Klimawandel:Erderwärmung facht Wirbelstürme an

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Hurrikan "Nicole" hinterließ kürzlich in Florida eine Spur der Verwüstung. (Foto: Rebecca Blackwell/AP)

Hurrikane, Taifune und Zyklone wirbeln heute mit höheren Windgeschwindigkeiten als noch vor 30 Jahren über die Weltmeere. Dabei steigt auch ihre Zerstörungskraft.

Von Benjamin von Brackel

Kay, Ian, Roslyn, Nicole: Wenn ein Wirbelsturm nach dem anderen vom Ostpazifik oder Atlantik aus Anlauf nimmt und sich aufs Festland von Mexiko und den USA schleudert, dann ist Hurrikan-Saison. An sich nichts ungewöhnliches. Allerdings sind Hurrikane - genauso wie Taifune im Westpazifik und Zyklone im Indischen Ozean - heute nicht mehr die gleichen wie vor 30 Jahren: Sie sind im Zuge des Klimawandels überall stärker geworden. Das schreiben Wissenschaftler um den Atmosphärenwissenschaftler Guihua Wang von der Fudan-Universität in Shanghai im Fachjournal Nature.

Klimamodelle haben das seit langem vorausgesagt. Erwärmen sich die Meere, können die Wirbelstürme mehr Energie abzapfen und sich mit mehr Luftfeuchtigkeit vollsaugen. Bislang aber taten sich Wissenschaftler schwer, nachzuweisen, dass die Stürme bereits stärker geworden sind. Aus den Beobachtungsdaten ließ sich kein eindeutiger Trend ablesen. Das lag vor allem an den Messmethoden: Flugzeuge lassen sich nur begrenzt einsetzen, um die Windgeschwindigkeit der Wirbelstürme aufzunehmen. Solche Messkampagnen beschränkten sich weitgehend auf den Atlantik. Mit Satelliten lassen sich Wirbelstürme zwar großflächig und kontinuierlich überwachen, allerdings erschweren Wolken, Regenfälle und Gischt die Sichtbarkeit und damit die Interpretation der Bilder.

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Deswegen behalfen sich Wang und seine Kollegen mit einem Trick: Sie konzentrierten sich auf die Ozeanströmungen nahe der Wasseroberfläche. Denn dafür steht eine seit Jahren zuverlässige Messmethode zur Verfügung: Vom Jahr 1979 an hat die US-Klimabehörde NOAA Messbojen verteilt; mehr als 25 000 dieser Apparate treiben heute in den Weltmeeren. An den Bojen befestigt ist ein trichterförmiger Nylonsack, den die Wissenschaftler liebevoll "heilige Socke" nennen. Er sorgt dafür, dass die Instrumente selbst bei starkem Sturm sanft durch das warme Oberflächenwasser gleiten und akkurat messen.

Zu den stärksten Stürmen gibt es bislang zu wenig Daten

Die Auswertung der Daten aus den Jahren 1991 bis 2020 ergab, dass die Ozeanströmungen unterhalb der Wirbelstürme tatsächlich überall stärker geworden sind - mit jedem Jahrzehnt im Schnitt um rund 144 Meter pro Stunde. Daraus konnten die Wissenschaftler auf die Windkräfte schließen, die auf die Meeresoberfläche wirken, und ableiten, dass auch die Windgeschwindigkeit der Stürme zugenommen hat: um umgerechnet 6,5 Kilometer pro Stunde pro Jahrzehnt.

Allerdings gelte das vorläufig nur für die schwächeren Hurrikane und Tropenstürme, schränken Wang und seine Kollegen ein. Denn noch sei der Datensatz für die selteneren stärkeren Stürme zu klein. Nur im Nordpazifik habe es genügend Messbojen gegeben, die sich mit der Bahn der Stürme der Kategorie 4 und 5 gekreuzt und ausreichend Daten aufgezeichnet hätten.

Der Atmosphärenwissenschaftler Robert Korty von der Universität Texas glaubt allerdings, dass die Daten von Wang durchaus genügend Aussagekraft auch für die stärksten Hurrikane und Taifune besitzen. Ältere Studien hätten bereits gezeigt, dass jene seit den 1970er Jahren häufiger auftreten. "All das lässt sicher kaum Zweifel zu, dass sich tropische Stürme rund um den Globus in den letzten 30 Jahren intensiviert haben", schreibt Korty in einem Kommentar in Nature.

Damit können die Wirbelstürme auch potenziell mehr Schäden anrichten - durch starke Winde, Sturmfluten und Überschwemmungen. Hinzu kommt ein Faktor, der lange unterschätzt wurde: Hurrikane, Zyklone und Taifune können auch Hitze verstärken, wie jüngst eine Studie im Fachblatt Geophysical Research Letters zeigte. Demnach haben Tropenstürme und Hurrikane auf Karibikinseln noch Tage nach Abflauen des Sturms für Temperatursprünge um bis zu fünf Grad Celsius gesorgt, selbst in nicht unmittelbar betroffenen Gebieten.

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