Ermittlungen:Landtagsabgeordneter unter Spanner-Verdacht

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Mit seiner politischen Arbeit sollen die Ermittlungen nichts zu tun haben. Der Abgeordnete Linus Förster sitzt seit 2003 für die SPD im Landtag. (Foto: Imago)
  • Gegen den Augsburger SPD-Landtagsabgeordnete Linus Förster wird wegen Körperverletzung und illegaler Bildaufnahmen ermittelt.
  • Der 51-Jährige lässt wegen der Ermittlungen seine Ämter in Fraktion und Partei vorübergehen ruhen.
  • Sein Anwalt stellte klar, dass es sich bei den Bildaufnahmen nicht um "Spannerfotos von Kindern" handelt.

Von Stefan Mayr, Augsburg, und Katja Auer, Augsburg

Gegen den Augsburger SPD-Landtagsabgeordneten Linus Förster wird wegen Körperverletzung und illegaler Bildaufnahmen ermittelt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Augsburg am Mittwoch. Am Dienstag seien deswegen die Wohnung des 51-Jährigen und seine Büroräume in Augsburg und München durchsucht worden. Förster lässt seine Ämter in Fraktion und Partei vorübergehen ruhen.

Die Ermittlungen wegen des "Verdachts der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und der vorsätzlichen Körperverletzung", wie es die Staatsanwaltschaft formuliert, gingen auf eine Strafanzeige zurück. Es soll sich um Bilder von einer erwachsenen Frau handeln, wie die Augsburger SPD-Chefin Ulrike Bahr sagte. Förster habe ihr mitgeteilt, dass die Anzeige im Zusammenhang mit seiner Beziehung zu dieser Frau stehe. Mit seiner politischen Arbeit hätten die Ermittlungen nichts zu tun.

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Laut Recherchen der Augsburger Allgemeinen soll Förster versucht haben, den Sex mit einer Prostituierten heimlich zu filmen. Die Frau habe das bemerkt und sich dagegen verwahrt. Die Zeitung berichtet weiter, dass es zwischen Förster und der Prostituierten zu einem Streit und zu einem Gerangel gekommen sein. Später habe die Frau dann Anzeige erstattet. Förster selbst äußerte sich bislang nicht zu Details. Er bestätigte die Ermittlungen und ließ seinen Anwalt mitteilen, dass er "aus Respekt vor den Institutionen des Rechtsstaats seine politischen Führungsämter" bis auf Weiteres nicht ausüben werde. Das ist zum einen der Vorsitz der Schwaben-SPD, aber auch der stellvertretende Vorsitz im Europa-Ausschuss des Landtags.

Außerdem ist Förster in der Fraktion zuständig für die Europapolitik und die Jugendpolitik. Seine Immunität als Abgeordneter wurde vom Landtag bislang nicht aufgehoben. Allerdings wurde Landtagspräsidentin Barbara Stamm von der Staatsanwaltschaft informiert. Legt sie keinen Einspruch ein, und das tut sie in der Regel nicht, können die Ermittlungen beginnen. Förster werde alles daran setzen, "um den Sachverhalt umfassend aufzuklären", heißt es in dem Schreiben seines Anwalts. Er werde über die Kanzlei "zu gegebener Zeit" eine Stellungnahme bei den Ermittlungsbehörden abgegeben.

Förster soll bald öffentlich Stellung nehmen zu den Vorwürfen

Seit Anfang November ermittelt die Staatsanwaltschaft. Am Dienstagmorgen, kurz vor acht Uhr, standen Polizisten und Staatsanwälte dann auch vor der Tür der SPD-Zentrale an der Augsburger Schaezlerstraße, wie Ulrike Bahr am Mittwoch sagte. Allerdings hätten die Beamten nur Försters Büro durchsucht, das er von der SPD gemietet hat. Daraufhin habe der Parteivorstand den 51-Jährigen befragt, sagte Bahr: "Wir haben ihn aufgefordert, dass er klarstellt, worum es geht." Am Dienstagabend habe ein Gespräch mit ihm stattgefunden. "Ich habe mich mit seiner Ankündigung zufriedengegeben, dass er sich nach Rücksprache mit seinem Anwalt öffentlich erklären wird", sagte Bahr.

Der entsprechende Strafrechtsparagraf bezieht sich unter anderem auf voyeuristische Aufnahmen von hilflosen Personen. Die Vorschrift 201a des Strafgesetzbuches wird mitunter auch als "Spanner-Paragraf" bezeichnet. Der Gesetzestext droht demjenigen eine bis zu zweijährige Haftstrafe an, der von einem Menschen, der in einem geschützten Raum wie einer Wohnung ist, ohne Erlaubnis Aufnahmen macht "und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt". Dies betrifft beispielsweise Voyeure, die heimlich in einer Umkleidekabine filmen. Doch selbst wenn eine Frau für ihren Freund für Erotikfotos posiert, kann das später ein Fall für den Staatsanwalt werden. Nämlich dann, wenn der Mann, beispielsweise nach der Trennung, solch ein Bild unerlaubt weitergibt.

Alle SPD-Kollegen zeigten sich überrascht und beteuerten, dass für Förster die Unschuldsvermutung gelten müsse. "Das ist eine hochsensible Angelegenheit", sagte Ulrike Bahr. Einerseits müsse Förster geschützt, andererseits dürfe nichts vertuscht werden. "Deswegen haben wir ihn aufgefordert, Transparenz herzustellen und alles aufzuklären."

Linus Förster sitzt seit 2003 für die SPD im Landtag und gilt als deren Berufsjugendlicher. Er ist jugendpolitischer Sprecher und arbeitete früher beim Stadtjugendring Augsburg. Er tritt auch als Musiker und Schauspieler auf. Als einer der wenigen Parlamentarier interessiert er sich leidenschaftlich für Europa.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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