Verkehr:Radfahrer gefährden sich selbst

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Nur wenige Fahrradhelme sehen so schnittig aus wie dieser - wohl ein Grund, warum so wenige Radfahrer mit Helm unterwegs sind. (Foto: Brooklyness)
  • Nur zwischen sieben und 20 Prozent der Erwachsenen tragen beim Fahrradfahren einen Helm.
  • Die Gesundheitsrisiken sind ohne Helm deutlich größer, warnen Mediziner. Zudem seien Erwachsene Kindern damit ein schlechtes Vorbild.
  • Vergangenes Jahr verletzten sich rund 15 000 Radfahrer schwer, 66 000 trugen bei Unfällen leichte Verletzungen davon.

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Schwer zu sagen, wann Kinder durchschauen, dass ihre Eltern manchmal total unglaubwürdig sind. Spätestens am Ende der Grundschulzeit beginnen sie, deren Empfehlungen zu hinterfragen: Wieso sollen sie selbst einen Helm auf dem Rad tragen, wenn es Vater und Mutter auch nicht tun? Dabei gilt: Helm auf beim Radfahren - in jedem Alter. Jetzt kritisieren Orthopäden und Unfallchirurgen das schlechte Vorbild vieler Erwachsener. Während die meisten Eltern ihrem Kind einen Helm aufsetzen, tragen sie selbst oft keinen.

Nach Analysen der Bundesanstalt für Straßenwesen lässt die "Helmtragequote" mit dem Alter massiv nach. Demnach tragen zwar 76 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren auf dem Rad einen Helm. In der Jugend gilt die schützende Kopfbedeckung jedoch als uncool, sodass im Alter zwischen 17 und 21 Jahren nur noch sieben Prozent der Radler Helme aufsetzen. Im Erwachsenenalter steigt die Quote wieder an: Radfahrer zwischen 31 und 40 Jahren benutzen zu 14 Prozent einen Helm. Im Alter zwischen 41 und 60 Jahren sind es etwa 20 Prozent.

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"Wirken Erwachsene nicht als Vorbild, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder später im Jugend- und Erwachsenenalter einen Helm tragen", sagt Reinhard Hoffmann, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Bei einem Sturz trägt ein Helm dazu bei, Kopfverletzungen zu verhindern, indem er die Energie reduziert, die beim Aufprall auf den Schädel wirkt. Helmträger erleiden deshalb weniger heftige Kopfverletzungen. Laut Traumaregister lassen sich tödliche Hirnverletzungen durch Helme um 60 bis 70 Prozent reduzieren.

15 000 schwer verletzte Radfahrer in einem Jahr

Dass so viele jüngere Kinder einen Helm tragen, zeige Unfallexperten zufolge, dass ihre Eltern sie schützen wollen. Für sich selbst handeln sie jedoch weniger verantwortungsvoll. Christopher Spering von der Unfallchirurgie der Uniklinik Göttingen erinnert sich an einen Unfall, bei dem Mutter und Sohn mit dem Rad unterwegs waren: Der Fünfjährige geriet ins Straucheln, fuhr ins Rad der Mutter, beide stürzten. "Während der Junge einen Helm trug und unversehrt blieb, erlitt die Mutter ohne Helm schwere Verletzungen an Kopf und Gehirn", sagt Spering. "Seitdem kann sie nur noch eingeschränkt für ihr Kind sorgen."

Laut Statistischem Bundesamt haben sich im vergangenen Jahr in Deutschland 14 480 Radfahrer schwer und 66 368 leicht verletzt. 392 Menschen starben bei Fahrradunfällen. Allerdings kann der Helm nicht jedes Ungemach verhindern. Beim Zusammenprall mit einem Auto bietet er wenig Schutz. Zudem monieren manche Kritiker, dass Radfahrer mit Helm riskanter unterwegs sind und von anderen Verkehrsteilnehmern rücksichtsloser behandelt werden, nach dem Motto: Kann ja nichts passieren. Deswegen falle die Bilanz der Verletzungen mit Helm ähnlich aus wie ohne.

Das stimmt so pauschal allerdings nicht. Die meisten Unfälle von Radfahrern geschehen ohne Fremdeinwirkung; sie bleiben hängen, sie rutschen aus, sie sind unachtsam. Bei solchen Stürzen schützt ein Helm sehr wohl vor Hirnschäden und Brüchen. Außerdem gilt: auch mit Helm vorsichtig fahren. Die hilfreiche Hülle macht schließlich nicht unverwundbar.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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