Prozess:Erster Schuldspruch in der Regensburger Korruptionsaffäre

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Regensburgs OB Joachim Wolbergs beteuert seine Unschuld. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Im Zusammenhang mit der Parteispendenaffäre hat das Amtsgericht Regensburg gegen einen Immobilienunternehmer einen Strafbefehl erlassen.
  • Gegen den Mann sei wegen Vorteilsgewährung in zwei Fällen und Bestechung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr sowie eine Geldstrafe verhängt worden, teilte die Regensburger Staatsanwaltschaft mit.

Von Andreas Glas, Regensburg

In der Regensburger Korruptionsaffäre wächst der Druck auf den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD). Das Regensburger Amtsgericht hat einen Strafbefehl gegen Thomas D., den früheren Geschäftsführer der Immobilien Zentrum AG (IZ) erlassen - wegen Bestechung des Oberbürgermeisters und Vorteilsgewährung in zwei Fällen. Der Strafbefehl ist mit einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer hohen Geldstrafe verbunden.

Dass dem früheren IZ-Geschäftsführer nun ein öffentlicher Prozess erspart bleibt, begründet die Staatsanwaltschaft damit, dass er "umfassend" ausgesagt und "ihn belastende Sachverhalte eingeräumt" habe. Es zeichnet sich also ab, dass es nun eine Art Kronzeuge in einem möglichen Prozess gegen Wolbergs gibt.

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Es geht um rund 160 000 Euro Parteispenden, die D. zwischen 2012 und 2016 an Wolbergs' SPD-Ortsverein Stadtsüden gezahlt haben soll. Die Staatsanwaltschaft geht unter anderem davon aus, dass der OB sich im Gegenzug für eine Baugenehmigung auf einem Grundstück an der Straße "Auf der Platte" im Stadtwesten einsetzte. Deshalb ermittelt sie auch gegen Wolbergs wegen des Verdachts der Bestechlichkeit.

Dessen Verteidiger betonen ebenso wie die Anwälte des Unternehmers, dass die Baugenehmigung nicht zustande kam. Wolbergs beteuert seine Unschuld, auch D.'s Anwälte halten den Vorwurf der Bestechung "für falsch". Wegen der "erheblichen persönlichen Belastung" eines Gerichtsverfahrens und aus Rücksicht auf das Unternehmen habe man D. aber "geraten, den Strafbefehl zu akzeptieren".

Die Staatsanwaltschaft betont, dass aus dem Strafbefehl gegen D. nicht automatisch eine strafbare Handlung durch Wolbergs abgeleitet werden könne. Sie verweist aber darauf, dass D. nun als Zeuge in einem möglichen Prozess gegen Wolbergs aussagen und eine Aussage vor Gericht nicht verweigern könnte. Ein Belastungszeuge, der seine Strafe bereits akzeptiert hat, könnte für die Staatsanwaltschaft eine ganz andere Qualität haben als ein Beschuldiger, der auf der Anklagebank sitzt. Zumal D. auch Aussagen gemacht haben soll, die den Ermittlern laut Staatsanwaltschaft "bis dahin nicht bekannt waren". Es ist nun davon auszugehen, dass diese Aussagen in das Verfahren gegen Wolbergs einfließen.

"So gewinnt man einen Zeugen", sagte Wolbergs-Anwalt Peter Witting am Mittwoch. Er vermutet offenbar einen Deal zwischen D. und der Staatsanwaltschaft. Den Strafbefehl nennt er "taktisch" motiviert, das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Amtsgericht "skandalös". Es könne nicht sein, "einen Strafbefehl wegen Bestechung zu erlassen, bevor der angeblich Bestochene Gelegenheit dazu hatte, in Kenntnis sämtlicher Ermittlungsunterlagen hierzu Stellung zu nehmen", teilte Witting mit. Er kritisiert, dass das Verfahren gegen D. "nicht sauber in öffentlicher Verhandlung unter Beteiligung sämtlicher Betroffener diskutiert wird".

Die Staatsanwaltschaft weist diese Kritik zurück. Man habe Wolbergs und seinen Verteidigern bereits vor einem Jahr Akteneinsicht gewährt. Durch D.'s Aussagen sei "die Akte in Bezug auf Herrn Wolbergs angewachsen". Auch diese Akten habe man dessen Verteidigern im vergangenen Dezember zugestellt. "Sie hatten Gelegenheit, Stellung zu nehmen, und haben es auch getan", sagte ein Sprecher. Auch sei es üblich, ein Verfahren gegen zwei Beteiligte voneinander abzutrennen.

Neben Bestechung und Vorteilsgewährung beim Bauvorhaben "An der Platte" beinhaltet der Strafbefehl gegen D. auch Vorteilsgewährung in einem weiteren Fall. In ihren Stellungnahmen äußerte sich hierzu aber keiner der Beteiligten näher. Ebenfalls nicht kommentieren wollten Amtsgericht und Staatsanwaltschaft, ob und wie sehr D.'s Äußerungen Wolbergs nun genau belasten könnten. Bestätigt hat die Staatsanwaltschaft unterdessen, dass der Bauunternehmer auch Aussagen "zu anderen Personen" gemacht hat, die nicht mit dem Fall Wolbergs zu tun haben. Im Zusammenhang mit Parteispenden hatte es zuletzt auch Durchsuchungen im Büro des CSU-Kreisverbands Regensburg-Stadt gegeben. Ob diese im Zusammenhang mit D.'s Aussagen stehen, darauf wollte die Staatsanwaltschaft nicht näher eingehen.

Fest steht: Mit dem Strafbefehl gegen D. ist erstmals ein Schuldspruch in der Korruptionsaffäre gefallen. Erstmals sieht ein Gericht auch den Vorwurf der Bestechung gegeben. In einem weiteren Verfahren muss sich Wolbergs voraussichtlich im kommenden Herbst vor Gericht verantworten. Anfang März hatte das Regensburger Landgericht eine Anklage wegen Vorteilsannahme gegen Wolbergs und wegen Vorteilsgewährung gegen Bauunternehmer Volker Tretzel zugelassen. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe der Bestechung und Bestechlichkeit sieht das Gericht in diesem Fall nicht. Auch gegen Alt-OB Hans Schaidinger (CSU) laufen Ermittlungen.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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