Schweinegrippe:Tamiflu schwächelt

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Erste Schweinegrippe-Viren sind gegen das Medikament Tamiflu resistent. Doch sein Nutzen war schon vorher fraglich.

Christina Berndt

Gegen eine Grippe half früher nur Bettruhe. Heute ist das im Grunde nicht viel anders, aber viele Ärzte und Patienten hoffen angesichts der mitunter tödlich verlaufenden Krankheit auf zwei Medikamente - Tamiflu und das weniger bekannte Relenza. Die Grippe-Medikamente sind allerdings alles andere als Wunderwaffen; und sie werden bereits stumpf.

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In Dänemark ist der erste Fall bekannt geworden, in dem Tamiflu bei Schweinegrippe völlig wirkungslos war. Die Viren eines Patienten haben sich von dem Mittel nicht stoppen lassen, wie das staatliche Serum-Institut in Kopenhagen bestätigte. Da die Schweinegrippe meist milde verläuft, ist der Patient aber auch so schon wieder gesund.

Die erste nachgewiesene Resistenz von Schweinegrippe-Viren verdeutlicht nur einen allgemeinen Trend: Seit Jahren beobachten Fachleute, dass Tamiflu und Relenza immer häufiger nutzlos sind. Erst im Januar meldete die US-Gesundheitsbehörde CDC, dass "ein großer Anteil" der amerikanischen Patienten, die an der üblichen Wintergrippe erkrankt waren, gegen Tamiflu resistente Viren im Blut habe.

In Deutschland galt dies im vergangenen Winter für etwa fünf Prozent der Patienten, wie die Zeitschrift Arznei-Telegramm berichtete: "Die Daten zeigen erneut, mit welcher Geschwindigkeit sich Resistenzen gegen Tamiflu ausbreiten." Ein Jahr zuvor hätten in den USA noch 89 Prozent aller getesteten Viren auf Tamiflu angesprochen.

Ob die millionenschweren Vorräte an den Grippe-Medikamenten, die viele Regierungen für den Fall einer tödlichen Pandemie angehäuft haben, gut angelegt sind, ist daher mehr als fraglich. Die Mittel können den Krankheitsverlauf allenfalls abmildern und um etwa eineinhalb Tage verkürzen; ob sie Leben retten, ist völlig unklar.

Dafür haben sie aber unerwünschte Folgen. Mit Tamiflu bekommen Patienten sehr häufig Kopfschmerzen und leiden unter Erbrechen. Zudem wird inzwischen im Beipackzettel davor gewarnt, dass das Mittel zu Verwirrtheit und suizidalem Verhalten führen kann. Mehrfach wurde von Sprüngen aus dem Fenster nach der Einnahme von Tamiflu berichtet.

Zwar hat eine vom Gesundheitsministerium in Tokio durchgeführte Untersuchung keinen Zusammenhang finden können. Aber das könnte auch andere Gründe haben. Der Vorsitzende der Untersuchungskommission hat eingeräumt, umgerechnet rund 58.000 Euro vom japanischen Tamiflu-Importeur erhalten zu haben.

© SZ vom 01.07.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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