Es kann sich lohnen, sich nicht gleich auf das erstbeste Essen zu stürzen. Vielleicht gibt es an anderer Stelle noch mehr und besseres? Hummeln jedenfalls sind durchaus wählerisch, was ihre Nahrungsquellen angeht. Je nachdem, wie viel Nektar eine Blüte hergibt, betreiben sie unterschiedlich viel Aufwand, um sich den Standort der Nahrungsquelle zu merken. Eine entsprechende Studie präsentieren Biologen um Natalie Hempel de Ibarra von der University of Exeter nun im Fachmagazin Current Biology.
Die Forscher untersuchten das Verhalten der Insekten mithilfe künstlicher Blüten, die mit Zuckerlösungen unterschiedlicher Konzentrationen gefüllt waren, sowie mit Kameras, die die Flugbahn der Insekten unmittelbar nach Verlassen der Blüten-Attrappen aufzeichneten. Dabei zeigt sich, dass Hummeln sich stärker anstrengen, um sich den Standort einer besonders ergiebigen Nahrungsquelle zu merken. Haben sie eine solche ausfindig gemacht und aus ihr Nektar gesammelt, blicken sie sich auf dem Heimflug häufiger um - vermutlich, um sich die Position der Blüte auch aus der Richtung des Hinwegs und im Zusammenhang mit markanten Objekten in der Umgebung einzuprägen.
Während Bienen ihr Wissen mit Artgenossen teilen, behalten die Hummeln es lieber für sich
"Wenn sie von einer Blüte wieder fort fliegen, können Hummeln aktiv entscheiden, wie viel Mühe sie investieren, um sich den Standort der Nahrungsquelle zu merken", sagt Studienleiterin Hempel de Ibarra. Ein ähnliches Verhalten ist auch von Honigbienen bekannt. Doch während diese die Position ergiebiger Nahrungsquellen ihren Artgenossen mitteilen, behält jede Hummel ein solches Wissen für sich.
Was die Forscher jedoch besonders überraschte: Nicht jede Hummel unterscheidet zwischen guten und mickrigen Nahrungsquellen. Der Erinnerungsaufwand, den eines dieser Tiere betreibt, hängt noch von einem weiteren Faktor als dem Nektarreichtum einer Blüte ab: Auch die individuelle Größe der Hummel spielt eine entscheidende Rolle. Die Bewohner eines Nestes erreichen sehr unterschiedliche Körpermaße. Die Brustweite variiere zwischen 2,5 und knapp 7 Millimetern, schreiben die Autoren. Als groß galten in ihrer Untersuchung Tiere, die es auf mehr als 4,5 Millimeter Brustweite brachten. Und nur diese Hummeln differenzierten zwischen nahrhaften und weniger ergiebigen Zuckerquellen. Schmächtigere Artgenossen dagegen führten stets gleichermaßen aufwendige "Erinnerungsflüge" durch, egal, ob es sich um reichhaltige oder magere Blüten-Attrappen handelte.
So sehr diese Erkenntnis die Biologen erstaunte, so sinnvoll erscheint sie aus ökologischer Sicht. "Die von uns gefundenen Unterschiede reflektieren die verschiedenen Rollen, die Hummeln innerhalb einer Kolonie innehaben", sagt Hempel de Ibarra. Denn der Hauptjob kleinerer Hummeln besteht keineswegs darin, Nektar zu sammeln. Dafür sind sie wegen ihres Körperbaus schlechter geeignet, sie können weniger Fracht aufnehmen als ihre kräftigeren Artgenossen.
Schwärmen die kleinen Tiere doch einmal aus zur Nektarsuche, müssen sie alles nehmen, was ihnen unterkommt. Zwischen guten und schlechteren Blüten zu unterscheiden, können sie sich schlicht nicht leisten. Dafür übernehmen die kleineren Tiere häufiger Aufgaben innerhalb des Nests, die weniger ausdauernde Flugkünste verlangen. Robuster gebaute Hummeln hingegen schaffen weitere Strecken und können wählerischer vorgehen. Da sie öfter losfliegen zur Futtersuche, lohnt es sich für sie auch, Zeit und Energie in das Erinnern einer ergiebigen Nahrungsquelle zu investieren.