Mehr Frauen in Vorständen:Es muss nicht immer eine Personalerin sein

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Langsam aber sicher erklimmen Frauen auch in Deutschland so manche Vorstandsetage. Jenseits aller Quotendebatten stellt sich aber die Frage: Warum werden sie meist als Personalchefinnen verpflichtet?

Die Frauenquote wird derzeit in Variationen heftig diskutiert - die einen wollen sie unbedingt, die anderen lehnen sie kategorisch ab. Fakt ist: Deutschland hinkt derzeit bei Frauen in Führungspositionen stark hinterher und findet sich im europäischen Vergleich ziemlich am Schluss. Doch die Damen drängen in die oberen Etagen der Unternehmen.

Margret Suckale ist eine der im Vergleich wenigen Frauen, die es in die oberen Etagen eines führenden deutschen Unternehmens geschafft hat. (Foto: REUTERS)

Auf den ersten Blick scheinen Beispiele erfolgreicher weiblicher Führungskräfte die Dauerdiskussion um die Frauenquote mancherorts überflüssig zu machen - viele der Gipfelstürmerinnen hätten keine Sonderregeln nötig gehabt, heißt es. Auffällig ist jedoch: Sie werden häufig als Personalchefinnen geholt - zweifelsohne ein wichtiges Ressort. Bereiche wie Einkauf, Finanzen oder Produktion sind aber weiter fest in Männerhand. Chancen mit Soft Skills, Chancenlosigkeit bei vermeintlich harten Themen?

Nicht wenige Beobachter glauben, dass die alten Platzhirsche die neue Elite nur ans Ruder lassen, solange sie selbst ihr angestammtes Revier behalten dürfen. "Frauenförderung ist auch eine Aufgabe derer, die bereits in Führungspositionen sind. Da muss in vielen Firmen noch eine gewisse Offenheit entstehen", sagt Kris Hauf, Europachefin des Managerinnen-Netzwerks EWMD in Wiesbaden. Das Vordringen der Kolleginnen in der Mitarbeiterführung stimme sie positiv. Dennoch: "Es wäre zu begrüßen, wenn Frauen öfter in andere Ressorts kämen."

Der Prozess hat Fahrt aufgenommen

Personalchefinnen wie Kathrin Menges (Henkel), Ex-Bahn-Managerin Margret Suckale (BASF) oder Brigitte Ederer (Siemens) bekommen bald Gesellschaft: In den kommenden Monaten rücken mit Marion Schick (Deutsche Telekom), Angela Titzrath (Deutsche Post) und Milagros Caiña-Andree (BMW) weitere Frauen nach. Die 30 Dax-Konzerne haben dann 10 weibliche Vorstände - die meisten sind Arbeitsdirektorinnen. "Das ist ein Prozess, der Fahrt aufgenommen hat", sagt Hauf.

Doch trauen die Aufsichtsräte ihren mächtigen Damen nicht auch andere Gebiete zu? Freilich seien "Old Boys' Networks" in anderen Feldern noch dominant. Frauen müssten mit ebenso konsequenter Netzwerkbildung dagegenhalten, fordert Hauf: "Der Druck, weiblichen Führungsnachwuchs zu bekommen, ist groß - auch durch den demografischen Wandel."

Ulrike Brouzi weiß, wie man sich durchboxt. Anfang des Jahres zog sie als erste Frau in den Vorstand der Norddeutschen Landesbank (NordLB) ein und kümmert sich unter anderem um IT, Controlling und Risikomanagement. "In von Männern dominierten Bereichen herrschen sicher überwiegend männlich geprägte Regeln. Diese muss man als Frau erst erkennen, um sie einzuhalten oder ändern zu können", berichtet die gelernte Wirtschaftsmathematikerin. "Viele Menschen lassen sich von den Erfolgsstrategien anderer beeinflussen." Entscheidend seien aber weder Quoten noch Moden, sondern eigene fachliche Interessen.

Dass unter denjenigen, die Karriere machen, Personalexpertinnen besonders häufig sind, findet auch Nelson Taapken nicht verwunderlich. Im Gegenteil: "Ein wichtiger Grund dafür ist reine Statistik", erklärt der Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (E&Y) im hessischen Eschborn. "Überproportional viele Frauen fangen in der Personalwirtschaft an. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dort später dann auch Führungsverantwortung übernehmen, ist eben höher."

Die Netzwerke sind schwächer

In männerdominierten Ressorts wie Logistik, Absatz und Controlling seien Frauen schlichtweg deshalb (noch) unterrepräsentiert, weil die Netzwerke (noch) schwächer seien. "Sie brauchen dort Rollenvorbilder, die sie mit hochziehen." Dabei weiß der E&Y-Mann eines aus langer Beratertätigkeit ganz genau: "Auch der Job eines Personalvorstands ist alles andere als "soft". Da haben Sie knallharte ökonomische Interessen des Unternehmens und enorme Ausgaben zu vertreten."

Wie normal es sein kann, wenn Frauen selbst riesige Weltkonzerne steuern, zeigten die USA, erinnert Taapken. Dort führen Managerinnen wie Meg Whitman und Ginni Rometty etwa die Computer-Giganten Hewlett-Packard und IBM. "In den nächsten fünf Jahren findet wohl auch bei uns eine größere Durchmischung statt", schätzt er.

Von einer Quote hielten die Erfolgeichen in der Regel allerdings wenig. So setzt etwa Europas größter Autobauer VW vor allem auf die eigenen Nachwuchsprogramme, um weibliche Aufsteiger ans Unternehmen zu binden. Und auch beim Zulieferer Continental glaubt Vorstandsfrau Elke Strathmann - ebenfalls Chef-Personalerin und Mathematikerin - an die Kraft des Vorbilds: "Es gibt ganz klar die Einsicht, dass wir nicht auf die Hälfte unseres Talent-Pools verzichten möchten."

© Jan-Henrik Petermann, dpa/wolf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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