Facebook-Strategie:Absichern, einkaufen und pokern

Facebook-Strategie: TOPSHOTS Facebook CEO Mark Zuckerberg delivers a keynote during the Facebook f8 Developer Conference at the San Francisco Design Center in San Francisco on September 22, 2011 in California. TOPSHOTS/AFP PHOTO / Kimihiro Hoshino

TOPSHOTS Facebook CEO Mark Zuckerberg delivers a keynote during the Facebook f8 Developer Conference at the San Francisco Design Center in San Francisco on September 22, 2011 in California. TOPSHOTS/AFP PHOTO / Kimihiro Hoshino

(Foto: AFP)

Facebook ist eine Seite im Internet. Aber auf Smartphones setzt Mark Zuckerberg plötzlich darauf, mehrere Smartphone-Apps für Facebook anzubieten. Warum nur?

Von Hakan Tanriverdi

Es gibt diesen Videoausschnitt von Steve Ballmer, dem früheren Chef von Microsoft. Er dauert nur 142 Sekunden und erklärt doch so viel. Es ist 2007, Steve Jobs hat gerade eine Art Handy angekündigt, es nennt sich iPhone und ist unverschämt teuer. Darauf angesprochen ist Ballmer so amüsiert, dass er vor Lachen brüllt anstatt zu reden: "500 Dollar? Das ist das teuerste Handy aller Zeiten! Und es spricht keine Business-Menschen an, weil es keine Tastatur hat!" Ballmer nimmt Apple nicht ernst. Sieben Jahre später sind diese 142 Sekunden der Moment, den Ballmer mit am meisten bereut. Sie stehen für Arroganz und Siegessicherheit. Ausdruck der damaligen Dominanz Microsofts.

Ganz anders Mark Zuckerberg. Er hat der New York Times ein Interview gegeben. Der Facebook-Gründer tritt hin und wieder auf Konferenzen auf, klassische Interviews gibt er seltener. Facebook hat mehr als 1,2 Milliarden Nutzer und ist der Marktführer unter den sozialen Netzwerken. Zuckerberg spricht in dem Interview zurückgenommen, da ist keine Spur von Arroganz.

Das Gespräch erlaubt einen Blick auf die Strategie eines Unternehmens, das genau weiß, dass es vor einem Problem steht. Mark Zuckerberg nennt es "das große Zerteilen".

Facebook ist eine klassische Internetseite, das Design ist voll und ganz auf die Nutzung am Desktop-PC ausgerichtet. Doch immer mehr Menschen rufen Facebook über ihr Smartphone auf, knapp 300 Millionen machen das ausschließlich so. "Facebook is not one thing - Facebook ist nicht eine Sache", sagt Zuckerberg. Er meint: Mehr Apps müssen her. Die Strategie, die Facebook aus dieser Erkenntnis ableitet, lässt sich in drei Verben beschreiben.

Absichern. Das ist der offensichtlichste Teil. Das Geschäftsmodell von Facebook funktioniert, 53 Prozent der Werbeeinnahmen kommen über Tablets und Smartphones. Für den Mobilmarkt ist Facebook für's Erste gut gerüstet.

Einkaufen. Mark Zuckerberg hat verstanden, dass sich mit dem Smartphone auch die Art verändert hat, wie Menschen miteinander kommunizieren. Es ist ein endloses Hin und Her an Kurznachrichten - Schnipseldialogen. Das erklärt den Kauf von Whatsapp für sagenhafte 19 Milliarden Dollar. Dazu kommt, dass die Facebook-Seite mittlerweile den Charme eines Büros versprüht: Man geht zwar hin (der Tab im Browser ist offen) und ein paar Leute mag man tatsächlich, aber wirklich Spaß macht es nicht. Dafür gibt es - gerade auf dem App-Markt - andere Angebote. Für Fotos gibt es Instagram, das mittlerweile auch zu Facebook gehört. Für die vergänglichen Momentaufnahmen gibt es Snapchat. Das sollte eingekauft werden, für drei Milliarden Dollar, aber Snapchat lehnte ab.

Pokern. "Die meisten neuen Sachen, die wir ausprobieren, werden in unserem Geschäft für eine lange Zeit keine Rolle spielen", sagt Zuckerberg. Facebook experimentiert mit neuen Ideen und nennt dabei immer wieder als Ziel: alleinstehende Apps. Messenger, der facebookeigene Kommunikationsdienst hat nur einen Anwendungszweck. Kaum etwas erinnert an Facebook, er dient einzig zum Chatten. Paper ist eine weitere alleinstehende App. Mit ihr will Facebook zur Zeitung werden - sie hat optisch ebenfalls nichts mit Facebook zu tun.

Das sind zwei Funktionen, für die Facebook am Desktop genutzt wird: persönliche Nachrichten und Medien-Nachrichten. Auf dem Smartphone sind sie nun inhaltlich getrennt. Facebook hat zig weitere Funktionen, für die es alleinstehende Lösungen für das Smartphone geben könnte: zu Events einladen, Gruppen organisieren oder die mit Graph Search suchen, um nur drei zu nennen. Als alleinstehende Apps wären sie für Facebook dank der Push-Funktion sinnvoller. Gibt es eine Eventeinladung, wird nur diese aufgerufen anstatt alle weiteren Funktionen gleich mitzuladen. Vor allem im Hinblick auf die Werbeeinnahmen wäre dies ein sinnvoller Schritt, denn je klarer die Funktion einer App ist, desto genauer kann ein Zielpublikum angesprochen werden.

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