Viren haben im Zoo ein ähnlich leichtes Spiel wie in einer überfüllten S-Bahn: An beiden Orten hocken viele Lebewesen dicht beieinander, die sich gegenseitig infizieren können. Im Fall des Zoos gilt das sogar für so unterschiedliche Tiere wie Zebra und Eisbär, wie Untersuchungen des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung zeigen ( Current Biology, online). Demnach ist das Eisbärenweibchen Jerka, das bis vor zwei Jahren im Wuppertaler Zoo lebte, an einem Erreger gestorben, der normalerweise Zebras und Pferde befällt.
Das Equine Herpesvirus 1 (EHV-1) ist verwandt mit jenen Erregern, die im Menschen Windpocken verursachen. Bei Jerka führten die Viren zu einer tödlichen Gehirnentzündung. EHV-1 ist unter Zoo-Zebras weit verbreitet, doch erkranken diese nicht immer daran. Auch in Meerschweinchen und Gazellen kann sich das Virus vermehren. Außer Jerka war ein weiterer Wuppertaler Eisbär mit dem Virus infiziert, der sich jedoch vollständig erholte. Auch bei einem 2006 in einem anderen Zoo gestorbenen Eisbären wurde EHV-1 gefunden. Der Tod dieses Tieres hatte aber nichts mit der Infektion zu tun.
Jerkas Fall erstaunte die Forscher um Alex Greenwood auch deshalb, weil sie streng genommen eine Kombination zweier Herpesviren in sich trug. In einem Abschnitt des Viren-Erbguts entdeckten die Forscher DNA-Stücke, die zum Gazellen-Herpesvirus (EHV-9) gehören. Vermutlich hatten sich die beiden Erregertypen zuvor in einem Zebra vermischt. Unklar ist, wie sich die Eisbärin angesteckt hat. Zebras und Eisbären leben in Wuppertal 70 Meter voneinander entfernt. Nagetiere oder Tierpfleger könnten die Erreger verschleppt haben, spekulieren die Forscher und warnen: "Solche, auf andere Spezies übergehenden Viren können die Artenschutzmission von Zoos gefährden, wenn sie nicht erkannt werden."