Weltraumschrott könnte an diesem Freitag möglicherweise auf der Erde aufkommen. Experten bleiben aber bei ihrer Einschätzung und sehen in den herabfallenden Trümmerteilen für Deutschland aller Voraussicht nach keine Gefahr. Es sei unwahrscheinlich, dass Teile über Deutschland niedergehen, sagte ein Sprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) der Deutschen Presse-Agentur.
Ein ausrangiertes Batteriepaket der Internationalen Raumstation ISS soll in die Atmosphäre eintreten und dabei in etwa 80 Kilometern Höhe verglühen. Einzelne Teile könnten die extreme Hitze beim Wiedereintritt überstehen und die Erdoberfläche erreichen, wie das für Raumfahrt zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und DLR übereinstimmend mitteilten. Wo genau die Teile auf der Erde landen, lässt sich Experten zufolge erst kurz vorher sagen.
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Bei dem Objekt handelt es sich den Angaben zufolge um eine Plattform mit Batteriepaketen, die in etwa so groß wie ein Auto ist und 2,6 Tonnen wiegt. Die Plattform wurde bereits am 21. März 2021 bewusst von der ISS abgetrennt, um Jahre später in die Atmosphäre einzutreten. Ungewöhnlich ist der aktuelle Fall nicht: "Jede Woche tritt ein Objekt dieser Größe in die Erdatmosphäre ein", sagte Weltraumschrott-Experte Benjamin Bastida Virgili der SZ vor einigen Wochen.
Am Himmel könnte ein Leuchten zu sehen sein
Zunächst überfliegt die Batterie, während sie noch im All ist, noch mehrere Male den Globus, auch Deutschland. Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) überfliegen die Teile den Südwesten Baden-Württembergs wahrscheinlich gegen 19.54 Uhr aus Westen kommend Richtung Allgäu und Tirol. Dann fallen sie zwar wahrscheinlich noch nicht auf den Boden, aber womöglich sind sie am Himmel als Leuchten auszumachen.
Berechnungen zufolge könnten die Trümmer über dem Norden Nordamerikas in die Atmosphäre eintreten, teilte das DLR mit. Als Zeitfenster wird ein 20-Stunden-Korridor rund um den späten Freitagabend deutscher Zeit angegeben. Es handelt sich um einen unkontrollierten Wiedereintritt in die Atmosphäre, deswegen sind genaue Vorhersagen sehr schwer.
"Das Objekt wird allmählich durch die Atmosphäre abgebremst und verliert damit an Bahnhöhe", sagte der Leiter des Programms für Weltraumsicherheit der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa, Holger Krag, dem Online-Portal der "Tagesschau". "Die großen Unsicherheiten kommen daher, dass wir nicht genau voraussagen können, wie dicht die Atmosphäre sein wird. Es hängt von vielen Faktoren ab und bleibt zu einem großen Teil dem Zufall überlassen. Insofern kann man selbst einige Stunden vorher den Ort noch nicht genau benennen. Man kann vielleicht einige Kontinente ausschließen, aber man kann die Vorhersage auf keinen Fall auf ein Land oder eine Stadt herunterbrechen."
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass Trümmer auf Deutschland stürzen, sehr gering sei, seien "Leuchterscheinungen oder die Wahrnehmung eines Überschallknalls" möglich, hieß es unter anderem in Warn-Apps. "Sollte sich das Risiko erhöhen, erhalten Sie eine neue Information."
Mehr als 11 500 Tonnen Technikabfall umrunden die Erde
Auch Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner hält die Gefahr für gering. "Batterien brennen sehr gerne. Ich gehe davon aus, dass das Paket nahezu komplett in der Atmosphäre verglüht", sagte der frühere Esa-Präsident der Deutschen Presse-Agentur. "Selbst, wenn Teilchen durchkämen, sei ein Treffer auf bewohntem Gebiet unwahrscheinlich. "Unter der großen Fläche, die das Paket überfliegt, ist sehr viel Wasser." Der deutsche Astronaut Alexander Gerst bezeichnete das Verglühenlassen als sinnvoll. "Das ist die beste Art und Weise, um Weltraumschrott zu vermeiden. Das ist im Prinzip eine positive Sache", sagte Gerst.
Technische Geräte im All werden häufig gezielt zum Absturz gebracht, um die Erdumlaufbahn nicht mit weiterem Weltraumschrott zu belasten. Allerdings umrunden schon jetzt mehr als 11 500 Tonnen Technikabfall die Erde und gefährden Raumfahrt und Satelliten. Erst vor wenigen Wochen hatte die europäische Raumfahrtagentur Esa einen Erdbeobachtungssatelliten nach fast 30 Jahren im All abstürzen lassen. Das Gerät namens ERS-2 stürzte am 21. Februar in den Nordpazifik. Auch die ISS selbst soll 2030, wenn sie ausgedient hat, über dem Pazifik auf die Erde fallen, allerdings kontrolliert.