"Meteora" im Kino:Sprache einer verbotenen Liebe

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Der griechische Mönch Theodoros (Theo Alexander) und die russisch-orthodoxe Nonne (Tamila Koulieva-Karantinaki) in einer Szene von "Meteora". (Foto: Kairos Filmverleih)

Das magische Liebesdrama "Meteora" des griechischen Filmemachers Spiros Stathoulopoulos handelt von der unmöglichen Beziehung zwischen einer Nonne und einem Mönch. Der Film lässt sich durchaus als Kommentar zur Diskussion um das Zölibat und die Missbrauchsskandale in der Kirche lesen.

Von Anke Sterneborg

Auf dem halben Weg zum Himmel liegen die mittelalterlichen Klosteranlagen in den Bergen Thessaliens, in denen der junge griechische Regisseur Spiros Stathoulopoulos seinen zweiten Spielfilm gedreht hat - sie scheinen aus den hochragenden Sandsteinfelsen herauszuwachsen.

"Metéora", das sind zunächst mal die zum Weltkulturerbe gehörenden Felsenklöster. Den Namen haben sie bekommen, weil sie zu schweben, schwerelos zwischen den Wolken zu hängen scheinen, wenn Nebel und Wolken die Sandsteinfelsen verhüllen. Und dieser Schwebezustand passt wiederum sehr gut zur abgehobenen Weltferne des asketischen Klosterlebens.

Hier also leben, wie Romeo und Julia auf dem Dorfe, der griechische Mönch Theodoros und die russisch-orthodoxe Nonne Urania. Während er aus seinem Kloster über eine sich endlos um den Felsen windende Steintreppe ins Tal absteigen muss, kann sie nur mithilfe einer Seilwinde in einem Netz von ihrem Felskloster herabgelassen werden.

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Gegen das Ordensverbot treffen sich die beiden gelegentlich auf den Wiesen im Tal. Beim Picknick mit geschmorter Ziege, Brot und Wein unterhalten sie sich über ihre Gottesfurcht - und bald werden die Gespräche durchlässig für eine andere, sinnliche Liebe. "Die einzige Sünde, die nicht vergeben werden kann", sagt Urania einmal, "das ist die Verzweiflung." Aber das heißt noch lange nicht, dass hier schon irgendetwas entschieden ist.

Der Film erzählt vom Ringen zwischen Glaube und Liebe, Kirche und Welt, Tradition und Moderne, zeitloser Tradition und Gegenwart. Der innere Kampf, den die beiden gegen ihre Gefühle und Triebe führen, spiegelt sich in den Gegensätzen zwischen dem asketischen Klosterleben oben auf der Felsspitze und dem naturnahen Alltag der Bauern in der Talsenke, wo gemolken, geschlachtet und geerntet wird.

Ikonen-Comic als originelle zweite Ebene

Während das Treiben der Bauern im Tal mit unruhig impulsiver Handkamera aufgenommen ist, findet Stathoulopoulos, der die Kamera selbst führte, für die Gebets- und Gesangsrituale oben in den Klöstern ruhige, streng gefasste Bilder. Kunstvoll nutzt er die Licht- und Wetterverhältnisse, um mit goldenem Sonnenschein oder dunstigem Nebel Stimmungen zu beschwören.

Zusätzlich erhöht wird die Spannung durch eine originelle zweite Ebene - ein Ikonen-Comic, animierte Szenen eines byzantinischen Ikonenbildes, in dem sich die reale Welt spiegelt und bricht. Immer wieder sind es die Geräusche, die den Zuschauer in einen entfernten Winkel des Bildes locken, in dem sich etwas ereignet und sukzessive neue Details und Zusammenhänge erkennbar werden.

So lenkt erst der Ton von Schritten auf Steinstufen die Aufmerksamkeit auf einen kleinen, schwarzen Punkt, der sich auf der Treppe zum Kloster bewegt.

Flüchtige Berührungen aus Licht

Zu den schönsten Bildern aber gehören tanzende Lichtflecke auf der weißen Wand, die sich die Liebenden gegenseitig über große Entfernungen hinweg mit einem improvisierten Spiegel in ihre Kammern schicken: flüchtige Berührungen aus Licht, die Sprache einer verbotenen Liebe an einem Ort ohne Telefon und Elektrizität, Morsezeichen von Sehnsucht und Verlangen im asketischen Umfeld.

Dabei lässt sich dieser Film durchaus auch als Kommentar zur virulenten Diskussion um Zölibat und Missbrauchsskandale lesen: Die einzige Sünde, die unverzeihlich ist, ist die Verzweiflung.

Meteora , Griechenland/Deutschland 2012 - Regie und Kamera: Spiros Stathoulopoulos. Buch: Asimakis Pagidas, S. Stathoulopoulos. Mit: Theo Alexander, Tamila Koulieva-Karantinaki. Kairos, 80 Min.

© SZ vom 12.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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