Klima:Dem Wintersport geht der Winter aus

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Auch im bayerischen Ruhpolding sah es im Januar nicht gerade winterlich aus. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Eine aktuelle Studie zeigt, wie hart der Klimawandel Europas Skigebiete trifft. Kunstschnee kann nur teilweise Abhilfe schaffen.

Von Susanne Herresthal

In den europäischen Skigebieten könnte der Schneemangel künftig noch weiter verbreitet sein als bisher angenommen. Bislang galten etwa in Deutschland vor allem Skigebiete in den Mittelgebirgen als klimabedingt gefährdet. Doch selbst höher gelegene in den Alpen sind vor Schneearmut nicht sicher, wie eine neue, im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichte Studie zeigt. Wenn die Temperatur weltweit bis zum Ende des Jahrhunderts nur um zwei Grad Celsius steigen würde, worauf man sich bei den aktuellen Maßnahmen nicht verlassen sollte, hätten 53 Prozent der europäischen Skigebiete ein sehr hohes Risiko für akuten Schneemangel. Sollten es vier Grad Erwärmung werden, wären es 98 Prozent.

In der Definition der Forscher bedeutet ein sehr hohes Risiko, dass mindestens jedes zweite Jahr so schneearme Bedingungen auftreten, wie es in der Referenzperiode von 1961 bis 1990 nur jedes fünfte Jahr der Fall war. Die Ausnahme wird also in den betroffenen Gebieten zum Normalzustand. Insgesamt untersuchte das Team unter der Leitung von Hugues François 2234 europäische Skigebiete. Mit Hilfe von Computersimulationen wurden unterschiedliche Szenarien mit unterschiedlichen Temperaturanstiegen betrachtet.

Kunstschnee kann einen Teil des Problems lösen - aber schafft dabei neue

Mit Kunstschnee lässt sich das Problem etwas mildern. Wird die Hälfte der Fläche beschneit, wäre bei zwei Grad Erwärmung noch jedes vierte Gebiet sehr stark bedroht, bei vier Grad Celsius zwei von dreien. Am ehesten könnte man noch in der Schweiz und in Österreich Ski oder Snowboard fahren. Aber künstliche Beschneiung hat gerade im Klimawandel einen hohen Preis, wie die Forscher betonen: der Wasser- und Strombedarf steigt.

Sollte sich die Erde nur um 1,5 Grad erwärmen, ändert sich das Bild. Stark gefährdet wären dann nur etwas mehr als ein Drittel der untersuchten Skigebiete. Durch das Verwenden von Schneemaschinen könnte diese Zahl nochmals reduziert werden. Doch ob das 1,5-Grad-Celsius-Ziel noch erreicht werden kann, ist sehr fraglich. Dafür müssten die Treibhausgasemissionen bis 2030 in allen Bereichen drastisch reduziert werden, so der diesjährige Bericht des Weltklimarats.

Generell stehen die Forscher der Verwendung von Schneekanonen skeptisch gegenüber. Künstlicher Schnee mag zwar einigen Skigebieten helfen, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten - führe jedoch gleichzeitig zu einer Steigerung des Wasser- und Energieverbrauchs. Pro Hektar Kunstschnee werden in der Saison etwa drei Millionen Liter Wasser verbraucht - das sind etwa 20 000 gefüllte Badewannen. Schon unter früheren Bedingungen schätzen die Wissenschaftler den Wasserverbrauch für eine auch künstlich beschneite Piste im Mittel auf etwa 13 Prozent des Niederschlags, der dort in einem Jahr fällt. In einem wärmeren Klima würde der Bedarf noch erheblich zunehmen. Auch der Strombedarf steigt.

Allerdings habe der Betrieb von Anlagen wie Liften und Schneemaschinen nur einen Anteil von geschätzt zwei bis vier Prozent am gesamten CO₂-Fußabdruck eines Skigebiets, während mindestens die Hälfte, teils mehr als 80 Prozent auf Anreise und lokalen Transport der Skifahrer entfallen. Die Forscher betonen dennoch, dass die Beschneiung zu einer Steigerung des Tourismus beiträgt, denn ohne Schnee keine Skifahrer. Die Studie ermutige zu einer Neubewertung der Frage, ob es in bestimmten Gegenden weise ist, an der starken Abhängigkeit vom Wintertourismus festzuhalten, heißt es in einem begleitenden Kommentar in Nature Climate Change, insbesondere wegen des Energiebedarfs der Industrie und der Wasserknappheit in bereits ökologisch verletzlichen Berggebieten.

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