Altersvorsorge:Was ist die gesetzliche Rentenversicherung und wer zahlt ein?

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Experten sind sich einig: Wer sich nur auf den Staat verlässt und nicht privat vorsorgt, riskiert, im Alter nicht ausreichend versorgt zu sein.

(Foto: dpa)

Die gesetzliche Rentenversicherung ist für die meisten Beschäftigten der größte Posten in ihrer Altersvorsorge. Doch Experten sind sich einig: Allein mit der Rente werden im Alter viele ihren Lebensstandard nicht halten können.

Von Katarina Lukač

Es sei klüger, eine Stunde über sein Geld nachzudenken, als einen Monat unüberlegt dafür zu schuften, soll sinngemäß einer gesagt haben, der es wissen musste: John D. Rockefeller. Das trifft insbesondere auf jenes Geld zu, mit dem man seinen Lebensstandard nach dem Abschied aus dem Arbeitsleben erhalten möchte. Denn die Altersvorsorge in Deutschland erfordert Eigeninitiative von jedem einzelnen Bürger - auch wenn das noch nicht bei allen angekommen ist.

Warum die eigenverantwortliche Altersvorsorge so wichtig ist, erschließt sich aus ihrem Aufbau. Die Altersvorsorge der Bundesbürger stützt sich auf drei Säulen: die erste Säule bildet die gesetzliche, für alle Beschäftigten verpflichtende Rentenversicherung, durch die die Versicherten Anspruch auf eine Altersrente erwerben. Die zweite Säule besteht aus der betrieblichen, das heißt vom Arbeitgeber mitfinanzierten oder organisierten Altersversorgung (und einer entsprechenden Versorgung für Beamte). Die dritte Säule bildet die private Vorsorge in Form eines eigenverantwortlich angesparten Geldpolsters.

Zankapfel der politischen Parteien

Die Frage, zu welchen Teilen die drei Säulen jeweils belastet werden sollen, ist ein ständiger Zankapfel der politischen Parteien. Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in Deutschland gehört wie die Kranken-, Unfall-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu den ab Ende des 19. Jahrhunderts eingeführten gesetzlichen, also verpflichtenden Sozialversicherungen.

Anfangs sparte jeder Versicherte in einem individuellen Rentenkonto für das Alter an (Kapitaldeckungsverfahren). Da die Reserven nach den beiden Weltkriegen dahingeschmolzen waren, wurde 1954 das sogenannte Umlageprinzip eingeführt: Die junge Generation kommt für die Rente der alten auf und erwirbt selbst einen Anspruch auf eine zukünftige Rente (Generationenvertrag). Die eingezahlten Beiträge werden nicht gespart, sondern sofort auf die laufenden Rentenzahlungen "umgelegt", ergänzt durch üppige Zuschüsse aus Steuergeldern.

Immer weniger Junge finanzieren immer mehr Alte

Da das System wegen des demografischen Wandels in Schieflage geraten ist - immer weniger Junge müssen immer mehr Alte finanzieren - werden immer wieder Reformen durchgeführt, etwa die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre (bis 2029) oder die Ausweitung der Versteuerungspflicht auf die komplette Rente (ab 2040). Bis auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns dürfte das Niveau der gesetzlichen Altersrente bis 2030 sinken, bevor der Gesetzgeber aktiv werden muss.

Langfristig soll als Ausgleich zur schrumpfenden Säule der staatlich garantierten Altersrente die private Vorsorge an Bedeutung gewinnen, deshalb wird sie vom Staat gefördert. Experten sind sich einig, dass die gesetzliche Altersrente alleine bereits heute die wenigsten Versicherten ausreichend versorgt und warnen gebetsmühlenartig vor künftig drohender Altersarmut selbst für heutige Normalverdiener - sofern diese nicht parallel privat vorsorgen.

Aufteilung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Voraussetzung für eine clevere Altersvorsorge ist, sich einen Überblick über die Aufstellung der drei Säulen in der eigenen Finanzplanung zu verschaffen - und dabei zuerst mögliche Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu prüfen. Mehr als 53 Millionen Bundesbürger sind derzeit gesetzlich rentenversichert. Pflichtmitglieder sind alle abhängig Beschäftigten wie Angestellte, Arbeiter und Auszubildende sowie Selbständige bestimmter Berufsgruppen, darunter Hebammen, Handwerker und Künstler (letztere erst auf Antrag). Alle anderen Freiberufler und Selbstständigen können sich freiwillig gesetzlich rentenversichern.

Grundsätzlich von der Versicherungspflicht befreit sind Beamte sowie Richter, Rechtsreferendare, Soldaten und Pfarrer; außerdem können sich bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte oder Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht befreien lassen.

Abhängig beschäftigte Pflichtmitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung zahlen die Hälfte des Beitragssatzes von derzeit 18,6 Prozent des Bruttoverdienstes (Stand Januar 2018) ein, den Rest entrichtet der Arbeitgeber. Bei Besserverdienern wird ein Monatsgehalt von maximal 6500 Euro (Westdeutschland) beziehungsweise 5800 Euro (Osten) herangezogen (Stand Januar 2018). Das Einkommen über dieser sogenannten Beitragsbemessungsgrenze bleibt unberücksichtigt.

Selbstständige Pflichtmitglieder tragen den vollen Beitrag allein, ebenso freiwillig Versicherte, die sich die Anzahl und Höhe ihrer Beiträge aussuchen dürfen. Eingesammelt werden die Beiträge durch die zuständige gesetzliche Krankenkasse, die sie an einen der bundesweit 16 Träger der Deutschen Rentenversicherung weiterleitet.

27 Jahre arbeiten für das Grundsicherungsniveau

Gesetzlich Rentenversicherte haben Anspruch auf Bezug einer Rente bei Eintritt eines der folgenden Risikofälle: Alter, verminderte Erwerbstätigkeit und Tod. Die Höhe der Altersrente hängt von der Höhe und Anzahl der geleisteten Beiträge ab. Die durchschnittliche gesetzliche Altersrente betrug 2016 in den alten Bundesländern 1078 Euro für Männer und 606 Euro für Frauen, beziehungsweise in Ostdeutschland 1171 Euro für Männer und 894 Euro für Frauen. 27 Jahre muss ein Durchschnittsverdiener arbeiten, allein um auf das Grundsicherungsniveau von unter 700 Euro Rente zu kommen, das auch Hartz-IV-Beziehern zusteht.

Ab dem 27. Lebensjahr erhalten alle gesetzlichen Rentenversicherten mit mindestens fünf Beitragsjahren eine Renteninformation, die eine Hochrechnung über die zu erwartende spätere Altersrente enthält. Die Versicherten sollen dadurch angeregt werden, ihre zusätzliche Altersvorsorge rechtzeitig zu planen. Dabei fällt die Hochrechnung Kritikern zufolge sogar noch zu optimistisch aus: Mögliche Erhöhungen von Steuern und Sozialabgaben in der Zukunft sowie schwankende Inflationsraten werden darin nicht berücksichtigt.

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