Freizeit:Nürnberg will münchnerischer werden

Eisbachsurfer in München, 2016

In Nürnberg haben sich die Surfer zusammengetan, um nach Münchner Vorbild eine stehende Welle zu bauen.

(Foto: Robert Haas)
  • In der Pegnitz in Nürnberg soll eine stehende Welle für Surfer entstehen.
  • Ein Verein will sich um Sponsoren und die Umsetzung kümmern: Er muss aber noch die Genehmigung der Stadt abwarten.
  • Im Sommer 2018 könnten dann die ersten City-Surfer bereits auf der Welle reiten.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Joachim Buff surft seit 20 Jahren. Um die Kunst des Wellenreitens zu perfektionieren, verbrachte er einst sogar einen Teil seines Studiums in Australien. Heute fährt der 41-jährige Ingenieur so oft er kann ans Meer - mehr als zwei Mal im Jahr schafft er das allerdings selten. Wenn alles gut läuft, wird Buff aber bald in seiner Heimatstadt Nürnberg auf dem Surfbrett stehen können. Denn in der fränkischen Metropole haben sich die Surfer zusammengetan, um nach Münchner Vorbild eine stehende Welle zu bauen.

Lange hat sich in Nürnberg das Leben abseits der Pegnitz abgespielt, obwohl der Fluss mitten durch die Stadt führt. Das ändert sich gerade rasant. An vielen Stellen entstehen kleine Oasen. Sogar das Badeverbot wurde schon gelockert.

Für Besucher der Altstadt war es bis zum vergangenen Jahr fast unmöglich, sich an heißen Sommertagen im Wasser die Beine zu kühlen. Die Stadt ist so dicht an den Fluss herangebaut, dass man nur an ganz wenigen Stellen bis zum Wasser gelangen kann. Das Pegnitz-Ufer wird innerhalb der Stadtmauern meist von Häuserwänden eingefasst oder von Sandsteinmauern begrenzt. Und dann liegt der Wasserspiegel auch noch weit unter dem Straßenniveau. Außerhalb der Stadtmauern säumen zwar Wiesen und Spazierwege den Fluss, doch auch dort muss man die Zugänge zum Wasser suchen.

Im Sommer 2016 aber ist Nürnberg wieder zu einer Stadt am Fluss geworden. Zum einen wurde auf einer Insel in der Altstadt ein Uferstreifen geschaffen, auf dem man direkt auf Wasserhöhe sitzen und entspannen kann. Und nur ein paar hundert Meter östlich der Altstadt lockt neuerdings ein wahres Freizeitparadies.

Dort wurde die Pegnitz schon vor Jahrzehnten zu einem 52 Hektar großen See aufgestaut. Er ist nach dem angrenzenden Stadtteil Wöhrd benannt und besteht aus zwei Teilen: Dem 1400 Meter langen Unteren Wöhrder See und dem Oberen Wöhrder See mit einer Länge von 1200 Metern. Zum Baden waren beide nicht geeignet, im Sommer roch das Wasser oft ziemlich übel. Geschätzt wurde die Gegend vor allem von Hundebesitzern, deren Lieblinge sich auf den Uferwiesen erleichterten. Nun ist das anders.

Am Wöhrder See unmöglich, an der Pegnitz machbar

Allein der Freistaat hat zwölf Millionen Euro in den Unteren Wöhrder See investiert, damit das Wasser schneller fließt und der Erholungswert steigt, die Stadt übernahm die Ufergestaltung. Am Nordufer lädt ein Stadtstrand zum Sonnen und Chillen ein, im Süden lockt eine Badebucht. Sie ist durch einen 400 Meter langen Steindamm vom See abgetrennt. Er dient zum einen als Spazierweg, zum anderen als gigantischer Öko-Filter. Auch wenn das städtische Gesundheitsamt das Baden noch nicht offiziell freigegeben hat, wurde der Badebetrieb doch toleriert - und von ständigen Wasserkontrollen begleitet.

Die Umgestaltung des Wöhrder Sees war auch der Auslöser für das Projekt Surfwelle. Denn Freistaat und Stadt hatten die Bürger eingeladen, sich mit Ideen am Planungsprozess zu beteiligen. Damals meldeten sich auch Surfbegeisterte zu Wort, mussten aber lernen, dass ihr Wunsch am Stausee nicht realisierbar war. Die Idee aber verbreitete sich schnell. "Wir haben uns alle Schritt für Schritt über Facebook gefunden", erinnert sich Roland Amon, wie Joachim Buff ein Nürnberger, Anfang Vierzig, Vorstandsmitglied bei der Dauerwelle.

Sobald die Genehmigung da ist, müssen Sponsoren her

2012 wurde der Verein gegründet, etwa 80 Mitglieder zählt er heute. Dass sich die Sache so lange hinziehen würde, war wohl nicht jedem klar. Stefan Bachschmid, ein Mitglied des Dauerwelle-Vorstands, das es aus München an die Pegnitz verschlagen hat, und selbst Ingenieur im Baubereich, sagt: "Es gibt kein Referenzprojekt, deshalb ist die Genehmigungsphase wahnsinnig zeitaufwendig." Doch die Mitglieder hätten dem Vorstand vertraut, während der die Planung vorantrieb und mit diversen Behörden abstimmte.

Die größte Hürde dürfte der Verein in wenigen Tagen nehmen: Er wartet auf die Genehmigung der Stadt. Die hatte schon Wohlwollen signalisiert, aber noch auf eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts gewartet. Laut Ulrich Fitzthum, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Nürnberg, enthält sie keine wesentlichen Bedenken.

Sobald die Genehmigung da ist, wollen sich die Surfer an mögliche Sponsoren wenden. 250 000 Euro müssen sie mindestens sammeln, Vorgespräche wurden schon geführt. 2018 soll die künstliche Welle dann in Betrieb gehen. Ein bisschen können sich die Nürnberger dann fühlen wie in der Landeshauptstadt.

Aber wird die Pegnitz je zu einer fränkischen Isar werden? "Es ist andersrum!", sagt Ulrich Fitzthum. "Die Isar ist die zweite Pegnitz." Denn "das größte Projekt des urbanen Wasserbaus" sei schließlich die Renaturierung der Pegnitz im Westen Nürnbergs gewesen. Der Fluss wurde dort zu einer Zeit aus seinem Korsett geholt, als die Isar noch in ihrem kanalartigen Flussbett lag. Im Jahr 2001 war das Pegnitztal auf 3,5 Kilometern naturnah gestaltet - mit Spielplätzen, Zugängen zum Wasser, Geh- und Radwegen.

Tatsächlich, das weiß natürlich auch Fitzthum, kann man Isar und Pegnitz schwer vergleichen. Der fränkische Mittelgebirgsfluss ist langsamer und führt deutlich mehr Sediment mit sich. Auch um die Badewasserqualität ist es nicht so gut bestellt wie an der Isar, wo der Freistaat vor zwölf Jahren einige Millionen Euro investierte, um die Kläranlagen am Oberlauf mit keimtötenden UV-Desinfektionsanlagen auszustatten.

Ähnliches ist an der Pegnitz nicht geplant, doch sowohl die Kläranlagen als auch die Abwassersysteme sind heute leistungsfähiger als früher. Deshalb hat sich die Wasserqualität auch an der Pegnitz deutlich gebessert, stellt die Stadt fest. Eine gute Nachricht für Joachim Buff und seine Vereinskollegen.

Verein Dauerwelle

Der Verein "Nürnberger Dauerwelle e.V." will am Ufer der Pegnitz einen neuen Kanal mit einer stehenden Welle schaffen. Bei Surfbetrieb wird Wasser mit Hilfe eines Schlauchwehrs von der Pegnitz in den 61 Meter langen und 22 Meter breiten Kanal geleitet. Dort soll eine rampenähnliche Konstruktion mit einem hydraulisch betriebenen Wehrtisch die Welle erzeugen. Diese Technik wurde unter anderem von Professor Markus Aufleger (Universität Innsbruck) nach dem Vorbild der Eisbachwelle in München entwickelt. Standort soll ein Uferstück etwa zwei Kilometer westlich der Altstadt im Stadtteil Muggenhof sein. Der Freistaat hat bis zu 250 000 Euro als Zuschuss in Aussicht gestellt. Den Rest der auf 500 000 Euro geschätzten Kosten will der Verein durch Sponsoren und Spenden aufbringen. henz

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