Nicht, dass die Deutschen ihre Papageien vernachlässigen würden: Die Tiere haben Anspruch auf einen Käfig mit mindestens zwei Metern Durchmesser und von ausreichender Höhe für einen kleinen Flug. Sie sollten einen Artgenossen zur Gesellschaft haben und ausreichend Spielzeug, um sich abzulenken. Erstaunlich spät haben jetzt Forscherinnen festgestellt, dass den klugen und gesprächigen Vögeln jedoch noch ein wesentlicher Gegenstand des modernen Lebens fehlt: das Telefon.
"Bislang hat man sich durchaus um die kognitive Anreicherung der Umgebung bei der Haltung von Papageien bemüht", erklärte das Team um Rebecca Kleinberger von der Northeastern University und dem MIT Media Lab in Boston in einer gemeinsamen Video-Präsentation anlässlich einer derzeit laufenden Konferenz zu Mensch-Computer-Interaktionen in Hannover. "Doch fehlte es an Angeboten für die soziale und emotionale Stimulation." Ein einziger Gefährte könne nicht die Schwärme ersetzen, in denen die Vögel in freier Wildbahn leben.
Sie putzten sich, zeigten Spielverhalten und fingen an zu singen
Dabei liege die Lösung nahe, gerade nach Corona-Zeiten: Per Videotelefonie könnten Papageien interagieren, was zugleich den Vorteil hätte, dass sie nicht in Kontakt mit gefährlichen Pilzsporen oder Bakterien geraten, die von den Vögeln nicht selten verbreitet werden.
In Kooperation mit dem "Parrot Kindergarten" aus Florida gelang es den Forscherinnen tatsächlich, in einem dreimonatigen Training insgesamt 18 Papageien die Grundzüge der Bildschirmtelefonie beizubringen. In rund 1000 Stunden Videomaterial dokumentierten sie wissenschaftlich den Erfolg ihrer Bemühungen.
In den ersten zwei Wochen lernten die Aras und Kakadus in einer "Meet-and-greet"-Phase, dass auf einem Touchpad eine Bildergalerie mit anderen gesprächsbereiten Papageien aufleuchtet, wenn sie dem Befehl "Schlag das Glöckchen!" folgen. Und schnell hatten sie verstanden, dass sie mit ihren Artgenossen kommunizieren können. Dabei ließen sie für Papageien typische Wohlfühl-Anzeichen erkennen, sie putzten sich, zeigten Spielverhalten und fingen an zu singen. Manchmal versuchten sie, mit dem Bildschirm-gegenüber zu schnäbeln.
In den Folgewochen lernten die Tiere, dass sie sich per Schnabel-Klick einen bestimmten Gesprächspartner herauspicken konnten, wobei die Studienmitarbeiter manchmal ein bisschen nachhalfen: "Willst du einen Freund anrufen? Willst du Rosie anrufen?" Der Trick funktionierte. Insgesamt registrierten die Forscherinnen 147 gezielte Anrufe. Dabei erfuhren sie, dass sich soziale Aktivität durchaus lohnt: Jene Vögel, die besonders häufig ihre Freunde anriefen, wurden auch häufiger zurückgerufen.