Paläontologie:Ich fress' dich, Großer

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Klein beißt groß: Ein Säugetier muss vor 125 Millionen Jahren einen Dinosaurier angegriffen haben. Der kleine Kopf des Aggressors ist in der linken Bildhälfte zu sehen. (Foto: Gang Han/dpa)

Neu bewertete Fossilien zeugen von einem dramatischen Kampf vor 125 Millionen Jahren. Der Aufstand der Säugetiere gegen die Dinosaurier begann vielleicht schon in der Kreidezeit.

Von Christian Weber

Rund 125 Millionen Jahre lang waren die Spuren dieser Geschichte in fossilen Schichten verborgen, erst jetzt berichten kanadische und chinesische Wissenschaftler in der Provinz Liaoning von dem Geschehen: Sie präsentieren die fossilen Belege für eine, nun ja, zumindest mutige Tat eines wenig bekannten, knapp 50 Zentimeter großen Säugetieres in der frühen Kreidezeit. Wie das Team um Ling-Ji Li von der Weihai Shi Yan School in Shandong im Fachmagazin Scientific Reports berichtet, hat ein Repenomamus robustus, ein dachsähnliches, fleischfressendes Tier einen mehr als doppelt so großen Dinosaurier angegriffen, einen Psittacosaurus lujiatunensis - ein Pflanzen fressender Zweibeiner mit einem großen Kopf und einem kräftigen Schnabel. Gefunden wurden die Fossilien in der sogenannten Yixian-Formation in der chinesischen Provinz Shandong.

Dabei war die Attacke des Säugetieres wohl mehr als nur der schlecht gelaunte Biss eines womöglich bei der Jagd gestörten Räubers. "Die beiden Tiere waren in einem tödlichen Kampf verstrickt, eng ineinander verschlungen, das ist einer der ersten Belege für räuberisches Verhalten eines Säugetieres gegenüber einem Dinosaurier", erklärt der Paläobiologe und Co-Autor der Studie Jordan Mallon vom Canadian Museum of Nature in Ottawa in der neuen Publikation. Der Fund stellt demnach die bislang etablierte Ansicht infrage, wonach die Dinosaurier als unangefochtene Herrscher der Kreidezeit die Säugetiere überhaupt nicht fürchten mussten.

Hat der Angreifer den Saurier gefressen, als er noch lebte?

Zwar hatten andere Forscher und Forscherinnen schon gelegentlich Dino-Knochen in den Mägen von Säugetieren der Kreidezeit gefunden, doch stammten die Überreste von Dinosaurierbabys, vielleicht hatte es sich auch nur um Aas gehandelt. Der jetzt präsentierte Fund hingegen deutet nach Ansicht der Autoren klar auf tödliche Gewalt hin: Das Repenomamus sitzt auf seiner Beute und hat den Kiefer des Dinos fest gepackt, es beißt in die Rippen seines Opfers und mit seinem Fuß hält es außerdem das Hinterbein des Psittacosaurus fest.

Die Forscher schließen aus, dass es sich um Aasfresserei gehandelt haben könnte. So fehlen etwa die dafür typischen Nagespuren an den Knochen. Und mit einem passiven Kadaver hätte sich der Angreifer wohl nicht derart verknäult. "Die Gesamtheit der Beweise deutet darauf hin, dass ein aktiver Angriff im Gange war", sagt Mallon. Vorstellbar sei allerdings, dass Repenomamus bereits den noch lebenden Dino angefressen habe. Ähnliches Verhalten kenne man aus der Savanne Afrikas, wo zum Beispiel Hyänen und Schakale ihre noch lebende, aber im Schock erstarrte Beute zu fressen beginnen.

Festgehalten wurde dieser dramatische Moment der Urzeit, weil das kämpfende Paar vermutlich plötzlich von einer vulkanischen Schlammlawine erfasst wurde. Der Ort, wo die perfekt erhaltenen Fossilien bereits 2012 gefunden wurden, gilt als Chinas Dinosaurier-Pompeji. Hier wurden und werden zahlreiche Dinosaurier, kleine Säugetiere, Reptilien und Amphibien gefunden, die alle von Schlamm- und Gerölllawinen in der Folge von einem oder mehreren Vulkanausbrüchen begraben wurden.

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