Landtagswahl in Bayern:Speed-Dating mit der FDP-Basis

Lesezeit: 3 min

Die FDP-Mitglieder in Bayern dürfen in einer Urwahl über den Spitzenkandidaten abstimmen - es bewerben sich sieben Männer und eine Frau. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Für die FDP-Spitzenkandidatur bei der bayerischen Landtagswahl gibt es insgesamt acht Bewerber: Sieben Männer und eine Frau wollen die Partei in die Wahl führen und treten deshalb bei der internen Urwahl an.
  • Als Favorit gilt der frühere Landeschef Albert Duin, doch er hat auch viele Gegner in der Partei.
  • Vom nächsten Donnerstag an dürfen die etwa 6500 FDP-Mitglieder über ihren Spitzenkandidaten entscheiden, am 2. März wird das Ergebnis bekannt gegeben.

Von Wolfgang Wittl, Königsbrunn

Die Frage kommt harmlos daher, fast schon naiv, das macht sie umso gefährlicher. Sie zielt nicht in die falsche Richtung, wie gleich einer der Kandidaten behaupten wird. Und schon gar nicht kann man sich hinter ihr verstecken, wie es trotzdem manche versuchen. Die Frage hat das Zeug, den ganzen finanziellen und logistischen Aufwand, den die bayerische FDP in diesen Wochen auf sich nimmt, in Zweifel zu ziehen. Die Frage heißt: "Was wollen Sie besser machen als Albert Duin?"

Königsbrunn bei Augsburg, im Nebenzimmer eines Hotels sitzen sechs Männer und eine Frau, sie alle wollen die FDP im Herbst als Spitzenkandidat in die bayerische Landtagswahl führen. Eigentlich müssten es acht Bewerber sein, doch einer von ihnen, der Journalist Michael von Gumppenberg, hat sich an diesem Abend entschuldigt. Und ein anderer, der jederzeit einen flotten Spruch hinausposaunt, muss jetzt schweigen. Es wäre ja auch irgendwie seltsam, zu erklären, was man alles besser machen will als Albert Duin, wo man doch selbst dieser Albert Duin ist.

Politischer Aschermittwoch
:"Alle elf Minuten verliebt sich ein Söder in eine neue Idee von Herrn Söder"

Der politische Aschermittwoch in Zitaten.

Die Behauptung ist wohl nicht übertrieben, dass Albert Duin sehr viel damit zu tun hat, warum die zutiefst bürgerliche FDP sich im Moment ein bisschen benimmt wie die nicht immer ganz so konventionellen Grünen. Nicht die Funktionäre sollen diesmal darüber bestimmen dürfen, mit wem die Partei in den Wahlkampf zieht, sondern jedes Mitglied. Basisdemokratie bei Personalentscheidungen, Urwahl - so etwas kennt man von der FDP normalerweise nicht. Ein gutes Format sei das, findet Generalsekretär Norbert Hoffmann, es nütze dem gesamten Landesverband. Eine breite Legitimation für den Spitzenkandidaten könne nicht schaden.

Bei der Landtagswahl 2013 lief es ab wie immer: Der Parteitag nominierte einen Spitzenkandidaten, in diesem Fall Martin Zeil. Es war das übliche Abnicken dessen, was Landesvorstand und Landtagsfraktion bereits ein Jahr vorher in kleiner Runde verabredet hatten. Zeil war Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident, er war der logische Anführer. So wie auch Duin es bis vor Monaten noch war. Doch dann passierte etwas in der FDP.

Als Duin sich in seine dritte Amtszeit als Landeschef aufmachte, formierte sich Widerstand. Einer Abwahl entging er wohl nur, weil er auf eine Abstimmung gegen seinen Generalsekretär Daniel Föst verzichtete. Zu forsch, zu unberechenbar, zu unüberlegt - so raunten führende FDP-Leute seit Längerem hinter vorgehaltener Hand. Die Vorbehalte gegen Duin sind bis heute geblieben, doch anders als beim Landesvorsitz nimmt er den Kampf an.

In jedem Regierungsbezirk stellen sich die Bewerber der Basis. 35 FDP-Mitglieder sind nach Königsbrunn gekommen, Ortsvorsitzende, Kreisräte, der Bezirkschef. Vier Jahre habe Duin die FDP aufgebaut, sagt einer von ihnen. Vier Jahre nach dem Rauswurf aus dem Landtag stehe die Partei wieder vor der Rückkehr. Also: "Was wollen Sie besser machen als Albert Duin?"

Drei Minuten für die Präsentation, zwei Minuten für jede Antwort

Die Antworten sind so bunt wie die Kandidaten. Tobias Thalhammer, bis 2013 parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion, spricht von Loyalität und darüber, dass er Duin gar nicht habe herausfordern wollen. Er änderte seine Meinung, als er gesehen habe, dass andere nur "aus taktischen Gründen kandidieren" oder "um ihren Namen bekannt zu machen". Außerdem brauche man nicht nur frische Ideen, sondern auch parlamentarische Erfahrung. Die Münchner Stadträtin Gabriele Neff erklärt ihre Kandidatur mit den Worten, die FDP müsse "die beste Person ins Rennen schicken".

Carl von Lerchenfeld will die FDP auf kommunaler Ebene besser verankern, um das zu erreichen, was alle betonen: Diesmal soll es nicht wieder bei einem fünfjährigen Gastspiel bleiben, die FDP müsse sich im Maximilianeum etablieren. Der Unternehmer Andreas Keck sagt, es gehe nicht um Dankbarkeit, sondern um eine Auswahl: "Schade, dass es nicht noch mehr sind." Sechs Bewerber kommen aus Oberbayern - etwas viel, wie der Augenarzt Hans-Joachim Hofstetter aus Bad Kissingen findet: Es brauche auch Kandidaten aus Unterfranken. Seine Vorstellung beginnt Hofstetter mit einem Griff zum Glas: "Erst mal ein Zwischenprost."

Drei Minuten haben die Kandidaten für ihre Präsentation, zwei Minuten für jede Antwort. Derjenige, der Duin am nächsten war, grenzt sich von ihm am deutlichsten ab: Martin Hagen, der ehemalige Hauptgeschäftsführer in der FDP-Zentrale. Wenn Duin, 64, sagt, der Staat müsse in Pflege so viel investieren wie in Bildung, weil man das den Älteren schuldig sei. Dann sagt Hagen, 37, das wäre für die Bildung großartig, weil der Staat für Pflege tatsächlich viel mehr ausgebe. Wenn Duin eine Reihe von Vorschlägen aufzählt, wie er junge Wähler ansprechen will, sagt Hagen, es gehe nicht um einzelne Themen, sondern um Haltung. Und wer wissen will, wie sich die FDP in Koalitionsverhandlungen mit der CSU behaupten will, hört von Hagen, dass "nicht die dicksten Eier entscheiden, sondern Substanz". Auch das ist eine Spitze gegen Duin. Zu viel Show, zu wenig Inhalt wirft ihm das FDP-Establishment vor.

Vom nächsten Donnerstag an dürfen die etwa 6500 FDP-Mitglieder über ihren Spitzenkandidaten entscheiden, am 2. März wird das Ergebnis bekannt gegeben. Erreicht kein Bewerber mehr als die Hälfte der Stimmen, kommt es zur Stichwahl zwischen den beiden Führenden. Duin gilt als Favorit, seine Gegner setzen auf ein Bündnis in einer Stichwahl. Der Sieger wird am 24. März vom Landesparteitag bestätigt.

Eines, sagt Duin am Ende des Abends in Königsbrunn, wolle er zu dieser wichtigen Frage schon auch loswerden, auch wenn sie gar nicht an ihn gerichtet gewesen sei. Besser? Der Auftrag sei doch klar: "Meine Aufgabe ist es, die Partei als Frontsau in den Landtag zu bringen."

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSeite Drei zum politischen Aschermittwoch
:Nicht mehr der Horst vom Seehofer

Die Premiere von Passau: Wie Markus Söder sich aus dem Schatten seines Vorgängers befreit und stattdessen an den größten Ministerpräsidenten aller Zeiten anschließen möchte.

Von Roman Deininger und Wolfgang Wittl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: