Die Freien Wähler verloren leicht und bekamen rund 1,6 Prozent.

Zum Vergleich: 2013 hatten Linke und FDP nur jeweils 3,7 Prozent, die Piraten kamen auf 3,2. Die AfD hatte 0,0. Die beiden "Großen" zusammengerechnet kamen damals auf fast 75 Prozent. Diesmal sind es deutlich unter 60.

Bei den Wahlen 2017 hat der Münchner Norden seine Sonderrolle endgültig verloren. Denn die Situation ist in den anderen drei Münchner Wahlkreisen die gleiche: Überall haben die Wähler nicht nur bei der Zweit-, sondern auch bei der Erststimme die Vertreter der Berliner großen Koalition abgestraft. Was eine durchaus ungewöhnliche Taktik ist: Denn trotz des starken Abschneidens der "Kleinen" sind diese Parteien ja weiterhin weit vom Erringen eines Direktmandats entfernt.

Die sonst übliche Taktik, die Erststimme nicht für einen aussichtslosen Kandidaten zu "vergeuden", ist diesmal bei vielen Wählern also ausgefallen. Anders als Zweitstimmen verfallen in jedem Wahlkreis die Erststimmen, die an unterlegene Bewerber vergeben werden. CSU und SPD fahren noch immer bei den Erststimmenanteilen stärkere Ergebnisse ein als bei den Zweitstimmen. Aber der Abstand ist nicht mehr so groß.

Der Promi-Bonus fällt weg

Einen Promi-Bonus hat es bei diesen Bundestagswahlen, zu denen ja auffallend viele neue Kandidaten antraten, nur in sehr geringem Maße gegeben. Wolfgang Stefinger, der einzige CSU-Kandidat, der bereits zum zweiten Mal antrat, hat etwa vier Prozentpunkte mehr errungen als seine Mitstreiter aus der eigenen Partei in den anderen Wahlkreisen.

Seine aussichtsreichste Gegenkandidatin Claudia Tausend, immerhin Chefin der Münchner SPD, langjährige Stadträtin und seit 2013 bereits Bundestagsabgeordnete, hat für ihre Partei das stadtweit schlechteste Erststimmenergebnis eingefahren. Selbst die Neulinge Bernhard Goodwin und Sebastian Roloff, die beide keine lange politische Vorgeschichte aufweisen können, schnitten besser ab. Erststimmen-König der SPD ist Florian Post. Ein Grund zum Jubeln ist das aber wohl nicht. Es geht nur um zwei bis vier Prozentpunkte.

Bei den Grünen ist ein Promi-Bonus schon eher spürbar, aber nur schwach. Dieter Janecek, der sich im Wahlkampf wie im politischen Alltag zu profilieren weiß, hat am besten abgeschnitten. Ex-Landtags-Fraktionschefin Margarete Bause ist Vizin. Aber auch die amtierende Abgeordnete Doris Wagner und der Newcomer Peter Heilrath knackten die 13-Prozent-Marke.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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