Comedy-Serie "Komm schon!" im ZDF:"Ich habe eine Lackhose-Intoleranz"

Komm schon!

Vera (Katja Danowski) und ihr Mann Michael (Samuel Weiss) lieben sich sehr. Aber die Tipps der Sexualtherapeutin haben sie nicht viel weiter gebracht.

(Foto: ZDF/Peter Drittenpreis)

Das ZDF hat eine sehr lustige Serie über das Leben einer Sexualtherapeutin gedreht und beschlossen, sie möglichst gut vor dem Publikum zu verstecken.

Von Katharina Riehl

Im Bett von Anette und Oliver ist außer schlafen nicht mehr viel los, und wer weiß, vielleicht war es das ja auch nie. Anette jedenfalls liest in Tantra-Büchern, doch ihre Studienergebnisse interessieren Oliver eher mäßig; nur das Buch findet er erregend, sobald Anette den Raum verlassen hat, und er mir den Bildern und sich selbst alleine ist. Und weil das Klischee es nun einmal so will, dass Psychologen immer den größten Hau haben und Ärzte sich selbst für unverwundbar halten, ist Anette von Beruf natürlich Sexualtherapeutin.

Soweit die Ausgangslage, die sich - so aufgeschrieben - ziemlich erwartbar anhört, besonders wenn man ja weiß, wie wahnsinnig bräsig deutsches Fernsehen meistens aussieht, gerade wenn es gerne lustig sein möchte. Tatsächlich aber ist die vierteilige Serie Komm schon!, die das ZDF erst sehr erfolgreich auf ihrem Digitalsender Neo versteckte und nun dem Massenpublikum in seinem Hauptsender spätnachts zwischen 0.05 Uhr und 1.20 Uhr zugänglich macht, so ziemlich das lustigste, was ein öffentlich-rechtlicher Sender zuletzt so hervorgebracht hat.

Man versuchte sich an Selbstironie

Entstanden ist Komm schon! in der Redaktion des Kleinen Fernsehspiels, wo man sich in den vergangenen Jahren immer mal wieder hübsche, kleine Serien ausgedacht hat. Man versuchte sich in Mainz zum Beispiel an Selbstironie und ließ Sascha Hehn in Lerchenberg um eine späte Karriere kämpfen. Zuvor schon lief die Bibel-Satire Götter wie wir, später folgte Eichwald, MdB, die Geschichte aus dem Leben eines Bundestagsabgeordneten.

Das alles sind Beispiele aus derselben Redaktion in Mainz, und doch lässt sich an ihnen ziemlich genau ablesen, wie es grundsätzlich so bestellt ist um die neue deutsche Serie. Es gibt die guten Autoren, Regisseure und Schauspieler, man muss sie nur machen lassen, und in komödiantische Formaten lässt sich das leichter beweisen als in großen Drama-Serien. Weil sie billiger herzustellen sind, und den Sendern wird keine große finanzielle Risikobereitschaft abverlangt wird. Aber wenn dann mal wirklich etwas Gutes gelingt, wird es unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesendet, weil es ja sein könnte, dass die Quote für eine Sex-Comedy schlechter ausfällt als zum Beispiel die für einen Kriminalfilm mit Hannelore Hoger.

Dass die RTL-Serie Deutschland 83 am vergangenen Donnerstag quotenmäßig vom ZDF-Dauerbrenner Die Bergretter abgehängt wurde, macht einen ja weniger wegen der Tatsache an sich depressiv als wegen der Lehre, die in den Sendern sehr wahrscheinlich daraus gezogen wird. Dass Experimente nur Geld kosten und das Bewährte besser ankommt. Bei RTL, wo Geld mit Werbung verdient wird, mag das anders sein; dem ZDF könnte eine geringe Quote hier und da völlig wurscht sein.

Komm schon! also, die vor allzu neugierigen Blicken gut versteckte Serie, erzählt von Anette (Marlene Morreis), ihrer erotikbereinigten Beziehung zu Oliver (Thomas Niehaus) und von den Klienten, die ihre sexuellen Flops in Anettes Praxis tragen.

"Sie haben so ein tolles Lachen, ich würde Sie am liebsten direkt in den Keller sperren"

Da ist zum Beispiel Jens (Ole Fischer), der Frotteur, den es erregt, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln an anderen Menschen zu reiben. Aber nur, wenn sie bestimmte Textilien tragen ("Ich habe eine Lackhose-Intoleranz"). Es passiert nicht viel in diesen vier Folgen, und es wird nicht einmal übermäßig viel gesprochen. Aber wenn einer etwas sagt, dann so Sätze wie Jens, der Frotteur, zu einer Frau beim therapeutisch verordneten Dating-Versuch: "Sie haben so ein tolles Lachen, ich würde Sie am liebsten direkt in den Keller sperren."

Alles kommt langsam daher in dieser Serie (Buch: Lena Krumkamp; Regie: Esther Bialas, Nathan Nill), der Humor schleicht eher schüchtern um die Ecke, und genau das ist so großartig.

Schade nur, dass das ZDF seinerseits offenbar direkt das Bedürfnis hatte, diese tolle Stück Fernsehen in den Keller zu sperren.

Komm schon!, ZDF, Nacht zu Dienstag, alle vier Folgen von 0.05 Uhr an.

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