Römisches Reich:Gab es Buddhisten im alten Ägypten?

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Buddha-Statue aus dem 3./4. Jahrhundert n. Chr. War der Buddhismus damals schon weiter verbreitet als gedacht? (Foto: Szymon Popławski/ Berenike Project)

In einem Isis-Tempel der altägyptischen Hafenstadt Berenike haben Forscher eine Buddha-Statue gefunden - mit Lotosblüte und Heiligenschein. Nun stehen Historiker vor einem Rätsel.

Von Niccolò Schmitter

Wer schon mal von Herodots goldschürfenden Riesenameisen gehört hat, der weiß, dass die Menschen in der griechischen Antike recht fantasievolle Vorstellungen vom indischen Subkontinent hatten. Größer als Füchse sollten diese Ameisen sein, so der griechische Geschichtsschreiber. Und beim Bau ihrer unterirdischen Behausungen sollten sie Unmengen von mit Goldklumpen bestücktem Sand aufhäufen. Dieses kostbare Edelmetall wiederum würden die Inder einsammeln, unter Lebensgefahr. Das sei ein Grund für ihren Reichtum.

Herodots Beschreibung stammt aus dem fünften Jahrhundert vor Christus, doch auch in den folgenden Jahrhunderten geschah nicht viel, um das märchenhafte Indien-Bild geradezurücken. Wilde Geschichten über dieses angeblich sagenhaft reiche Land kursierten im Mittelmeerraum. Dabei hätten es die Griechen später durchaus besser wissen können, pflegten doch bereits in hellenistischer Zeit die in Ägypten herrschenden Ptolemäer über das Rote Meer enge Handelsbeziehungen nach Indien. Nachdem sich das Römische Reich Ägypten 30 vor Christus einverleibt hatte, führten die neuen Herren den Handel nahtlos weiter, römische Kaiser empfingen sogar indische Gesandtschaften.

Dass es einen Austausch gab, ist also eindeutig. Doch war der Kontakt zwischen den Kulturen vielleicht noch enger als bislang angenommen? Darauf deutet ein spektakulärer Fund eines polnisch-amerikanischen Forschungsprojekts in der ägyptischen Ausgrabungsstätte von Berenike hin. In der ehemaligen Hafenstadt am Roten Meer fanden die Archäologen eine 71 Zentimeter große Statue, die zweifellos Buddha darstellt. Entdeckt wurde sie in den Überresten eines ehemaligen Isis-Tempels. Wie passt das zusammen?

Es ist die älteste Buddhafigur, die bislang westlich von Afghanistan gefunden wurde

Über die Bedeutung dieses Funds werde die Wissenschaft erst mal eine ganze Weile grübeln müssen, sagt Rodney Ast von der Universität Heidelberg, Papyrologe in Berenike und Co-Direktor der Tempel-Ausgrabungen, denn: "So etwas haben wir vorher noch nie gesehen." Der dargestellte Buddha besteht aus Marmor und ist Ergebnis feiner Handwerksarbeit: Er besitzt einen Heiligenschein, in seiner linken Hand hält er einen Teil seiner Kleider fest, neben ihm ragt eine Lotosblüte aus dem Boden. Auch da das Material aus der heutigen Türkei stammt, gehen die Forscher fest davon aus, dass der Buddha Produkt eines lokalen Bildhauers ist.

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Hinter der genauen Datierung der Statue steht noch ein Fragezeichen, mindestens 1800 Jahre alt soll sie aber sein. Darauf deutet die Stele aus Stein hin, auf der der Buddha gestanden haben soll. Hier stammt das Material sogar aus der Nähe von Berenike selbst, die auf ihr eingemeißelte Inschrift ist hingegen auf Sanskrit. Diese lässt sich auf die Regierungszeit von Marcus Iulius Philippus, auch bekannt als "Philipp der Araber", datieren, römischer Kaiser von 244 bis 249 nach Christus. Den Archäologen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit aber hoch, dass die Stele deutlich jünger ist als die Statue selbst. Doch auch so ist die Buddha-Statue die einzige ihrer Zeit, die westlich von Afghanistan gefunden wurde.

Daneben wurden im Tempel auch zwei Münzen aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus entdeckt, die aus dem Königreich der Shatavahana im zentralindischen Hochland stammen. Beides legt den Schluss nahe, dass in Berenike zu jener Zeit eine indische Gemeinde aus Kaufleuten gelebt hat und sich in einem kulturellen Austausch mit der Bevölkerung befunden hat. Der Buddha ist dabei als feierliche Tempelbeigabe zu verstehen. "Sie haben hier ihre Riten praktiziert", sagt Ast. "Warum aber die Buddha-Statue als geeignete Weihgabe für die Göttin Isis verstanden wurde, wissen wir noch nicht." Dass die Menschen damals schon einmal Gottheiten von anderswo übernahmen, sei prinzipiell bekannt. Der Synkretismus zwischen der ägyptischen Religion und dem Buddhismus stelle nun aber etwas vollkommen Neuartiges dar.

Der Handel war lukrativ - auch deshalb galt Indien als sagenhaft reiches Märchenland

Seit 1994 finden in Berenike systematische Ausgrabungen statt. Diese haben eine vermögende, multikulturelle und stark befestigte Hafenstadt von beachtlicher Größe zutage treten lassen. Von den Ptolemäern im dritten Jahrhundert vor Christus gegründet, avancierte Berenike neben Myos Hormos unter den Römern zum wichtigsten Hafen am Roten Meer. Ein zentraler Umschlagplatz, über den der maritime Handel mit dem südlichen Arabien und Indien abgewickelt wurde. Die gelieferten Waren wurden mit Karawanen zum Nil gebracht, von dort den Fluss hinauf bis nach Alexandria verschifft und schließlich im gesamten Reich vertrieben.

Die römischen Händler betrieben mit ihren indischen Kollegen ein äußerst lukratives Geschäft: Aus Asien kamen Luxusgüter wie Pfeffer, Edelsteine oder Elfenbein, im Gegenzug wanderten Olivenöl, verschiedene Metalle oder Glas nach Indien. Der Handel brachte schätzungsweise pro Jahr rund 50 Millionen Sesterzen ein, eine riesige Summe, die unter den römischen Zeitgenossen weiterhin die Vorstellung eines sagenhaft reichen Märchenlandes aufrechterhielt. Indien blieb im politischen Diskurs Roms immer ein Land, das es zu erobern galt - was auch an Alexander dem Großen lag. Der Makedone war bislang der Einzige aus dem südeuropäischen Kulturraum, der mit einem Heer den Subkontinent erreicht hatte. Das römische Selbstverständnis gebot es, den legendären Feldherrn übertreffen zu wollen.

Eine militärische Kampagne in Indien war dennoch zu keinem Zeitpunkt realistisch, allein schon weil die Römer gar nicht so genau zu wissen schienen, wo dieses Land lag. Dabei hätten sie wohl einfach die Inder fragen können, die in ihrem Reich residierten. In Berenike scheint es eine florierende Gemeinde gegeben zu haben.

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