Man stelle sich vor: 40-Tonnen-Lkws stehen hintereinander, einer nach dem anderen, die Schlange reicht einmal rund um den Äquator. Und alle Fahrzeuge sind bis oben hin beladen mit Laptops, mit Kühlschränken, Smartphones oder Toastern. Das ergibt eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie viel Elektromüll die Welt aktuell erzeugt: 62 Millionen Tonnen. Und das im Jahr.
Die Zahl stammt aus dem aktuellen Bericht "E-Waste Monitor", den die Vereinten Nationen am Mittwoch veröffentlicht haben. Seit 2010 hat sich die Menge an Elektroschrott demnach annähernd verdoppelt, damals waren es 34 Millionen Tonnen. Sollte der Trend anhalten, könnte es bis 2030 noch einmal ein Drittel mehr sein als heute. Als Gründe nennen die Forscher den gestiegenen Konsum, bei zugleich niedrigen Lebensspannen von Produkten wie Smartphones, die sich zudem häufig kaum reparieren ließen.
Damit wächst die Menge an Elektronikmüll derzeit fast fünfmal so schnell an wie die Menge, die gesammelt und recycelt wird. So seien 2022, dem jüngsten Jahr der aktuellen Auswertung, nur 22 Prozent des Elektromülls ordnungsgemäß eingesammelt worden, so die UN. Bis 2030 könnte die Quote weiter fallen, falls die Regierungen nicht mehr Anstrengungen unternehmen als bislang. Nicht ordnungsgemäß entsorgte Elektrogeräte seien eine erhebliche Gefahr für Umwelt und Gesundheit, warnen die Experten. Denn häufig enthalten die Produkte giftige Substanzen wie Quecksilber, die das menschliche Gehirn schädigen können.
Mit rund 18 Kilogramm pro Kopf fällt in Europa derzeit der meiste Elektroschrott pro Einwohner an, gefolgt von Australien und Ozeanien (16 Kilogramm) sowie Nord- und Südamerika (14 Kilogramm). Zugleich kommt Europa auf die weltweit höchste Recyclingquote von rund 43 Prozent. In absoluten Zahlen führt Asien die Statistik an, rund die Hälfte des gesamten Elektromülls wird dort weggeworfen. Zugleich hätten die asiatischen Staaten kaum Fortschritte beim Management der Stoffe gemacht, kritisiert der E-Waste-Bericht.
Gold im Wert von 14 Milliarden Euro steckt im jährlich anfallenden Elektronikmüll
Laut den Autoren ist das eine verpasste Chance: Die Metalle, die im jährlich anfallenden Berg an Elektroschrott stecken, sind laut den Berechnungen 84 Milliarden Euro wert. Allein 18 Milliarden Euro macht das in Elektrogeräten enthaltene Kupfer aus, 14 Milliarden Euro ließen sich mit dem enthaltenen Gold verdienen. Bislang wird nur ein kleiner Teil dieser Schätze geborgen. In dem Bericht wird geschätzt, dass jedes Jahr rund 14 Millionen Tonnen Elektroschrott im Restmüll landen und dann hauptsächlich auf Müllkippen enden.
"Das größte Problem weltweit und in allen Ländern ist der Eintrag von Elektroschrott in Siedlungsabfälle, die deponiert oder verbrannt werden", sagt Christoph Helbig, Professor für Ökologische Ressourcentechnologie an der Universität Bayreuth. Elektrische und elektronische Geräte dürften niemals in der Hausmülltonne entsorgt werden. Zugleich müssten Kommunen niederschwellige Rückgabemöglichkeiten schaffen. Dies sei auch im Interesse der Rohstoffversorgung, so Helbig: "Für die Industrie und die EU wird in Zukunft die Rückgewinnung sogenannter 'Kritischer Rohstoffe' wie von Metallen der Seltenen Erden oder von spezifischen Halbleitern aus dem Elektroschrott immer wichtiger."
Allerdings sei Recycling nicht immer die beste Lösung, mahnt Andreas Manhart vom Öko-Institut in Freiburg. "Langlebige Produkte, Reparatur und Zweitnutzung sind aus Umwelt- und Ressourcensicht deutlich effizienter." Daher könnten Vorgaben zur Mindesthaltbarkeit von Geräten, eine gezielte Förderung von Reparaturwerkstätten oder ein Recht auf Reparatur viel bewirken. Damit ließen sich laut Manhart in Deutschland neben großer Mengen Elektroschrott zugleich auch fünf Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, im Jahr.
Mit Material vom Science Media Center