Finanzinvestor Cerberus:Der Höllenhund leidet

Lesezeit: 3 min

Geld weg, Biss weg: Dem ehemaligen Chrysler-Eigentümer Cerberus laufen die Investoren davon. Auch aus dem deutschen Markt dürfte sich der Hedgefonds deshalb langsam zurückziehen.

Martin Hesse u. Nikolaus Piper

Es war eines der verrücktesten Geschäfte einer verrückten Epoche. Im Mai 2007 kaufte der amerikanische Finanzinvestor Cerberus für 7,4 Milliarden Dollar die Mehrheit am Autokonzern Chrysler. Verkäufer war der deutsche Daimler-Konzern. Schon damals bezweifelten viele, dass eine Beteiligungsfirma ohne Auto-Erfahrung schaffen könnte, woran Daimler gescheitert war: Chrysler profitabel zu machen.

Der Höllenhund: Cerberus ist benannt nach dem dreiköpfigen Hund, der der griechische Sage zufolge den Eingang zur Unterwelt bewacht. (Foto: Foto: istock)

Inzwischen ist Chrysler durch die Insolvenz gegangen und befindet sich im Besitz der Autogewerkschaft UAW, der amerikanischen und kanadischen Regierung und dem Fiat-Konzern. Die Milliarden, die Cerberus in sein Autoabenteuer investiert hat, sind verschwunden, und der einst bewunderte Finanzinvestor gehört zu den gefallenen Stars der Wall Street.

Eine Konsequenz: Cerberus laufen die Anleger davon. Wie ein Sprecher bestätigte sind aus zwei liquiden Cerberus-Fonds seit Beginn der Krise 5,5 Milliarden Dollar abgeflossen. Die beiden Fonds sind Teil des Geschäftes mit Anteilen notleidender Firmen von 19,5 Milliarden Dollar. Die Gesellschaft betreibt außerdem Hedgefonds, Immobilien- und Private-Equity-Fonds, in denen das Geld länger gebunden ist. Insgesamt verwaltet Cerberus 24,3 Milliarden Dollar.

Gegründet wurde die Firma 1992 von Stephen Feinberg, heute 49 Jahre alt, einem ehemaligen Händler der skandalumwitterten Investmentbank Drexel Burnham Lambert. Die Bank hatte in den achtziger Jahren das Geschäft mit schuldenfinanzierten Firmenübernahmen aggressiv vorangetrieben, musste aber 1990 Insolvenz anmelden. Mit Cerberus - der Name leitet sich aus dem dreiköpfigen Hund ab, der nach der griechischen Sage den Eingang zur Unterwelt bewacht - knüpfte Feinberg an die Erfahrungen von Drexel an.

Aufbau eines Imperiums

Mit billigem Geld kaufte Feinberg ein Imperium zusammen. Dazu gehörten, neben Chrysler, Beteiligungen an den Autovermietungen National und Alamo, an Air Canada, der Finanzierungstochter von General Motors, GMAC, und deutschen Wohnungsgesellschaften. Chairman ist John Snow, einst Finanzminister unter Präsident George W. Bush.

Der Niedergang von Cerberus begann mit der Finanzkrise. 2008 verlor der größte Hedgefonds, Cerberus Partners, 24,5 Prozent, 2009 holte er drei Prozent auf. Es sind nicht nur die schlechten Ergebnisse, die den Abfluss ausgelöst haben; viele wohlhabende Investoren und Fondsmanager haben ihrerseits Verluste hinnehmen müssen und brauchen Geld. "Die Rückforderungen sind nicht ein Ausdruck mangelnden Vertrauens, sondern des Bedarfs an Liquidität", sagte Mark Neporent, der Chef des operativen Geschäfts in New York.

Stephen Weinberg äußerte sich in einem Brief an die Investoren: "Wir sind beschämt und enttäuscht von unserem Abschneiden 2008, und wir empfinden es als eine große Verpflichtung, die Dinge umzudrehen." In vielen Fällen hat Cerberus den Wunsch von Investoren, ihre Einlagen zurückzubekommen, abgelehnt.

Cerberus will trotz Schwierigkeiten noch dieses Jahr Geld für einen neuen Fonds einsammeln. (Foto: Foto: dpa)

Zuletzt legte das Management einen Restrukturierungsplan vor, um Anlegern eine Alternative zu bieten: Wer will, bekommt sein Geld zurück. Wer es nicht tut, wird mit niedrigeren Gebühren belohnt. Nach Angaben von Cerberus-Direktor Tim Price will die Firma im vierten Quartal einen neuen Fonds auflegen. Der Fonds ist der Versuch, mit neuen Mittel alte Verluste auszugleichen.

Der Niedergang von Cerberus ist beispielhaft. Zu Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 waren 1,9 Billionen Dollar in Hedgefonds investiert. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 300 Millionen Dollar abgezogen. Dieser Kapitalabfluss ist wesentlich stärker, als es der reinen Wertentwicklung der Fonds entsprechend würde. Ein Branchenindex der Analysefirma Hedge Fund Research lag im Juli um 5,56 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Dagegen legte er im Laufe dieses Jahres bereits wieder um 12,40 Prozent zu. Doch selbst wenn die Ergebnisse nicht schlecht sind - den Investoren steht weniger Kapital zur Verfügung. Sie konzentrieren sich auf die besten Fonds, das Nachsehen haben Anbieter mit Problemen wie Cerberus.

Kauf von Mietwohnungen in Deutschland

In Deutschland hatte sich Cerberus vor allem durch den Kauf von Mietwohnungen einen Namen gemacht. Seit 1999 haben Finanzinvestoren in Deutschland fast 90.0000 Wohnungen erworben. Sie hofften, die Bestände in einigen Jahren teurer weiterveräußern zu können. Aus den Mieteinnahmen bedienten sie die Zinsen auf ihre hohen Schulden. Cerberus erwarb 2004 die Hamburger Jade Immobilien und im gleichen Jahr die größte private Berliner Wohnungsgesellschaft, GSW.

Doch das Immobiliengeschäft entwickelte sich nicht wie erhofft. Cerberus gelang es nicht, an die Marktführer wie Deutsche Annington heranzukommen, zudem stiegen die Preise nicht wie erhofft. Noch weniger Erfolg hatte Cerberus mit dem Versuch, in Deutschland in angeschlagene oder unterbewertete Firmen einzusteigen. Im Bieterstreit um die Siemens-Tochter SEN konnte Cerberus sich nicht durchsetzen. Lediglich bei dem Autozulieferer Peguform kam Cerberus zum Zuge, holte die Firma aus der Insolvenz und verkaufte sie 2008 an den österreichischen Konkurrenten Polytec.

Zuletzt hieß es in Finanzkreisen, Cerberus wolle in Deutschland die Präsenz reduzieren. Ohnehin wurde das Team um Deutschlandchef David Knower stark aus Amerika dirigiert. Angesichts der Krise will Cerberus weltweit Stellen abbauen. Immer wieder gab es Gerüchte, dass der Finanzinvestor in Europa auch Beteiligungen abgeben will, etwa die frühere österreichische Gewerkschaftsbank Bawag. Cerberus-Direktor Price bestritt allerdings, dass die Firma aus Deutschland abwandern will. "Wir haben überhaupt keine Veranlassung zu Notverkäufen. Unsere Anlageperspektive ist langfristig."

© SZ vom 01.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: