Neues Modell:Neuauflage des Opel GT: Ein Brandstifter von Biedermännern

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Der Opel GT Concept debütiert Anfang März beim Genfer Autosalon. (Foto: Opel)

Opel fehlt ein bisschen Pfiff und Frechheit. Dafür soll eine aufregende Sportwagenstudie mit ungewöhnlichem Antrieb sorgen.

Von Jörg Reichle

Bei Opel tut sich was. Nach jahrelanger Agonie, Absatzkrise, Chefwechseln in Serie und Dauerstreit mit der US-Konzernmutter General Motors scheint es in Rüsselsheim allmählich wieder aufwärtszugehen. 1,1 Millionen Fahrzeuge wurden 2015 verkauft, hat Vorstandschef Karl-Thomas Neumann gerade verkündet, das waren immerhin 3,3 Prozent mehr als im Jahr davor. Und auch die Modellpalette entwickelte sich zuletzt erfreulich, optisch wie technisch. Aktuell steht dafür vor allem der neue Astra. Er könnte mehr als nur eine achtbare Außenseiterrolle gegen den Dauerkonkurrenten VW Golf spielen.

Und so soll es weitergehen. "Bis 2020 werden wir 22 neue Modelle auf den Markt bringen", kündigt Neumann an, darunter den neuen Mokka, der bereits auf dem Genfer Autosalon im März gezeigt wird, den zusammen mit PSA entwickelten Nachfolger des Meriva und den Nachfolger des Insignia, der 2017 auf den Markt kommt. Was die Marke sein will, definiert Neumann damit auch: "Wir stehen für die Mitte der Gesellschaft, wir sind nicht billig, aber auch nicht Premium." "Approachability" nennt er das auf Englisch, was so viel bedeutet wie Nahbarkeit oder Zugänglichkeit. Klingt erfreulich volksnah.

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Das Publikum soll auch mal staunen

Was Opel fehlt, weiß Neumann aber auch: ein bisschen Pfiff, ein Schuss Frechheit und ein Publikum, das auch mal staunt. Oder schlicht den Wunsch verspürt: Den will ich haben. So einen Opel gab es schon mal, auch wenn es lange her ist. Für die jüngeren Leser, die die Sechzigerjahre nur aus den Fotoalben ihrer Eltern kennen: Es war auf der IAA 1965, als Opel den GT aus dem Hut zauberte, eine stromlinienförmige, perfekt proportionierte Sportwagenstudie, schlank, minimalistisch, mit versenkbaren Scheinwerfern. Zwar steckte unterm Blech die vergleichsweise biedere Technik des Kadett B, doch die Begeisterung des Publikums war derart groß, dass der serienreife Opel GT bereits drei Jahre später bei den Händlern stand. Und sich bestens verkaufte.

Jetzt gibt es wieder einen GT. Und es ist wieder eine Konzeptstudie. Vom Sportwagen von einst trennt ihn freilich so gut wie alles, Retro sucht man hier weitgehend vergebens. Aufregend gezeichnet ist die avantgardistische Karosse aber allemal. "Dieses Coupé zeigt die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Design-Philosophie - skulpturales Design trifft auf deutsche Ingenieurskunst", beschreibt Chefgestalter Mark Adams etwas wolkig den Entwurf aus dem Advanced-Design-Studio in Rüsselsheim.

Adams, der zunehmend seine Linie zu finden scheint und damit die Marke optisch immer stärker prägt, hat zusammen mit seinem Team aus dem GT ein betörendes Auto geschaffen. Über einem 145 PS starken Einliter-Dreizylinder-Benziner mit Direkteinspritzung hinter der Vorderachse in Kombination mit klassischem Heckantrieb erhebt sich eine muskulöse, betont breit und flach wirkende Karosserie mit extrem kurzen Überhängen. Unterstrichen wird die optische Wirkung von einer roten, sogenannten Signaturlinie, die den Fahrzeugkörper horizontal aufteilt und vorne an den ebenfalls knallroten Vorderreifen ausläuft - eine "Reminiszenz an das zu seiner Zeit ebenfalls avantgardistische Opel-Motorrad Motoclub 500, das schon 1928 stolz auf zwei roten Reifen rollte", wie es im Pressetext blumig heißt.

Wichtiger sind andere Innovationen des kaum über vier Meter langen und weniger als 1000 Kilogramm schweren GT, die großen Türen mit integrierten Seitenscheiben zum Beispiel mit nahtlosem Übergang zwischen Glas- und Lackflächen. Eingestiegen wird, nachdem man eine Tastfläche im Dach berührt hat und sich die Türen elektrisch geöffnet haben. Dabei tauchen sie ein gutes Stück in die vorderen Radhäuser ein, was Platz spart und einen großen Öffnungswinkel möglich macht. Die Rolle der Außenspiegel übernehmen im GT Concept zwei Kameras hinter den vorderen Radhäusern. Sie übertragen ihre Bilder auf zwei Monitore links und rechts im Cockpit. Die Frontscheibe wiederum setzt sich sozusagen nahtlos in einem gläsernen Panoramadach fort, was den freien Blick in den Himmel eröffnet. Wie im Cabrio.

Geht die Studie in Serie? Opel schweigt dazu.

Die Frage ist, wie das Publikum auf den GT reagiert, wenn er in knapp fünf Wochen auf der Genfer Automesse präsentiert wird, und was geschieht, wenn er, was wir erwarten, begeisterte Kommentare erntet. Geht er dann in Serie wie einst das historische Vorbild? In Rüsselsheim schweigt man dazu hartnäckig, auch über die naheliegende Spekulation, ein Elektroantrieb könnte die ideale, weil zukunftsweisende Antriebsquelle sein und zusammen mit der spektakulären Optik die Marke einen großen Schritt vorwärtsbringen.

Vom historischen Vorbild, das von August 1968 bis Juli 1973 gebaut wurde, verkaufte Opel insgesamt mehr als 103 000 Exemplare, die Hälfte der gesamten Produktion ging in die USA. Dort übernahm die GM-Tochter Buick die Vermarktung. Als "kleine Corvette", heißt es heute, wurde der Opel GT auch dort ein Erfolg.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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