Wie eine richtige Kanone sieht das Ding im Marineforschungszentrum Dahlgren in Virginia eigentlich nicht aus. Es ist ein zusammengeschraubter Metallkasten von rund 20 Metern Länge, dessen eine Seite aus der Hallenwand ragt. Am anderen Ende sind Dutzende Elektrokabel angebracht, jedes so dick wie ein Handgelenk.
Auf dieser Seite ist auch eine Öffnung, wo Forscher ein Projektil ins Rohr stecken und mit einem Stock an die richtige Stelle schieben. Bis hier ähnelt der Ladevorgang dem auf einem historischen Kriegsschiff vor Trafalgar.
Aber wenn die Forscher in Dahlgren auf den Knopf drücken, fliegt die Kugel mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit aus dem Rohr. Ein tiefes Loch in einem mit Sand gefüllten Aluminiumbehälter vor der Tür zeugt von der Wucht dieser Kanone.
Mit ihrer Höllenmaschine haben die amerikanischen Marineforscher soeben einen neuen Weltrekord aufgestellt. 33 Megajoule Energie haben sie dem laut Presseberichten gut drei Kilogramm schweren Geschoss mitgegeben - dreimal so viel wie bei Versuchen im Januar 2008. Ein Strom von fünf Millionen Ampere floss dabei kurzzeitig aus einer Bank von Kondensatoren durch die Kanone und das Projektil.
Der Probeschuss bedeute, "dass die Marine mindestens 200 Kilometer weit schießen kann", sagte der Leiter des Forschungsprogramms, Konteradmiral Nevin Carr.
Auf einem Schiff installiert könnte ein solches Geschütz Munition mit fünffacher Schallgeschwindigkeit abfeuern. Die Geschosse würde beim Einschlag allein wegen ihrer kinetischen Energie ganz ohne Sprengstoff mehr Zerstörungskraft entwickeln als die heute raketen- oder düsenbetriebenen Marschflugkörper - bei einem Bruchteil der Kosten. "Velocitas eradico" heißt darum das Motto des Programms; was im Lateinischen ungefähr bedeutet: "Ich bin die Geschwindigkeit und richte zugrunde."