Berlin:Mittlerweile 30 tote Schweinswale nach Minen-Sprengungen

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Ein Schweinswal schwimmt im Wasser. (Foto: Ingo Wagner/dpa)

Nach der umstrittenen Sprengung von Kriegsminen im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt in der Ostsee sind mittlerweile 30 tote Schweinswale gefunden worden. Für eine...

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Kiel/Berlin (dpa/lno) - Nach der umstrittenen Sprengung von Kriegsminen im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt in der Ostsee sind mittlerweile 30 tote Schweinswale gefunden worden. Für eine Untersuchung der genauen Todesursache ist jetzt die Finanzierung durch das Bundesamt für Naturschutz gesichert, wie ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Freitag in Berlin sagte. Die Klärung dürfte nach relativ langer Zeit aber nicht so einfach werden. Zunächst waren innerhalb eines Monats nach der Sprengung im August 18 der besonders streng geschützten Tiere gefunden worden, nach zwei Monaten waren es nun 30 tote Schweinswale.

Die Sprengung von 42 Kriegsminen im Schweinswale-Gebiet Fehmarnbelt in der Ostsee bei einem Nato-Manöver hatte besonders wegen des Vorgehens der Marine Kritik hervorgerufen. Laut Umweltministerium wurde das Bundesamt für Naturschutz nicht wie vorgeschrieben vorab informiert. Das Bundesamt hatte den Gesetzesverstoß bereits im November kritisiert.

Alle Beteiligten seien durch diesen tragischen Vorfall ausreichend sensibilisiert, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen könne, sagte der Ministeriumssprecher in Berlin. Bei zu erwartenden erheblichen Artenschutz-Schäden müsse es zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, es liefen Gespräche, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiere.

Die Untersuchung der toten Schweinswale habe unterdessen in Büsum in Schleswig-Holstein begonnen. Es seien etwa 30 Tiere, die im besagten Zeitraum in einem größeren Küstengebiet von Strandungsnetzen aufgefangen wurden, sagte Ursula Siebert von der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Ziel sei es festzustellen, ob sie infolge der Sprengungen gestorben sind. Mit Ergebnissen sei Ende Februar zu rechnen, sagte Siebert der Deutschen Presse-Agentur.

Die Grünen kritisierten, der Tod der Tiere sei Folge eines Rechtsbruchs. Dies habe ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages untermauert, sagte die Abgeordnete Steffi Lemke am Freitag. Die Gutachter zeigten klar auf, dass eine Beteiligung der Naturschutzbehörden zwingend erforderlich gewesen wäre und auch hätte implementiert werden müssen. Die rechtlich notwendige Beteiligung des Bundesamts für Naturschutz habe es aber nicht gegeben.

Das Umweltministerium erklärte, das Gutachten bestätige die eigene Rechtsauffassung. Das Gutachten wurde „zu naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen für die Beseitigung von Seeminen“ erstellt. Es liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Scharfe Kritik kam auch vom schleswig-holsteinischen Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne). Die Bundeswehr hätte sich mit den Naturschutzbehörden zwingend über die Minensprengungen abstimmen müssen. „Dass dies offenbar unterblieben ist, ist fahrlässig und verantwortungslos.“ Die Bundeswehr müsse in Zukunft bei derartigen Sprengungen in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden gewährleisten, dass die Tier- und Pflanzenwelt bestmöglich und unter Beachtung aller rechtlichen Vorgaben geschützt wird. „Dazu gehört auch, endlich vorhandene Alternativen zur Sprengung in Anspruch zu nehmen und deren Einsatz zu ermöglichen.“

Er erwarte vom Bund darüber hinaus, unverzüglich die Untersuchungsergebnisse zu den toten Schweinswalen vorzulegen, um die näheren Umstände ihres Todes aufzuklären, erklärte Albrecht. Lemke kritisierte zudem, dass die Bundesregierung in ihrer bisherigen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen keine Auskunft gebe, ob vor den Sprengungen Schutzmaßnahmen wie Vegrämungen und Blasenschleier eingesetzt wurden, um den „unnötigen Tod von geschützten Tieren zu verhindern“.

Das Verenden der Schweinswale ist nach Auffassung des Bundesumweltministeriums aller Wahrscheinlichkeit nach auf das Sprengen der alten Seekriegsminen zurückzuführen. Dies hatte ein Ministeriumssprecher bereits im November erklärt. Er verwies auf Gespräche zwischen der Tierärztlichen Hochschule Hannover und dem Bundesamt für Naturschutz.

Der Naturschutzbund Nabu sieht die Bundesregierung jetzt in der Pflicht, „lückenlos aufzuklären, den Rechtsbruch zu ahnden und derartige Alleingänge des Verteidigungsministeriums für die Zukunft zu verhindern“, hieß es in einer Stellungnahme.

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