Neue Serie: Kommunalwahl in ... (3):Herausforderungen in Puchheim

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Der neue Puchheimer Stadtrat hat eine Menge Projekte vor sich - vom preisgünstigen Wohnraum bis zur Energiewende. Der bisher kooperative Stil könnte bei der Verwirklichung helfen.

Von Peter Bierl

Alle können am Wahlabend in Puchheim Sieger sein, jede Partei sich über einen Zugewinn freuen, zumindest theoretisch. Denn die Zahl der Sitze im Stadtrat wird von 24 auf 30 erhöht, weil die Bevölkerung auf mehr als 20.000 gewachsen ist. Die Steuereinnahmen fließen üppig, die Kommune hat viel Geld auf der hohen Kante. Die Kommunalpolitiker müssen nicht sparen, sondern können Geld ausgeben für ihre Klientel. "So macht Kommunalpolitik Spaß", bemerkte ein Stadtrat bei der Haushaltsdebatte.

Die Schaffung von Wohnraum bleibt Aufgabe der Puchheimer Politik; im Bild die Planie-Hochhäuser an der Adenauerstraße. (Foto: Günther Reger)

Große Verschiebungen sind durch die Wahl nicht zu erwarten, CSU und SPD dürften die größten Fraktionen bleiben, gefolgt von UBP und Grünen. Die Freien Wähler werden wohl wieder im Rat vertreten sein, nachdem ihre beiden Mandatsträger sie 2011 im Streit um die Stadterhebung verlassen haben. Die Wahlbeteiligung könnte mau ausfallen, denn das Amt des Bürgermeisters wurde bereits vor zwei Jahren neu vergeben. Norbert Seidl (SPD) ist durchaus beliebt, weil er auf alle zugeht. "Umarmungsstrategie", nennen das manche hinter vorgehaltener Hand. Aber es gibt derzeit auch keine inhaltlichen Kontroversen von einigermaßen Bedeutung.

Gleichwohl gibt es gewichtige Probleme, die die Kommune zu stemmen hat. Der Zuzug von jungen Familien bedeutet, dass die Infrastruktur weiter ausgebaut werden muss, Krippen, Kindergärten und Schulen. Dazu muss Personal eingestellt werden, das angesichts der hohen Nachfrage und der schlechten Bezahlung der Kindertagesstätten rar ist.

Unter den Neubürgern finden sich viele Flüchtlinge aus dem Irak sowie Menschen, die dem Elend in Südosteuropa zu entrinnen suchen. Sie brauchen Unterstützung bei der Integration, Sprach- und Alphabetisierungskurse, die Kinder viel Zuwendung in den öffentlichen Einrichtungen. Die meisten von ihnen leben im Planieviertel, in Häusern aus den Jahren um 1970, von denen viele marode sind. Die Eigentümer sind große Immobiliengesellschaften, die in anderen Teilen des Landes residieren.

Die Stadt versucht mit dem Mehrgenerationenhaus "Zap" sowie dem Projekt "Soziale Stadt", das aus Bundesmitteln im Rahmen der Städtebauförderung bezuschusst wird, einzugreifen. Das Projekt "Soziale Stadt" wird allerdings nur funktionieren, wenn die großen Immobiliengesellschaften mitmachen und bereit sind, viel Geld in die Sanierung der Wohnblöcke zu stecken. Dafür ist beharrliche Überzeugungsarbeit durch die Kommune erforderlich.

Um dem Mangel an günstigen Wohnungen abzuhelfen, plant der Stadtrat eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft. Vorgesehen ist der Bau eines Hauses mit zwölf Wohneinheiten auf städtischem Grund, wie Grünen-Fraktionssprecher Manfred Sengl unlängst verriet. Die Kosten würden auf 1,7 Millionen Euro geschätzt. Damit sich das rentiert, müsse man eine Nettomiete von 10,50 Euro pro Quadratmeter verlangen, rechnete er vor. Richtig günstig ist was anderes.

Bei allem guten Willen könnten die Stadträte schnell an Grenzen stoßen. Neues Bauland auf der Wiese auszuweisen, lehnen Grüne und UBP strikt ab, es würde das hohe Mietniveau ohnehin nicht senken. Ein wichtiges Projekt in der kommenden Legislaturperiode dürfte die Umgestaltung des alten Reinhold & Mahla-Gewerbegebietes, des Areals der einstigen Hausmüllfabrik, werden. Das Gelände gehört Alois Harbeck.

Die Aufgabe wird darin bestehen, einen ansprechenden Mix aus Gewerbe, Wohnen und Kultur zustande zubringen, trotz des Debakels mit dem Werkstattprojekt "Halle 11". Städtebaulich sollten Relikte der Fabrikarchitektur mit ansprechender moderner Architektur kombiniert werden. Nur wenn Stadt, Eigentümer und Investoren die Herausforderung in diesem zentralen Areal meistern, besteht Aussicht auf eine gelungene Ortsmitte, über deren Umgestaltung der Stadtrat zuletzt weitgehend einig war.

Die Auseinandersetzungen in den Jahren 2010 und 2011 endeten nach einer Bürgerwerkstatt mit einem neuen Konsens: Das Rathaus wird umgebaut und erweitert, der Bürgertreff abgerissen und neu gebaut, die alte Schule saniert, das Jugendzentrum zieht in die umgebaute alte Post um. Allerdings könnte schnell neuer Zwist aufkommen, sollte sich herausstellen, dass die alte Schule nur um einen hohen Preis zu erhalten ist. Die Machbarkeitsstudie wird vor dem Wahltag nicht mehr veröffentlicht. CSU und SPD wollten das Gebäude ursprünglich zugunsten eines neuen Rat- und Bürgerhauses abreißen lassen.

Ein weiteres Problem sind die Autos, sowohl Pendler aus anderen Kommunen, die durch die Stadt fahren, als auch der hausgemachte Verkehr, etwa morgens vor den Schulen und Kindertagesstätten. Verkehr ist in Puchheim ein potenzielles Streitthema, in der Lagerstraße hatte sich deswegen sogar eine eigene Bürgerinitiative formiert und die Kommunalpolitiker eine Zeit lang gepiesackt. Die FW setzen auf einen Citybus, Grüne und Teile der CSU wollten Tempo 40 in der Lagerstraße und ein Fahrverbot für Lastwagen in der Augsburger Straße im Altdorf haben und blitzten damit im vergangenen Dezember bei der Mehrheit ab.

Der Stadtrat einigte sich auf ein umfassendes Verkehrsgutachten für die Kommune und einen Arbeitskreis, an dem sich Bürger, Initiativen, Stadträte und Polizei beteiligen sollen. Vermutlich ist der Streit damit nur aufgeschoben. Die Puchheimer CSU plädiert weiterhin für eine direkte Verbindung für Autos im Zentrum, also für eine Unterführung im Bereich der Josefstraße, was die anderen ablehnen, weil es noch mehr Autoverkehr ins Zentrum locken würde.

Bis 2020 wollte Bürgermeister Seidl die Energiewende in Puchheim schaffen. Er wird sich sputen müssen. Gerade mal sechs Prozent des Stroms erzeugen die Puchheimer derzeit mit Solaranlagen selber. Es gibt keinen Standort für ein Windrad auf städtischer Flur, neue Fotovoltaikfreiflächenanlagen sind unrentabel, seit die schwarz-gelbe Bundesregierung die Vergütung gestrichen hat. Das Projekt Geothermie, von allen Parteien begrüßt, kommt seit Jahren nicht voran, weil die Kosten hoch und private Investoren nur bei Aussicht auf eine satte Rendite einsteigen wollen.

Die Kooperation zwischen allen Parteien im Stadtrat muss keine schlechte Grundlage sein. Die Bürger sollten frühzeitig beteiligt werden, nicht bloß als Alibiveranstaltung, oder um, wie im Fall alte Schule, einen Bürgerentscheid abzufangen.

© SZ vom 24.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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