Klima - Recklinghausen:Klimawandel: Deutlich mehr Sommertage und "Tropennächte"

Deutschland
Ein Zitronenfalter sitzt in einer Blumenwiese auf einer Zinnien-Blüte. Foto: Felix Kästle/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Düsseldorf (dpa/lnw) - Elf Tage mehr mit Temperaturen von über 25 Grad als noch vor gut 100 Jahren: Der Klimawandel hat nach einer Analyse des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bereits zu spürbaren Veränderungen mit Folgen für Pflanzen, Tiere und Menschen im heutigen Nordrhein-Westfalen geführt. Der Frühling starte früher, der Herbst ende später und der Winter sei kürzer als einst.

Die mittlere Jahrestemperatur stieg im Zeitraum 1990 bis 2019 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1881 bis 1910 um 1,5 auf 9,9 Grad Celsius, wie das Landesamt am Mittwoch mitteilte.

Die Zahl der Sommertage mit Werten von über 25 Grad nahm der Auswertung zufolge um elf Tage zu. Darunter sind die Hitzetage mit Höchsttemperaturen von über 30 Grad, deren Zahl um vier Tage zunahm. Mehr Sommertage über 25 Grad brächten auch mehr "Tropennächte" mit Werten über 20 Grad, "die uns den Schlaf rauben", verdeutlichte das Landesamt eine der Folgen für die Menschen.

"Das Wetter ist der Vorbote des Klimawandels. Extremereignisse wie Hitze oder Starkregen werden unseren Alltag künftig noch stärker bestimmen. Wir haben die Jahre 2018 und 2019 als Hitzejahre in Erinnerung. Aber mit Blick in die Zukunft dürften solche Sommer eher zur Normalität werden", sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) zur Analyse des Landesamtes.

Schon heute sind laut dem Landesamt in den dicht besiedelten Gebieten von NRW 6,9 Millionen Menschen von Hitzebelastung betroffen. Im Jahr 2050 dürften dann bis zu elf Millionen Menschen sein, bekräftigte das Landesamt seine bereits veröffentlichte Prognose. So bedeute Sommer für immer mehr Menschen Hitzestress. Betroffen seien vor allem ältere und kranke Menschen in Städten. Es könnten Unterschiede bei Hitzewellen zwischen Stadt und Land von bis zu zehn Grad auftreten.

Ein Beispiel für Veränderungen in der Pflanzenwelt sei der Apfelbaum: Der Beginn der Apfelblüte habe sich seit 1951 von Anfang Mai auf Mitte April verschoben. Wie zuvor bereits Experten erklärt hatten, könnte damit aber auch das Risiko von Frostschäden steigen durch Kälteeinbrüche. Der Zeitraum im Jahr, in dem Pflanzen wachsen und sich ausbreiten, sei heute etwa zwei Wochen länger als vor 70 Jahren.

Als ein weiteres Anzeichen für den Klimawandel nannte das Landesamt die steigende Waldbrandgefahr. Die Zahl der Tage mit hoher oder sehr hoher Waldbrandgefahr habe sich binnen 30 Jahren auf durchschnittlich 20 Tage im Jahr verdoppelt. Die Waldbrände im April des laufenden Jahres in NRW hätten gezeigt, dass die Gefahr sehr konkret sei.

Zugleich gebe es im heutigen Nordrhein-Westfalen durchschnittlich zwölf Frosttage weniger als noch vor rund 100 Jahren. Die Zahl der Schneetage sei auf dem Kahlen Asten in 60 Jahren um ein Viertel gesunken: Zwischen 1961 und 1990 gab es den Angaben zufolge im Durchschnitt 100 Schneetage auf dem Sauerland-Gipfel. Im Zeitraum 1990 bis 2019 waren es nur noch 74. Die Tendenz sei rückläufig.

Auch in der Tierwelt gebe es sichtbare Veränderungen: Beispiele dafür seien unter anderem in der Vogelwelt zu finden. Vögel, die kühlere Gegenden bevorzugen wie Tannenhäher oder Wintergoldhähnchen, gebe es etwas weniger. Dagegen nehme der Bestand von Vogelarten zu, die wärmere Gegenden bevorzugen. Dazu zähle etwa der Grünspecht.

Der Landesverband Gartenbau fordert die Politik auf, bessere Anreize für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen den steigenden Befall durch Schadinsekten und Schadpilze zu schaffen. Pflanzenkrankheiten und Schädlinge hätten sich seit 1960 im Schnitt fast drei Kilometer jährlich nach Norden ausgebreitet. Der Klimawandel ermögliche es oft erst den Erregern und Schädlingen, die mit dem globalen Transport weiter verbreitet würden, in neuen Gebieten Fuß zu fassen, hieß es.

Eines der drängendsten Probleme der Gartenbaubetriebe sei die Wasserverfügbarkeit, die es zeitnah zu lösen gelte. Es müsse 2020 eine weitere Dürre befürchtet werden. "Wir müssen diskutieren, wie die regionale Bewässerung sichergestellt werden kann", erklärte Eva Kähler-Theuerkauf, Präsidentin des Landesverbandes Gartenbau.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: