Amtsgericht Dachau:Nachtreten ist keine Notwehr

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Zwei Jugendliche prügeln sich auf dem Heimweg. Das Ergebnis: Platzwunden, Veilchen - und jetzt auch eine Bewährungsstrafe.

Gregor Schiegl

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der junge Mann aus Erdweg wegen einer Schlägerei unter Alkoholeinfluss vor Gericht verantworten muss. Aber es war das erste Mal, dass er als Erwachsener im strafrechtlichen Sinne die Anklagebank des Amtsgerichts Dachau drückte. Wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilte ihn Richter Lukas Neubeck am Mittwoch zu acht Monaten Haft auf Bewährung und stellte ihm gleich noch einen Bewährungshelfer zur Seite. "Sie haben hier nicht den besten Eindruck gemacht", sagte Neubeck.

In der Verhandlung gab sich der 22-jährige Erdweger völlig geläutert. Er habe jetzt eine Wohnung im Landkreis Fürstenfeldbruck, habe eine Lehre begonnen. Alkohol trinke er keinen, "im Moment ist mir nicht so danach". Er spare das Geld lieber. Wofür, wusste er auf Nachfrage nicht recht zu sagen. Die Mutter half von der Zuschauerbank aus und rief: "Er wünscht sich ein Fahrrad." Als bevorzugte Freizeitbeschäftigung gab der Angeklagte "Spazierengehen" an. Der Richter fand das merkwürdig.

So wie seine ganze Geschichte über das, was sich an jenem Abend im April vergangenen Jahres ereignet hat: Der Angeklagte war abends angetrunken mit einem Kumpel am Bahnhof Erdweg angekommen. Der Andere hatte offenbar noch einiges mehr getankt. Auf dem Heimweg war es zum Streit gekommen. Bilanz: ein Veilchen beim Angeklagten eine gerissene Daumensehne, eine Prellung und zwei Platzwunden am Hinterkopf des Kontrahenten. Sie stammen offenbar von Tritten, die der Angeklagte seinem ihm versetzt hatte, als dieser schon am Boden lag.

Der Angeklagte berief sich auf Notwehr. Der Andere habe ihn zuerst angegriffen. Weglaufen habe er nicht können, der andere sei ihm hinterhergerannt. Da habe er sich verteidigen müssen. Bei der Rangelei sei der andere zu Boden gegangen. Die Verletzungen habe er sich wohl auch beim Fall auf den Kies zugezogen. Allerdings räumte der Angeklagte ein, dass er den am Boden Liegenden wohl auch getreten habe. Aus Sicht des Richter war die Sache damit klar. "Die Situation war nicht durch Notwehr gedeckt."

An die Version von der Notwehr mochte Lukas Neubeck ohnehin nicht recht glauben. Da sollte der Angeklagte einem Burschen nicht davonlaufen können, von dem er behauptete, er habe gestützt werden müssen, um überhaupt nach Hause zu kommen? Die Schilderungen des Opfers, es habe noch versucht, mit den Händen den Kopf zu schützen, erschienen dem Richter weitaus plausibler. Die Verletzungen passten auch in dieses Bild.

Kein halbes Jahr vor diesem Fall hatte sich der junge Mann schon einmal geprügelt. Er bekam damals eine Jugendstrafe wegen Körperverletzung.

© SZ vom 03.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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