Elektromobilität:Den deutschen Herstellern fehlt ein Visionär wie Elon Musk

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Der Tesla-Chef baut eine riesige Batteriefabrik und bringt so die E-Mobilität voran. Und die deutsche Autoindustrie? Fährt mit Korea-Akkus und angezogener Handbremse in die Zukunft.

Kommentar von Joachim Becker

Think Big. Dieser amerikanische Leitspruch passt perfekt zu Elon Musk. Gerade hat der Tesla-Chef seine erste Gigafactory in Nevada eröffnet. Das Gebäude ist erst zu einem Siebtel fertig. Im finalen Stand sollen 100 Flugzeuge im Format eines Jumbojets reinpassen oder 50 Milliarden Hamster, wie Musk ulkte.

Clown oder Visionär? Fakt ist, dass Tesla den Elektrofahrzeugen den Weg bereitet hat - und von mindestens einer Batteriefabrik auf jedem Kontinent spricht. Im November 2015 diskutierte Musk schon mit Bundesarbeitsminister Sigmar Gabriel über eine weitere Gigafactory in Good Old Germany.

Viel hängt von den Batterien ab

Die Batteriefertigung ist die Gretchenfrage der Elektromobilität: Wer wirklich an eine Zukunft der Stromer glaubt, muss bei der Zellchemie vorne mitspielen. Mit rund 20 Prozent machen Batterien einen großen Teil der Wertschöpfung von E-Mobilen aus. Was bei Verbrennungsmotoren die Tiefen der Thermodynamik sind, ist hier die Zellchemie: Hunderte Parameter bestimmen nicht nur die Energie- und Leistungsdichte, sondern auch den Preis der Energiespeicher und deren Lebensdauer. Wer nicht durchblickt, riskiert am Ende jene zehn oder 20 Prozent an technologischem Rückstand, die für deutsche Automobilmarken undenkbar zu sein schienen.

Wie lange wollen die deutschen Hersteller noch zuschauen, wie andere den Markt für Elektroautos dominieren? In der Batterieforschung sei Deutschland mittlerweile wieder gut aufgestellt, meint Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Doch das Problem sei die fehlende Produktion: Ziel müsse es sein, das nötige Know-how zur Batteriezellfertigung hier im Land zu haben, und zwar entlang der kompletten Wertschöpfungskette.

Deutsche E-Autos fahren bislang mit koreanischen Batterien

Es stimmt schon: Derzeit gibt es Überkapazitäten und Preis-Dumping im weltweiten Batteriemarkt. Der Absatz von E-Mobilen hinkt den Prognosen hinterher. Doch wenn all die angekündigten Elektroautos auf den Markt kommen, werden die Produktionskapazitäten knapp. Das wissen auch die koreanischen Batteriehersteller, die im großen Stil Fertigungskapazitäten in Osteuropa aufbauen wollen.

Um mit den Big Playern mitzuhalten, ist viel Geld, Geduld und Spucke nötig. 1,3 Milliarden Euro kostet allein die erste Ausbaustufe einer solchen Fabrik. In den ersten zehn Jahren sind nur Verluste zu erwarten, rechnet die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) vor. Trotzdem haben sich die Experten für eine hiesige Batteriefabrik ausgesprochen. Doch passiert ist - nichts. Was fehlt, ist ein Visionär wie Elon Musk, der Ideen über eine lange Zeit durchkämpfen kann. Das bringt zwar anfänglich keine Rendite, aber ein Stiftungsunternehmen wie Bosch sollte so unabhängig agieren können wie ein risikokapitalgestütztes Start-up. Die deutschen Autobosse sprechen ständig von einer neuen Unternehmens- und Risikokultur. Jetzt könnten sie ihren Worten Taten folgen zu lassen.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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