GM und Opel:US-Manager zum Rapport nach Berlin

Der Autoriese General Motors will Opel offenbar doch behalten - und Top-Manager Smith erklärt alles der deutschen Regierung.

Die Pläne für eine Übernahme von Opel liegen unterschriftsreif vor - doch jetzt kommt womöglich alles ganz anders: Der US-Autokonzern General Motors (GM) prüft einem Zeitungsbericht zufolge, ob er Opel doch noch behalten sollte.

Das Ringen um die Zukunft von Opel geht weiter: GM prüft weitere Optionen; dpa

Das Ringen um die Zukunft von Opel geht weiter: GM prüft weitere Optionen.

(Foto: Foto: dpa)

Der GM-Verwaltungsrat habe das Management beauftragt, Alternativen zu einem Opel-Verkauf zu prüfen, schreibt das Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Personen.

Dazu gehöre ein Finanzierungsplan im Volumen von 4,3 Milliarden Dollar (etwa drei Milliarden Euro), um Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall als GM-Tochter wieder auf Trab zu bringen. GM-Chef Fritz Henderson solle die Finanzierung bis Anfang September auf die Beine stellen, hieß es.

Für die Bundesregierung ist diese Nachricht ein Desaster. Immer wieder hatte Berlin in den vergangenen Monaten eine rasche Entscheidung angemahnt. Bevorzugter Interessent ist der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna, der in einem Bieterkonsortium mit der russischen Sberbank auftritt. Am Dienstag nun gibt es in Berlin ein Krisentreffen. Henderson wird jedoch nicht in die Hauptstadt reisen. Als Abgesandter des US-Konzern wird Konzernvize John Smith mit Spitzenbeamten von Bund und Ländern der Opel-Task-Force verhandeln. Ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist nicht geplant.

Sorge um die Arbeitsplätze

Die Pläne von GM sorgen jedoch auch im Gewerkschafts-Lager für jede Menge Ärger. Die IG Metall forderte, dass bei einem Verbleib Opels beim US-Autokonzern General Motors die gleichen Kriterien bei der Konzeptbewertung angewendet werden müssten wie bei den beiden Kaufinteressenten.

Jedes Konzept, auch das der ehemaligen Mutter, müsse darauf geprüft werden, wie viele Arbeitsplätze und Standorte es sichere, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild.

Vor diesem Hintergrund sprach sich Schild erneut gegen einen Verbleib von Opel bei GM aus. Das wäre nicht gut für die Arbeitsplätze in Deutschland und Europa, sagte er.

"Wir sind nicht nur angetreten, um die Insolvenz von Opel als Folge der Insolvenz von GM zu verhindern, sondern wir wollen auch mehr Selbstständigkeit, ein eigenständiges europäisches Automobilunternehmen für die Auseinandersetzungen in der Zukunft der Automobilindustrie", sagte Schild, der auch im Opel-Aufsichtsrat sitzt.

Er rechne in den nächsten 24 Stunden mit Klarheit darüber, ob GM Opel behalten wolle. Dass diese Pläne den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätten, sei ein Indiz dafür, dass sie möglicherweise verfolgt würden. "Das betrachte ich als schlechtes Zeichen für die Zukunft von Opel", sagte Schild.

Und auch die Opel-Mitarbeiter sind sauer. Wegen der Hinhaltetaktik von GM haben die 25.000 Beschäftigten ihren Verzicht auf das Urlaubsgeld zurückgenommen. Die entsprechende Betriebsvereinbarung sei gekündigt, das Urlaubsgeld müsse mit der nächsten Monatsabrechnung ausgezahlt werden, heißt es in einem internen Schreiben des Betriebsrates. "Für ein 'Zurück zu General Motors' gibt es keinen Cent Beitrag der Beschäftigten", schreibt der Betriebsrat darin. In diesem Fall werde auch der Vertrag über die noch ausgesetzte Tariferhöhung und Einmalzahlung von der IG Metall umgehend gekündigt.

GM - unter der Kontrolle der US-Regierung

Der GM-Verwaltungsrat hatte am vergangenen Freitag eine Entscheidung über den auch von Henderson unterstützen Verkauf von Opel an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und seine russische Partner vertagt. Das hatte für Verärgerung bei der deutschen Regierung gesorgt, die das Opel-Problem noch vor der Bundestagswahl lösen will. Bund und Länder wollen Staatshilfe von 4,5 Milliarden Euro bisher nur gewähren, wenn Magna den Zuschlag erhält.

Opel ist für GM unter anderem wegen des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim wichtig, Dort wird die Plattform für alle GM-Mittelklassewagen entwickelt und auch der Hoffnungsträger des Konzerns, das Elektroauto Chevy Volt, wurde maßgeblich von deutschen Ingenieuren entworfen.

Politisch wird die Angelegenheit dadurch noch heikler, dass der neue GM-Konzern seit der Insolvenz im Sommer mehrheitlich von der US-Regierung kontrolliert wird. Washington hat etwa 50 Milliarden Dollar in das seit Jahren verlustreiche Unternehmen gepumpt. Auch in Russland dürfte der neue GM-Kurs für Verstimmung sorgen, da Moskau über die staatliche Sberbank in den geplanten Deal involviert ist.

"Hoffen auf baldige Einigung"

Offiziell hieß es von GM am Montag, der bisherige Mutterkonzern benötige weitere Informationen über die staatlichen Bürgschaften und die Finanzierungen der Opel-Übernahme. "Wir wollen die noch offenen Fragen klären und hoffen auf eine baldige Einigung", sagte ein Sprecher von GM Europe.

Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm betonte bereits am Montag, die deutsche Seite habe ihre Hausaufgaben gemacht. Es lägen unterschriftsreife Verträge der beiden Interessenten Magna und RHJI vor. Er vermied offene Kritik am Vorgehen der Amerikaner: "Das Thema kann man nicht in Konfrontation lösen, sondern nur miteinander."

Wilhelm zufolge hat es am Wochenende bereits auf Arbeitsebene Kontakte zwischen dem Kanzleramt und dem Weißen Haus in Washington gegeben. Es bleibe bis zur nächsten regulären Sitzung des GM-Verwaltungsrates um den 8./9. September Zeit, um die offenen Punkte zu klären.

Obama gibt sich zurückhaltend

US-Präsident Barack Obama will sich nach offiziellen Angaben nicht in die Entscheidung von GM über die Zukunft von Opel einmischen. Obama denke, dass die aktuellen unternehmerischen Entscheidungen des Autobauers von den GM-Managern selbst gefällt werden müssten, betonte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Bill Burton, am Montag auf der Atlantik-Insel Martha's Vineyard, dem Ferienort der Präsidentenfamilie. Angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse waren mehrere Mitglieder des Verwaltungsrates von der US-Regierung ernannt worden.

Die Hängepartie hat laut Bundesregierung keine Auswirkungen auf das operative Geschäft von Opel. Dank der staatlichen Brückenfinanzierung - der Autobauer erhielt ein Darlehen von 1,5 Milliarden Euro - reiche die Liquidität aus, sagte Wilhelm. Der Rüsselsheimer Autobauer gehört zu jenen Herstellern, die in den vergangenen Monaten beim Absatz von der staatlichen Abwrackprämie deutlich profitierten.

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