Einkaufen in München:Die Fußgängerzone spricht arabisch

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  • Ausländische und insbesondere arabische Touristen tragen zum Vier-Milliarden-Euro-Umsatz der Münchner Fußgängerzone einen immer größeren Anteil bei.
  • Russen dagegen bleiben aus, das bekommen vor allem die Nobelmeilen zu spüren.
  • Nun soll eine App entwickelt werden, über die Kunden in Geschäfte gelotst werden können.

Von Katja Riedel, München

Manchmal müssten Kassiererinnen ihre arabischen Kunden vor sich selbst und somit vor dem leibhaftigen Teufel schützen, erklärt Eduard Schöwe, einer der Geschäftsführer von Galeria Kaufhof am Münchner Marienplatz. Der Teufel stecke nämlich im Detail, und zwar im Alkohol, versteckt in Süßigkeiten, die jene Touristen Freunden in der Heimat mitbringen wollten.

Für strenggläubige Muslime sind das verbotene Mitbringsel - ein kultureller Fauxpas, vor dem Schöwe und seine Mitarbeiter die Kunden tunlichst bewahren wollen. Aus 36 Ländern stammen seine Kaufhof-Mitarbeiter, sagt Schöwe. Und er ist sichtlich stolz auf die kulturelle Kompetenz, mit der die Angestellten ihrer immer internationaler werdenden Kundschaft begegnen möchten. Eines von vielen Beispielen.

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Denn solche Beispiele werden für die Zukunft des Innenstadthandels immer wichtiger. Nicht nur bei Galeria Kaufhof, überall in der Münchner Innenstadt werden ausländische und insbesondere arabische Touristen immer bedeutsamer; sie tragen zum Vier-Milliarden-Euro-Umsatz der Münchner Fußgängerzone einen immer größeren Anteil bei. Gestiegene Aufmerksamkeit widmet ihnen der Handel, seit Kunden aus München und dem Umland seltener in Ladengeschäfte gehen, sondern mehr im Internet bestellen. Wie insbesondere Touristen aus arabischen Staaten in München einkaufen, zeigt nun eine Studie der BBE Handelsberatung.

Der Handelsverband Bayern hat diese in Auftrag gegeben und am Mittwoch in München vorgesellt. Denn arabische Gäste sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: 367 Euro am Tag geben Touristen aus Saudi-Arabien, Dubai und anderen Staaten in München aus - und sie bleiben im Schnitt 12,5 Nächte. Es ist deutlich mehr Geld als noch 2012, als BBE Gäste aus diesen Ländern zum ersten Mal befragt hatte. Und die Gäste bleiben auch länger. Von Januar bis Ende September haben 304 000 arabische Touristen in München übernachtet - ein Fünftel mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Dafür kamen nur noch halb so viele Russen wie zuvor - ein massiver Einbruch, den vor allem die Nobelmeilen zu spüren bekommen, in München sind dies vor allem die Theatiner- und Maximilianstraße. Kriegerische Auseinandersetzungen, noch viel mehr aber die Rubel-Krise halten sie fern; kompensieren konnten den Einbruch vor allem Asiaten, allen voran Chinesen, die in München am liebsten Markenware, ganz besonders Haushaltswaren und Koffer für die ganze Familie ordern. Für die teuren Uhren und den Schmuck, den die Russen bevorzugen, gibt es bisher keine Ersatzkundschaft.

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Die arabischen Kunden, die der aktuellen Studie zufolge vor allem zum Urlaub nach München kommen, nennen zwar als Hauptaktivität Einkaufen. Besonders gern schlagen sie aber nicht bei Juwelieren zu und auch nicht in den kleinen Boutiquen internationaler Designer, sondern sie erstehen ihre Markenkleidung eher in der Fußgängerzone. Zudem interessieren sie sich für Drogerieartikel und Schuhe. Die suchen sie in durchschnittlich neun Geschäften. Und die zählen immer stärker zum mittleren Preissegment, viel seltener zur reinen Luxuskategorie.

Fast alle Befragten planten, während ihres Shoppingtages die Kaufinger- und Neuhauser Straße zu besuchen. Die teure Maximilianstraße hat gegenüber der Studie vor drei Jahren an Attraktivität verloren: Nur 44 Prozent der arabischen Kunden planten, dort einzukaufen (2012: 70 Prozent). Wo die Touristen ihre Kleider und Parfüms erstehen, recherchieren sie vor allem im Internet - schon von zu Hause aus, aber auch während ihres Urlaubs. 66 Prozent gaben an, dass sie sich in München online über Einkaufsmöglichkeiten schlau machen; 2012 war das noch vollkommen unüblich.

Für Sebastian Deppe, der die Studie verantwortet, ist damit ein klarer Auftrag für Stadt und Innenstadthändler verbunden: eine gemeinsame App zu entwickeln, über die Kunden in Geschäfte gelotst werden. Denn lernen will der Handel aus Umfragen wie diesen. Bemängelte vor drei Jahren noch ein Fünftel, dass die Verkäufer ihnen auf Englisch nicht weiterhelfen konnten, ist dieses Problem inzwischen nahezu ausgeräumt.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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