Japan will von seinen Klimazielen nichts mehr wissen, in Australien schafft die neue Regierung als Erstes die Klimagesetze ab, Kanada applaudiert dazu. Nie ist eine Weltklimakonferenz mit so viel Ballast in die entscheidenden Gespräche gegangen wie diese in Warschau - von der durchwachsenen Klimabilanz des kohlefreundlichen Gastgebers Polen mal ganz abgesehen. Weltweit, so scheint es, schlägt die Stunde der Verzagten.
Die Motive sind überall ähnlich. In Australien, ebenfalls reich an Kohle, warnte die Industrie vor einer Pleitewelle, sollten Klimavorgaben die Betriebe zum Energiesparen zwingen; das zog. In Kanada setzt die Regierung auf die Förderung von Ölsanden, was nicht nur ökologisch eine Katastrophe ist, sondern auch Unmengen an Energie frisst.
Und Japan, eigentlich Weltmeister der Energieeffizienz, sieht keinen anderen Weg, als ruhende Atommeiler durch fossile Energie zu ersetzen. Ökoenergien fristen, allem Können japanischer Ingenieure zum Trotz, im Land der aufgehenden Sonne ein Schattendasein.
Kurzum: Wenn Staaten derzeit am Klimaschutz verzagen, dann versagen sie meist in Wirklichkeit am Umbau ihrer Energieversorgung. Sie halten es für ökonomisch sinnvoller, am alten Weg ein Weilchen festzuhalten, statt einen neuen einzuschlagen. Es ist der Sieg der kurzfristigen über die langfristige Sicht; übrigens in allen drei Ländern jeweils direkte Folge eines Regierungswechsels.
Deutschland hat es da einfacher - theoretisch. Saubere Energie hat schon ein Viertel des Strommarktes übernommen, die fossile und nukleare Konkurrenz ist auf dem Rückzug. Bei der Energiewende, die in Wahrheit auch eine Klimawende ist, geht es mittlerweile mehr um das Wie als um das Ob. Und doch mischt sich hierzulande Zauderei unter die Bekenntnisse zum Klimaschutz.
Verlässlichkeit zerstört
Abzulesen ist das derzeit in der Debatte über ein Klimaschutzgesetz. Die Sozialdemokraten fordern dies; es würde die deutschen Klimaziele auf lange Sicht festschreiben und zwänge Regierungen zu einem Fahrplan, wie die Ziele zu erreichen sind. Doch die Union hält bislang dagegen: Sie will derlei Festlegungen erst, wenn auch die restlichen Staaten erklärt haben, wie viel sie fürs Klima tun wollen - etwa bei der entscheidenden Konferenz in Paris in zwei Jahren.
Das aber wäre fatal in zweierlei Hinsicht. Erstens nährt es unnötig Zweifel an der Ernsthaftigkeit der deutschen Bestrebungen, es verstärkt so das Zaudern der anderen. Zweitens, und noch viel wichtiger, würde eine neue Koalition so der Wirtschaft das wichtigste Gut von allen verweigern: Verlässlichkeit.
In Japan, Australien, Kanada ist sie durch das jüngste Hin und Her endgültig zerstört. In Berlin arbeiten Union und SPD gerade hart daran, nicht zuletzt dadurch, dass sie mit Leidenschaft von Kosten der Energiewende, nie aber von Chancen reden. Wer will derzeit schon hiesigen Unternehmen empfehlen, groß in Ökoenergie und Klimaschutz zu investieren? Auch das ist ein Preis der Verzagtheit.
Doch jenseits der nationalen Verzagtheiten bleiben die Gewissheiten. Endliche Ressourcen bleiben endlich, mögen auch kanadische Teersande oder Schiefergas aus den USA das Ende ein paar Jahre hinausschieben. Und wachsende Treibhausgas-Konzentrationen, zunehmende Wetterextreme, steigende Meeresspiegel werden auch jene nicht verschonen, die alle Zusammenhänge bis heute hartnäckig leugnen.
Es gibt, jenseits der Aussteiger Japan, Australien und Kanada, eine ganze Reihe von Staaten, die sich nicht beirren lassen. China testet den Handel mit Klimaschutzzertifikaten und forciert den Ökoenergie-Ausbau; ebenso Länder wie Mexiko, Brasilien, Südkorea. Deutschland ist für viele Länder schon jetzt ein Beispiel, wie es funktionieren kann. So soll es bleiben.