Verkehr:Streit um Straßenbau: Die Ampel-Koalition hat sich verhakt

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PKW, Busse und LKW stehen auf der Autobahn A8 am Irschenberg im Stau. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vieles dauert in Deutschland furchtbar lange. Die Ampel-Koalition will ein paar Knoten durchschlagen und wichtige Verkehrsprojekte beschleunigen. Doch was ist wie wichtig?

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Berlin (dpa) - Im verfahrenen Ampel-Koalitionsstreit um schnellere Planungsverfahren im Verkehr setzt sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) für eine zügige Verständigung ein. „Er sieht das als ein wichtiges Thema an und ist entschlossen, da bald zu einer Lösung zu kommen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. Gespräche in der Regierung dazu liefen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir da in nicht allzu ferner Zukunft zu einem guten Ergebnis kommen werden.“ Eine Sitzung des Koalitionsausschusses am Vorabend sei „ein intensiver und konstruktiver Austausch“ gewesen.

Ein Kompromiss zeichnete sich allerdings vorerst weiter nicht ab. Während die FDP den Grünen eine Blockadehaltung vorwarf, verlangen diese mehr Klimaehrgeiz im Verkehr. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Straßen und Brücken schneller bauen lassen. Die Grünen lehnen Beschleunigungen von Autobahnneubauten aber strikt ab.

Seit Monaten ringen SPD, Grüne und FDP zudem vergeblich um ein im Koalitionsvertrag angekündigtes Klimaschutzsofortprogramm. Auch hier ist der Verkehrsbereich der Hauptknackpunkt. Die Grünen wollen unter anderem den Abbau umweltschädlicher Subventionen und ein Tempolimit auf Autobahnen - beißen damit aber bei der FDP auf Granit. Umstritten sind auch Pläne von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), bis 2030 schrittweise auf Biokraftstoffe zu verzichten.

CDU bezeichnet Verhandlungen als „Trauerspiel“

In den kommenden Wochen soll weiter verhandelt werden. CDU-Bundesvize Andreas Jung sprach am Freitag von einem „Trauerspiel“. „Grüne und FDP liegen sich in den Haaren, der selbsternannte Klimakanzler ist abgetaucht und so bleiben die Klimaziele auf der Strecke“, sagte Jung, der auch Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie ist. Der verkehrspolitische Sprecher der Union, Thomas Bareiß (CDU), stellte eine „tiefe und unüberbrückbare Zerstrittenheit von FDP und Grünen“ fest. „Und die SPD ist sprachlos.“ Es brauche Tempo, der Bau wichtiger Autobahnen und Umgehungsstraßen müsse möglich bleiben.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte Bewegung von den Grünen. Eine Blockade mit Hinweis auf den Klimaschutz sei absurd, sagte er der dpa in Berlin. „Wer glaubt, es helfe dem Klima, wenn Straßen besonders langsam gebaut werden, ist schief gewickelt. Wer verhindert, dass durch Straßenaus- und -neubau Staus schneller beseitigt werden können, erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst.“ Es gehe nicht um die Frage, ob neue Straßen gebaut werden, sondern darum, wie schnell sie geplant und gebaut werden können, sagte er.

FDP-Vize Johannes Vogel betonte: „Die Autos müssen so schnell wie möglich klimaneutral werden, aber auch die klimaneutralen Autos von morgen brauchen gute Straßen, auf denen sie fahren können. Und auch bis dahin hilft es dem Klima sogar, wenn zum Beispiel Staus reduziert werden.“

Lang: Weit von Klimazielen im Verkehrsbereich entfernt

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums betonte, man setze sich ein für den Klimaschutz im Verkehr, etwa durch den Ausbau des Netzes an Ladesäulen für Elektroautos. Auch den Einsatz elektrisch betriebener Lastwagen wolle man vorantreiben sowie den öffentlichen Nahverkehr grundlegend reformieren.

Grünen-Chefin Ricarda Lang pochte hingegen weiter auf ein Erreichen der Klimaziele im Verkehrsbereich. Es gebe ein Klimaschutzgesetz, „das wir einhalten müssen“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Und das schaffen wir noch nicht, insbesondere im Verkehrsbereich.“

Ihr gehe es nicht um einen ideologischen Streit rund um Autos, betonte Lang. Und es gehe auch nicht darum, dass gar keine Straßen mehr gebaut werden. Es gehe darum, ob dem Straßenbau ein „überragendes öffentliches Interesse“ eingeräumt werde, mit dem beispielsweise Naturschutzprüfungen nicht mehr vorgenommen werden müssten. Die Grünen-Chefin forderte eine Priorisierung und sprach sich für eine Planungsbeschleunigung beim Ausbau der Schiene und der erneuerbaren Energien aus. „Denn das brauchen wir in diesem Land.“

Grünen-Jugend-Chef Timon Dzienus sagte dem Nachrichtenportal „Watson“: „Wer jetzt noch das Land mit weiteren Autobahnen zubetonieren will, hat den Ernst der Klimakrise nicht verstanden.“

VCI: Rasender Stillstand lähmt unser Land

Der Präsident des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Jörg-Andreas Krüger, stärkte den Grünen den Rücken. „Das Scheitern der Verkehrswende konnte im Moment nur dadurch verhindert werden, weil auf Druck der Grünen im Koalitionsausschuss keine Einigung erzielt werden konnte.“ Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, erklärte: „Es geht jetzt darum, endlich mehr Platz für Personen und Güter auf der Schiene zu schaffen. Dafür brauchen wir einen schnelleren Ausbau des Schienennetzes, aber keine Debatten um noch mehr Autobahnen. Die große Aufgabe im Straßennetz ist die Instandhaltung und die Sanierung maroder Brücken.“

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup, kritisierte: „Statt den Turbo einzuschalten, lähmt rasender Stillstand unser Land und unsere Wirtschaft.“ Es führe nicht zum Ziel, Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen. „Deutschland und die Industrie brauchen gleichermaßen exzellent ausgebaute Straßen, Schienen und Wasserwege. Sonst taugen unsere Verkehrswege nur noch zum Verlagern der Produktion ins Ausland.“

© dpa-infocom, dpa:230127-99-377424/4

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