Gerichtsurteil:Springer-Verlag muss Kachelmann Rekord-Schmerzensgeld zahlen

Jörg Kachelmann

Jörg Kachelmann auf einem Archivbild vom Februar dieses Jahres

(Foto: dpa)

Der frühere Wetter-Moderator war gegen "Bild" vor Gericht gezogen. Jetzt werden ihm 635 000 Euro zugesprochen. Aber nicht nur Kachelmann sieht sich als Gewinner.

Der ehemalige Wettermoderator Jörg Kachelmann soll vom Springer-Konzern Schmerzensgeld in Rekordhöhe erhalten. Das Landgericht Köln hat das Medienhaus zur Zahlung von 635 000 Euro verurteilt, weil die Springer-Presse während des Vergewaltigungsprozesses gegen Kachelmann seine Persönlichkeitsrechte verletzt habe. Das bestätigten am Mittwoch sowohl der Anwalt des Moderators als auch eine Springer-Sprecherin. Es ist das höchste Schmerzensgeld, das in Deutschland je in einem vergleichbaren Fall gezahlt wurde.

Kachelmann war der Vergewaltigung einer ehemaligen Geliebten beschuldigt und 2011 freigesprochen worden. Wegen der Berichterstattung in Bild und anderen Springer-Blättern, die Details aus seinem Privat- und Sexualleben veröffentlichten, hatte er eine Entschädigung von 2,25 Millionen Euro verlangt.

Das Landgericht teilte mit, Kachelmann sei unter anderem "durch die Preisgabe von Informationen über sein Sexualleben" und "durch die teilweise wörtliche Veröffentlichung seines SMS- und E-Mail-Verkehrs" von der Springer-Presse "in seiner Intimsphäre, seinem informellen Selbstbestimmungsrecht und seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden". Ein berechtigtes Informationsinteresse der Allgemeinheit konnte das Gericht nicht erkennen. Zudem habe es in der Berichterstattung unzulässige Vorverurteilungen Kachelmanns gegeben, der nun als "frauenverachtender und gewaltbereiter Mensch" stigmatisiert sei.

Springer wird wohl in Berufung gehen

"Herr Kachelmann musste die schlimmste Hetzkampagne der deutschen Presserechtsgeschichte über sich ergehen lassen", sagte Kachelmanns Anwalt Ralf Höcker. "Sein Ruf wurde durch Bild & Co. vollständig ruiniert. Dieses Urteil ist die Quittung. Es wird hoffentlich abschreckende Wirkung auf den Boulevard haben."

Kachelmann hatte Hunderte Berichte beanstandet, die unwahr gewesen seien oder seine Persönlichkeitsrechte verletzt hätten, berichtet meedia.de. Das Gericht bestätigte 38 schwerwiegende Verletzungen in verschiedenen Springer-Medien.

Eine Kampagne der Springer-Presse gegen Kachelmann, wie dieser sie beklagt hatte, bestätigte das Gericht allerdings nicht. Darauf bezog sich der Springer-Verlag in einer Mitteilung: Das Landgericht habe deutlich gemacht, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Bild "vorsätzlich und mit Schädigungsabsicht" gehandelt habe. Der Medienrechtler des Verlagshauses, Claas-Hendrik Soehring, sagte, "von den absurd hohen Forderungen" Kachelmanns sei nur ein Bruchteil übrig geblieben. Damit versucht auch Springer, zumindest ein bisschen als Gewinner dazustehen. Berufung einlegen wolle man trotzdem, erklärte Soehring.

Auf Twitter verkündet Kachelmann, dass die Entschädigungssumme mit Zinsen sogar 800 000 Euro betrage - und dass die Arbeit seiner Anwälte "leider immer noch nicht abgeschlossen" sein werde.

Springer ist nicht der einzige Konzern, gegen den Kachelmann vorgegangen ist. Mit dem Burda-Verlag hat er sich im Mai außergerichtlich geeinigt.

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