Flughafen:Eurowings bietet 32 neue Europastrecken von München aus an

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Vier Jets von Eurowings - im Bild ein Flieger in einer Wartungshalle in Hamburg - werden dauerhaft am Münchner Flughafen stationiert. (Foto: Axel Heimken/dpa)
  • Lufthansa-Tochter Eurowings bietet von März 2017 an 32 neue Destinationen in Europa an.
  • Bisher wollte der Konzern die großen Flughäfen in Deutschland, Frankfurt und München, ausschließlich den Lufthansa-Maschinen vorbehalten.
  • Die Konkurrenz reagiert umgehend und weitet ihr Angebot aus.

Von Dominik Hutter, München

Leicht verspätet, dafür aber umso heftiger: Am Münchner Flughafen kommt der Wettbewerb der einst so geschmähten Billigflieger in Schwung. Die in MUC bisher nicht vertretene Lufthansa-Tochter Eurowings bietet von März 2017 an gleich 32 neue Europastrecken zum Kampfpreis ab 29,99 Euro an. Vier Jets werden dauerhaft im Erdinger Moos stationiert, gab Eurowings-Chef Karl Ulrich Garnadt am Mittwoch bekannt.

Der Air-France/KLM-Ableger Transavia, der seit Frühjahr 2016 offenbar mit gutem Erfolg von München aus startet, reagierte umgehend und gab noch am selben Tag eine Ausweitung seines Angebots bekannt. Im nächsten Sommer will der französisch-niederländische Low-Cost-Flieger 21 Ziele von München aus ansteuern.

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Easy-Jet, Vueling, Transavia und nun noch Eurowings - das Sortiment an Billigflügen ist in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen. Und geht es nach Flughafen-Chef Michael Kerkloh, wäre durchaus noch Luft nach oben. Der Ruf des sogenannten Fünf-Sterne-Airports MUC ist bislang eher vom Drehkreuz der Lufthansa und dem Interkontinentalangebot geprägt als durch Schnäppchenpreise. Derzeit liegt der Low-Cost-Anteil in München nur bei fünf Prozent. Rechnet man die neuen Eurowings-Strecken dazu, kommt man auf sieben Prozent. Zum Vergleich: In Hamburg beträgt dieser Anteil 20 Prozent, in Köln/Bonn sogar 69 Prozent. Dafür ist dort aber das Langstreckenangebot ziemlich bescheiden.

Auch der Lufthansa-Konzern beschreitet mit dem Eurowings-Angebot neue Wege. Bislang galt die Prämisse, die großen Drehkreuze Frankfurt und München den "klassischen" Lufthansa-Maschinen vorzubehalten. Günstig-Ableger wie Eurowings waren für Airports zweiter Kategorie reserviert. Nun aber gelten nicht einmal mehr Eurowings-Langstreckenflüge von München aus als utopisch.

Garnadt, in den Nullerjahren Drehkreuz-Manager der Lufthansa im Erdinger Moos, hat dies auf längere Sicht auf der Agenda. Als Option freilich nur. Eurowings habe derzeit genug damit zu tun, Brussels Airlines sowie 33 Flugzeuge samt Besatzungen des wirtschaftlich schwächelnden Konkurrenten Air Berlin ins Unternehmen zu integrieren.

Billigflüge sollen Lufthansa-Sortiment ergänzen

Die 32 neuen Flugziele sind erkennbar um das vorhandene Lufthansa-Sortiment herum gestrickt. Vor allem klassische Sonnenziele im Mittelmeerraum sind dabei, ein paar griechische Inseln und Thessaloniki beispielsweise, Olbia auf Sardinien, Neapel, Palermo oder Ibiza. Dazu kommen einige Großstädte: London etwa, Edinburgh, Paris, Rom und Amsterdam. Die Tickets gibt es in drei Preisklassen - je nach Service, Sitzkomfort und Gepäck.

Das Tempo, das Eurowings nun vorlegt, überrascht selbst Flughafenchef Kerkloh, der eigentlich erst in einigen Jahren mit ersten Anfragen der Airline gerechnet hätte. Offenbar ist den Lufthanseaten aber die starke Konkurrenz durch Transavia und Co. nicht mehr geheuer. Zudem wächst Eurowings nicht zuletzt durch die Übernahme der Air-Berlin-Maschinen derzeit sehr stark, so dass ausreichend Kapazitäten für die Ausdehnung auf München zur Verfügung stehen.

Als preisgünstige Alternative zu den Lufthansa-Zubringern sieht sich Garnadt nicht. Zwar soll Eurowings ebenfalls am Terminal 2 abgefertigt werden, und das Umsteigen auf eine Lufthansa-Langstrecke ist nicht nur möglich, sondern zweifellos auch erwünscht. Die Flugpläne sind aber nicht aufeinander abgestimmt, Eurowings spielt im komplizierten Drehkreuzsystem der Lufthansa keine Rolle. Was für den Passagier konkret bedeutet: Es kann sein, dass die Wartezeit auf den Anschlussflug etwas länger ausfällt.

Nur diese Unabhängigkeit von den Lufthansa-Flugplänen hat Kerkloh zufolge den Eurowings-Coup überhaupt möglich gemacht. "Ich glaube nicht, dass wir noch sehr viele Reserven haben", erklärte der Manager, der seit Jahren kaum eine Möglichkeit auslässt, für den Bau einer dritten Start- und Landebahn zu werben. "Eurowings hat es gerade noch geschafft." Eigentlich sei die Kapazität des Bahnsystems weitgehend ausgeschöpft, Kerkloh rechnet mit "weit über 400 000 Flugbewegungen" in diesem Jahr. Damit nähert sich der Airport allmählich wieder dem Rekordjahr 208 an, als gut 430 000 Flugzeuge starteten oder landeten.

Kerkloh räumt ein, dass Eurowings - wie alle Neulinge - eine "zeitlich begrenzte Marketingunterstützung" erhalte. Sprich: vom Flughafen gesponsort wird. Dies sei normal und bedeute nicht, dass man sich Flüge erkaufe. Dies sei auch gar nicht möglich - Luftverkehr entstehe durch Nachfrage der Passagiere. Die Landtags-Grünen kritisierten dies dennoch als "unlautere Subvention" und warfen Kerkloh vor, um jeden Preis Verkehr erzeugen zu wollen. München verkomme zur "Start-und Landepiste für Billigheimer".

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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