Psychologie:Geld oder Liebe?

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Wem Menschen ihr Herz schenken, beschäftigt die Wissenschaft immer wieder. (Foto: Leonhard Simon)

Warum die Heiratschancen von Männern zunehmend von ihrem Gehalt abhängen.

Von Sebastian Herrmann

Der Traummann der Gegenwart entspricht dem Prinzen der Vergangenheit. Wer sich als Heiratsmaterial präsentieren will, muss heute zwar weder güldene Rüstung tragen, noch auf einem geschmückten Gaul über den Markt der Eitelkeiten reiten. Der Mann der Moderne sollte schon auf zeitgenössische Signale setzen, um Status und Wohlstand auszustellen. Allen Vorstellungen der romantischen Liebe zum Trotz, geht es nämlich heute noch vor allem um eines: Wollen Männer eine Partnerin für sich gewinnen und gar heiraten, erhöhen Geld und Ansehen die Chancen enorm. Krabbeln sie hingegen am unteren Ende der finanziellen Leiter herum, stolpern sie mit erhöhter Wahrscheinlichkeit alleine durchs Leben. "Seit jeher ist der soziale Status eines Mannes ein wesentlicher Faktor, ob dieser eine Partnerin findet und Nachkommen bekommt", schreiben Martin Fieder und Susanne Huber von der Universität Wien im Fachblatt Biodemography and Social Biology.

Diesen Zusammenhang haben Forscher vielfach in großen Studien weltweit beobachtet. Er gilt unabhängig davon, wie traditionell oder progressiv, wie reich oder arm Gesellschaften sind. Auch Vorstellungen zu Fragen der Geschlechtergerechtigkeit haben kaum Auswirkungen auf diese Partnerpräferenzen. Weltweit und quer durch die Geschichte gilt: Männer fliegen auf Jugend und Schönheit; Frauen auf Status und Wohlstand. Wohlgemerkt, es handelt sich um Durchschnittswerte. Einzelne Gegenbeispiele lassen sich gewiss finden, doch es handelt sich um Ausnahmen.

Die Präferenzen verschärfen sich womöglich sogar, wie Fieder und Huber in ihrer aktuellen Studie zeigen. Die Forscher werteten dafür Daten von 3,5 Millionen Männern und 3,6 Millionen Frauen aus den USA aus, die zwischen 1890 und 1973 geboren wurden. Der Analyse zufolge hingen die Heiratschancen der Männer im Laufe der Zeit immer stärker von ihrem Gehalt ab. Unter den 1890 geborenen Männern übte das Einkommen nur einen marginalen Einfluss aus, während unter den 1973 geborenen die Heiratschancen zu etwa 20 Prozent von der Höhe des Gehalts bestimmt wurden. Für die Frauen dieses Geburtsjahrgangs galt hingegen: Ihr Einkommen wirkte sich weder positiv noch negativ auf die Chancen aus, jemals zu heiraten.

Was also ist da los, hat der Kapitalismus die Herzen korrumpiert? Quatsch. Was sich aber verändert hat: Einst bemaß sich sozialer Status anhand vieler Faktoren, heute ist das Einkommen die mit Abstand wichtigste Kenngröße. Vor langer, langer Zeit mag zum Beispiel der Jagderfolg eines Mannes seine Stellung in der Gemeinschaft aufgewertet haben, heute ist es eben der Kontostand. Die Forscher der Universität Wien argumentieren zudem für einen weiteren Grund, warum die männliche Attraktivität heute stärker vom Einkommen abhängt. "Frauen heiraten sozial tendenziell nach oben, nicht nach unten", sagt Fieder. Auch das haben Studien gezeigt: Hochgebildete, beruflich erfolgreiche Frauen suchen sehr oft nach Partnern, die noch höher hinauf geklettert sind als sie. Und da Frauen heute in Sachen Bildung und Berufserfolg teils auf der Überholspur unterwegs seien, so argumentieren Fieder und Huber, sei der finanzielle Erfolgsdruck auf Männer enorm angestiegen. Die Liebe hat eben schon immer ihren Preis gehabt.

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