Biologie:Als wenn es Kleinbusse regnet

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Wasserläufer sind mit Wanzen verwandt. (Foto: imageBROKER/mauritius images / imageBROKER)

Regentropfen sind für Wasserläufer das, was vom Himmel stürzende Kleinbusse für den Menschen bedeuten würden. Und doch überleben die Insekten einen Regenschauer. Wie das?

Von Nicolas Killian

Kleines Gedankenexperiment: Ein Mensch schwimmt in einem ruhigen See, der Himmel ist dunkel. Und plötzlich stürzt ein riesiger Regentropfen herab, schwer wie ein Kleinbus. Er schlägt im Wasser neben dem Schwimmer ein, dann noch einer und immer mehr.

So in etwa muss es sich für die dünnbeinigen Wasserläufer anfühlen, wenn es ganz normal regnet. Nur dass die ein bis zwei Zentimeter großen Insekten nicht schwimmen, sondern leichtfüßig über das Wasser laufen. Und dabei den Aufprall von Regentropfen überstehen, die 40-mal schwerer sind als sie selbst.

Wie genau die Wasserläufer einen solchen Regenguss überstehen, haben nun Forschende um den Ingenieur Andrew Dickerson von der University of Tennessee in Knoxville, USA, herausgefunden. Wie sie in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences ( PNAS ) berichten, überleben die Wasserläufer sogar, wenn sie von einem Regentropfen unter Wasser gedrückt werden.

In einigen Fällen konnten die Insekten sogar mehr als zehn Minuten unter Wasser überleben

Wasserläufer sind erstaunliche Wesen. Sie sind auf der ganzen Welt unterwegs, in Teichen, Seen und Flüssen. Besonders gerne in feuchten, regnerischen Gegenden. Manche Arten verbringen sogar ihr gesamtes Leben auf dem Meer. Um auf Wasser laufen zu können, verteilen die Insekten ihr geringes Körpergewicht von wenigen Milligramm mit ihren langen, dünnen Beinen auf eine große Fläche. Dabei sind die Beine mit mikroskopisch kleinen Haaren bedeckt, die Luft einschließen und den Insekten helfen, sich von der Oberflächenspannung des Wassers tragen zu lassen.

Dickerson und seine Kollegen setzten für ihr Experiment einige Wasserläufer in ein Aquarium und beregneten die Tiere mit besonders dicken Tropfen. Das Experiment zeichneten die Forschenden mit Hochgeschwindigkeitskameras auf. Auf den Videos sieht man, wie die Wassertropfen Krater in die Wasseroberfläche schlagen. Einige Wasserläufer werden durch die Wucht weggeschleudert, andere zieht der Sog des eintauchenden Tropfens unter Wasser, oder sie werden von einem Volltreffer versenkt.

Dickerson und sein Team konnten nun beobachten, wie eine feine Lufthülle den Körper der Insekten schützt. Winzige Härchen lassen das Wasser nicht vordringen und verhindern, dass die Tierchen durchnässen. Die Lufthülle gibt den Wasserläufern zudem Auftrieb. Eingetaucht kämpfen sie sich mit ein paar kräftigen Schwimmbewegungen ihrer Beine wieder an die Oberfläche.

In einigen Fällen konnten die Insekten sogar mehr als zehn Minuten unter Wasser überleben, so die Forschenden. Allerdings verschlechterten sich ihre Chancen mit der Zeit. Denn der haarige Panzer sättigt sich allmählich mit Wasser. Die Insekten haben dadurch nicht mehr genug Auftrieb, um an die Oberfläche zu gelangen.

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