RTL-Dschungelcamp 2018:Dschungelcamp-Finale: "Ich bin die Jenny, das ist alles, was ich bin"

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Sollten Sie sich dieses Gesicht merken? Eher nein. (Im Bild: Jenny Frankhauser, Halbschwester von Daniela Katzenberger und Dschungelkönigin 2018) (Foto: 16; RTL/Stefan Menne)

Jenny Frankhauser ist keine Ex-Sportlerin, war nie mit einem Promi verheiratet und noch nicht mal beim "Bachelor". Damit ist sie eine würdige Dschungelkönigin in einem Jahr ohne Stars bei "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!".

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Wenn RTL die Dschungelcamp-Teilnehmer "Stars" nennt, ist das natürlich ironisch gemeint. Und es mag auch ein bisschen Ausdruck von Hilflosigkeit sein: Wie soll man jemanden bezeichnen, der mal mit einem bekannten deutschen Schauspieler verheiratet war oder den zweiten Platz in einer Castingshow gemacht hat? K-Promi? Könnten Sie kennen, weil ... Oder W-Promi? Wer zum Teufel soll das sein? Aber auch hier sind die Möglichkeiten endlich, das deutsche Alphabet hat eben nur 26 Buchstaben. Darum "Stars". Und der Zuschauer denkt sich seit zwölf Staffeln die Lieblingsmimik von Moderatorin Sonja Zietlow dazu: ein dramatisches "Zwinker-Zwinker".

Schwierig wird es allerdings, wenn selbst die Camper nicht mehr durchblicken, wer mit wem verwandt und deshalb relevant ist. "Costa Cordalis, kennste nicht?", sagt Internetunternehmerin Jenny Frankhauser im Finale von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! zu Sänger Daniele Negroni. Costa Cordalis, erklärt Jenny, das sei doch der Schwiegervater von ihrer Halbschwester, der erste Dschungelkönig überhaupt, der mit: "Ich fand sie irgendwo, allein in Mexiko - Aniiita"! Daniele rauft sich das schlumpfblaue Haar. Wer will es ihm verdenken?

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Die jüngste Ausgabe des RTL-Quotengaranten war nicht nur für die zwölf Camper eine Herausforderung, die 16 Tage lang mit Entbehrungen und Ekel-Prüfungen leben mussten. Auch der Zuschauer war in diesem Jahr mehr gefordert als sonst. Brechreiz unterdrücken vor dem Fernseher, wenn Daniele Negroni ein Stück Schweineschnauze wieder hochkommt? Obligatorisch - geschenkt. In diesem Jahr galt es, sich die Biografien sämtlicher Kandidaten zu erarbeiten. Möglichst bevor der erste Camper den Dschungel wieder verlässt und die Mühe umsonst war. Weil die betreffende Person erneut im Nebel des Nicht-Medialen verschwindet.

Billig im Einkauf, leicht in der Handhabung

Zu den bekannteren Teilnehmern gehörten da noch Ex-Fußballer Ansgar Brinkmann, Schönheitschirurgenwitwe Tatjana Gsell und Natascha Ochsenknecht, Ex-Frau von Schauspieler Uwe Ochsenknecht. Keine Ironie. Außerdem im Camp: ehemalige Kandidaten diverser Reality-TV-Formate (Daniele Negroni: DSDS, Kattia Vides: Der Bachelor; David Friedrich: Die Bachelorette, Matthias Mangiapane: Ab ins Beet, Hot oder Schrott - Die Allestester, Das Sommerhaus der Stars). Oder wie es intern bei RTL heißen könnte: recycelbares Menschmaterial, billig im Einkauf, leicht in der Handhabung, weil bereits darauf konditioniert, sich vorführen zu lassen.

Da mutet die finale Entscheidung des Publikums fast salomonisch an. Wer hätte den Titel "Dschungelkönigin" mehr verdient als Jenny Frankhauser? Jene junge Frau, die dem Zuschauer das Äußerste abverlangte. Sie ist keine Leistungssportlerin, Schauspielerin oder Sängerin, die ihre Karriere bereits hinter sich hat. Sie war nie mit einem prominenten Mann verheiratet. Sie war noch nicht mal beim Bachelor. "Ich bin die Jenny, das ist alles, was ich bin", sagt die 25-Jährige im Finale.

Für die RTL-Caster war Jenny selbstverständlich jemand anders, nämlich: die jüngere Halbschwester von Daniela Katzenberger. Die wiederum ist so etwas wie die Königin jener Fernsehpersönlichkeiten, bei denen niemand so richtig weiß, was sie fürs Fernsehen qualifiziert. Sie sind da, weil sie da sind. Daniela Katzenberger ist außerdem mit Luca Cordalis verheiratet, dem Sohn von Schlagersänger Costa Cordalis. Erster Dschungelkönig, "Anita", Sie wissen schon.

Aber zurück zu Jenny. Die hat nicht nur Vitamin B, sondern auch ein eigenes Business. Sie ist Besitzerin eines Online-Shops für Handyhüllen und "macht Youtube". Für ihre Teilnahme an der Show nannte sie vorab zwei Gründe: Sie wolle sich von ihrer Schwester emanzipieren und Gewicht verlieren. In der letzten Sendung verriet Jenny dann noch, dass auch ihre Mutter eine Rolle gespielt habe. Die habe ihr gesagt: "Werd' erwachsen, geh' in den Dschungel." Krass, sei das gewesen, sagt Jenny. Der australische Busch. Ganz allein. "Wenn was ist, meine Mama kann mir nicht helfen."

Man mag an dieser Stelle das denken, was Schlagersängerin Tina York, 63, die dritte Finalistin, aussprach: "Ich war mit 25 schon unterwegs ohne meine Mama." Oder man guckt sich Jenny Frankhauser in ihrer finalen Dschungelprüfung an, fixiert in einer Plexiglasvorrichtung, umgeben von Riesenkakerlaken, Skorpionen und Spinnen. Man schaut auf ihr erbärmlich zitterndes linkes Knie und weiß: Diese junge Frau leidet wirklich. Für ein bisschen Medienpräsenz, für einen Phantasietitel, für eine Ahnung von Ruhm. Die 38 Jahre ältere Tina York sagt übrigens, nachdem sie zehn Minuten in einer Grube mit Kakerlaken und 30 Schlangen verbracht hat: "Ich freu' mich total, ich bin kein Weichei!"

Ja, Jenny Frankhauser ist eine würdige Dschungelkönigin. Eine perfekte Repräsentantin all jener Menschen, die sich von RTL alles nehmen lassen - Privatsphäre, Selbstbestimmung, Würde - in der Hoffnung, dass der Sender sie neu erschafft. Ihnen ein Helden-Narrativ schreibt, weil sie tapfer die Bisse von Feuerameisen ertragen haben, in eine Grube mit Schlangen geklettert sind oder Tier-Genitalien runtergeschluckt haben.

Man vergisst, dass sie tatsächlich Menschen sind

"Kann es sein, dass du ein bisschen mit den Tränen kämpfst?", fragt Moderator Daniel Hartwich Daniele Negroni vor dessen finaler Ekel-Ess-Prüfung. "Ja", sagt der 22-Jährige. Man möchte ihn gerne in den Arm nehmen in diesem Augenblick.

Es ist einer jener seltenen Momente, der offenbart, wie viel ein Format wie das Dschungelcamp seinen Teilnehmern abverlangt. Die Mensch-Darsteller des Reality-Fernsehens sind mittlerweile so professionell, dass man mitunter vergisst, dass sie tatsächlich Menschen sind. Daniele findet nach bestandener Prüfung schnell zurück in die Rolle des Entertainers: "Ich habe ein Problem: Keine Frau auf der Welt wird mich mehr küssen."

Jenny Frankhauser sagt nach ihrer Krönung im Baumhaus das Übliche. "Ich bin mega stolz." / "Vielen, vielen Dank!" / "Das hab' ich nur euch zu verdanken." Das macht aber nichts, der entscheidende Satz fiel schon Stunden zuvor am Lagerfeuer: "Man sagt: Das Schicksal mischt die Karten, aber du spielst das Spiel." Wie gesagt: Jenny Frankhauser ist eine würdige Dschungelkönigin.

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