"Bar Giornale":Mit Ruhe und Genussfreudigkeit

Albrecht Weinzierl und Rudi Kull in der "Bar Gironale" in München, 2011

Die Wirte Albrecht Weinzierl (l.) und Rudi Kull folgen in der "Bar Giornale" dem Prinzip der "kleinen Karte".

Früher trafen sich hier Münchens Prominente, nun wollen hier zwei stadtbekannte Wirte an alte Erfolge anknüpfen. In der Leopoldstraße hat das italienische Restaurant "Bar Giornale" eröffnet, das Essen ist überwiegend exzellent. Nur warum ein Gast Baldrian-Tabletten benötigt, bleibt ein Rätsel.

Von Lisa Sonnabend

Warum ein Gast auf der Toilette eine Baldrian-Tablette nehmen musste, ist nicht ganz verständlich. Denn in dem Restaurant Bar Giornale in der Leopoldstraße geht es nicht hektisch und laut, sondern recht entspannt und ruhig zu. Die Packung Beruhigungsmittel, die auf der Damentoilette liegengeblieben ist, ist definitiv fehl am Platz. Auch andere Arzneien wie beispielsweise Magenbitter oder Kohletabletten kann man bei einen Besuch in dem neuen Lokal in Schwabing getrost daheim lassen.

In den achtziger Jahren residierte in der Leopoldstraße 7 das von Klatschkolumnist Michael Graeter betriebene Café Extrablatt. Hier traf sich die Münchner Prominenz und Schickeria, Monaco-Franze-Darsteller Helmut Fischer oder Regisseur Rainer Werner Fassbinder. Zuletzt war hier für ein paar Jahre die Sportsbar Formula 1 eingerichtet, die glamourösen Zeiten hatte das Eck zwischen Universität und Giselastraße längst hinter sich. Und nun wollen hier zwei stadtbekannten Wirte an alte Erfolge anknüpfen.

Rudi Kull und Albert Weinzierl betreiben bereits das Brenner, die Pizzerien Riva oder die Bar Centrale. Der Name Bar Giornale, italienisch für Zeitung, spielt auf Graeters Lokal an, aber auch an die gut laufende Bar Centrale in der Altstadt. Das Konzept der Wirte scheint aufzugehen. Ende Juli 2011 eröffnete das Lokal und nun ist es bereits meist so gut besucht, dass sogar unter der Woche ohne Reservierung nur schwer ein freier Platz zu bekommen ist.

Vorne ist ein Barbereich, in dem vor allem Sprizz, Hugo und andere Drinks serviert werden. Im hinteren Bereich stehen etwa zwanzig Tische. Die Wände sind mit dunklem Holz vertäfelt, auch die Möbel sind braun, von der Decke hängt ein riesiger Kronleuchter. Es sieht aus wie einem Wohnzimmer aus den siebziger Jahren. Ein wenig arg altbacken und gediegen, aber durchaus gemütlich.

Die Musik ist angenehm leise. Worüber die Nachbarn sprechen, bleibt dennoch deren Geheimnis, da die Tische weit genug auseinander stehen. Die gepolsterten Spaghetti-Stühle sind bequem. Und das Essen? Nicht gerade billig, aber ausgezeichnet.

Die Bar Giornale folgt dem Prinzip der "kleinen Karte". Die Auswahl ist nicht groß, aber die Gerichte wechseln täglich. Pasta, Fisch und Fleisch stehen auf der Karte - aber es gibt nicht mehr als zehn Hauptgerichte zur Auswahl. Nach einem Schluck Prosecco (ausgezeichnet prickelnd, 0,1 Liter für 4,50 Euro) nehmen wir einen Happen von "Tortino patate", einem getrüffelten Kartoffeltörtchen mit Waldpilzen (9,50 Euro). Schon die Bewegung mit der Gabel hin zum Törtchen, bei der sich auch der Kopf dem Gericht nähert, ist ein Erlebnis: Der Trüffelgeruch zieht in die Nase. Und der erste Bissen enttäuscht nicht: frische Pilze, reichlich Trüffel und ein zartes Kartoffelgeschmack. Auch das Avocado-Tatar mit Garnelen (13,50 Euro) überzeugt. Die Avocado dezent und saftig, die Schalentiere nicht minder dezent und knackig.

Nun wird es Zeit für einen Schluck Wein. Der Chardonnay (6,40 Euro für 0,2 Liter) ist ausdrucksstark und angenehm trocken und auch der Lugana (6,80 Euro für 0,2 Liter) schmeckt, wie ein Lugana schmecken soll - leicht und fruchtig-trocken. Unterdessen eilen die Kellner in schicken weißen Hemden von Tisch zu Tisch. Einer hebt unseren Stuhl in die Höhe, will ihn an einen anderen Tisch stellen, merkt, dass er doch nicht benötigt wird, und bringt ihn wieder zurück. Wenige Minuten später kommt ein anderer Kellner und vollzieht das gleiche Schauspiel noch einmal. Der Stuhl bleibt uns - genau wie die Erkenntnis, dass das Team sich noch ein wenig aufeinander einspielen muss, um mit der Qualität des Essens mitzuhalten.

Ein Kaninchen, ein Wolfsbarsch und eine negative Überraschung

Als Hauptgericht wählen wir "Coniglio", Kaninchen mit Oliven und Artischocken (14,50 Euro). Das Fleisch saftig und reichlich, die Oliven und Artischocken harmonieren dazu nahezu perfekt. Als Beilage wird eine Gemüseplatte (3,80 Euro) gereicht, reichlich Bohnen und Karotten, die allerdings nicht weiter der Erwähnung wert sind.

Das zweite Gericht "Branzino", Wolfsbarsch mit Waldpilzen (16,50 Euro). Dazu haben wir einen saftigen Tomatensalat gewählt (3,80 Euro). Die beiden Fischfiletstücke thronen über den Waldpilzen - ein herrlicher Anblick, ein herrlicher Geschmack. Der Fisch zart und saftig, die Pilze frisch und intensiv.

Nur mit dem Brot wird in der Bar Giornale gegeizt, was doch sehr verwundert, schließlich ist es eine recht billige Zutat. Die Scheiben im ersten Korb sind trocken, die im zweiten so wenige, dass wir am liebsten gleich die dritte Runde bestellt hätten.

Am Ende erleben wir dann doch noch eine richtig negative Überraschung. Die Panna Cotta (4,50 Euro) ist ein wenig lieblos hergerichtet, nicht mit frischen Früchten, sondern nur mit einer Fruchtsauce überzogen und schmeckt nicht viel besser als selbst angerührt aus einer Fertigpackung. Aber zu sehr regen wir uns darüber nicht auf, schließlich haben wir zuvor gut gespeist. Darauf einen Averna (4,50 Euro). Baldrian-Tabletten benötigen wir nicht.

Bar Giornale, Leopoldstraße 7, täglich 8 - 1 Uhr, www.bar-giornale.de, Tel.: 089/332000, morgens Frühstück, mittags Mittagsmenüs, abends à la Carte.

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