Wiesbaden:In Hamburg schon ein bisschen Alltag: Das Dieselfahrverbot

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Was in einigen hessischen Städten droht, ist in Hamburg bereits Alltag: ein Fahrverbot für ältere Dieselautos. In der Hansestadt gelten die Einschränkungen seit Ende Mai für zwei Straßen, es ist das bundesweit erste Dieselfahrverbot. Auch Wochen nach der Einführung reißt dort die politische Diskussion nicht ab: Für die Hamburger Gesundheitsbehörden ist das Veto Gesundheitsschutz, für Teile der Opposition Symbolpolitik. Ab Jahresbeginn 2019 soll es auch in Stuttgart Fahrverbote für ältere Diesel geben.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Was in einigen hessischen Städten droht, ist in Hamburg bereits Alltag: ein Fahrverbot für ältere Dieselautos. In der Hansestadt gelten die Einschränkungen seit Ende Mai für zwei Straßen, es ist das bundesweit erste Dieselfahrverbot. Auch Wochen nach der Einführung reißt dort die politische Diskussion nicht ab: Für die Hamburger Gesundheitsbehörden ist das Veto Gesundheitsschutz, für Teile der Opposition Symbolpolitik. Ab Jahresbeginn 2019 soll es auch in Stuttgart Fahrverbote für ältere Diesel geben.

Am Mittwoch (5. September) geht es außerdem vor dem Wiesbadener Verwaltungsgericht um mögliche Einschränkungen in Frankfurt. Mitte November wird über die Situation in Darmstadt und Ende Dezember über die Fortschreibung des Wiesbadener Luftreinhalteplans verhandelt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte geklagt, weil in den Städten die Stickoxid-Grenzwerte überschritten wurden.

In den ersten Monaten nach Inkrafttreten des Verbotes hatte die Hamburger Polizei mehr als 300 Fahrer erwischt, die unerlaubterweise mit ihrem Diesel in der Verbotszone unterwegs waren, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte. Teils bekam jeder dritte Kontrollierte ein Knöllchen. Seit 21. Juni wird in Hamburg gebührenpflichtig sanktioniert: Bei Missachtung des Fahrverbots werden für Autofahrer 20 Euro und für Lastwagenfahrer 75 Euro fällig.

Nach den Worten eines Polizeisprechers gab es unter anderem mehrere Großkontrollen. Dafür sei Verstärkung aus anderen Dienststellen dazu gekommen. Ansonsten würden Autos während der normalen Streife herausgewunken und kontrolliert. „Da geht es dann nicht nur um das Fahrverbot, sondern natürlich auch um die Papiere, Fahrtüchtigkeit, Warndreieck und so weiter.“

Ob die Luft in Hamburg inzwischen sauberer geworden ist, kann die Umweltbehörde noch nicht sagen. Für eine Zwischenbilanz sei es noch zu früh, erklärte ein Sprecher. „Relevant und belastbar ist der Jahresmittelwert, der drei Monate nach Inkrafttreten der Durchfahrtsbeschränkung noch nicht berechnet werden kann.“ Die Sommermonate bildeten bedingt durch die Ferienzeit und die wärmere Witterung keinen repräsentativen Wert für das ganze Jahr ab.

Bundespolitisch ist die Dieselkrise auch ein Jahr nach einem hochkarätig besetzten Spitzentreffen noch lange nicht gelöst. Der Dieselgipfel hatte unter anderem beschlossen, dass rund 5,3 Millionen Euro-5- und Euro-6-Diesel durch Updates der Motor-Software sauberer werden sollen. Mit „Umstiegsprämien“ wollen die Autobauer Besitzer älterer Diesel motivieren, neue Diesel oder Elektroautos zu kaufen. Mit einem milliardenschweren Fonds sollen in Städten Maßnahmen für bessere Luft gefördert werden. Die Zeit der Unsicherheit ist dennoch für viele Autofahrer bislang nicht vorbei.

„Fahrverbote schaden der Region, der Bevölkerung und der Wirtschaft“, hatte der Präsident des hessischen Handwerkstages, Bernd Ehinger, vergangenen Woche erklärt. Das Handwerk lehne es entschieden ab, dass Unternehmen und ihre Beschäftigten nun für Fehler anderer haftbar gemacht würden.

Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk Frankfurt-Bockenheim und -Gallus, Alexander Pleyer, ist täglich mit Diesel-Fahrzeugen unterwegs. „Wirtschaftlich wäre ein Fahrverbot ein Problem für jeden Handwerksbetrieb“, sagt der selbstständige Unternehmer. Die meisten Betriebe hätten ihre Dieselfahrzeuge über Jahre geleast oder wie er finanziert: „Das waren kalkulierte Kosten, ich bin davon ausgegangen, dass ich damit meinen Betrieb aufrecht erhalten kann.“

Wenn nun das Aus für die Diesel in der Innenstadt ohne Ausnahmen komme, müssten viele mit Zusatzkosten ihre Flotte umstellen. „Das zahlt erst mal der Handwerker und unterm Strich dann der Kunde.“ Er überlege beispielsweise, seine Fahrzeuge mit Erdgas nachzurüsten oder langfristig auf Elektro umzusteigen. Um die Kosten abzufangen müsse er darüber nachdenken, die frei verhandelbaren Preise für Tätigkeiten wie Kehren oder Messen zu erhöhen. Andere - sogenannte hoheitliche - Aufgaben wie die Abnahme von Feuerstätten sind für den Schornsteinfegermeister preisgebunden, da habe er keinen Spielraum.

Grundsätzlich befürwortet der Schornsteinfeger ein Diesel-Fahrverbot aus Umweltschutzgründen sogar, wünscht es sich aber wirtschaftlich verträglich umgesetzt. Ausnahmeregelungen oder Umrüstungszuschüsse könnten Betrieben helfen, die sonst in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Statt dem Staat sieht Pleyer da vor allem die Autoindustrie in der moralischen Verantwortung: „Der bessere Weg wäre gewesen, wenn die Fahrzeuge nur das ausstoßen, was versprochen wurde.“ Die Firmen hätten lange große Gewinne gemacht und die Probleme jetzt mitverursacht: „Dann sollen sie auch dafür gerade stehen.“

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